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Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Titel: Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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nie Dinge gekauft, weißt du? Dabei geht es in unserer ganzen Kultur nur um Dinge . Andererseits war ich auch nie ein radikaler Umweltschützer, kein … wie nennt man sie noch gleich? … kein Ökofreak. Kein Zurückzur-Natur-Anhänger, weil es gar keine heile Natur mehr gibt, in die wir zurückkehren könnten, wenn wir den Dreck nicht wegräumen. Also habe ich all die Jahre in einer Zwielichtzone gelebt, ohne es zu wissen.«
    Jetzt blickte er ihr in die Augen. »Oversatch ist viel mehr als nur ein kompliziertes Spiel von Steuerflüchtlingen, nicht wahr? Die Leute, die mitmachen, sagen, dass es wirklich mehr als nur eine Welt geben kann, und zwar hier und jetzt. Dass man aus dem 21. Jahrhundert aussteigen kann, ohne Bauer oder ein Mann in den Bergen werden zu müssen. Und sie alle bauen diese Parallelwelt auf.«
    »Es ist die erste«, räumte sie ein, »aber offensichtlich nicht die letzte. Cilenia muss wie Oversatch sein, nur noch unabhängiger. Eine Welt innerhalb einer Welt.« Sie schüttelte den Kopf. »Zuerst habe ich gar nicht verstanden, warum Jake sich hierher zurückgezogen hat. Aber er war schon immer ein wenig wie du – er hat sich nie ganz an diese Welt gebunden, aber er wollte auch keine der leichten Alternativen nutzen. Ich konnte mir niemals vorstellen, dass er sich einer Sekte anschließen würde. Das ist der Punkt.«
    Gennadi blickte sich um. »Ist das hier so etwas wie eine Sekte?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Man hat uns nie aufgefordert, an irgendetwas zu glauben. Man hat uns nur Türen geöffnet, eine nach der anderen. Und nun öffnet man uns eine weitere.« Sie lächelte. »Bist du überhaupt nicht neugierig, was sich auf der anderen Seite befindet?«
    Darauf antwortete er nicht, aber um zwei Uhr wartete er hinter verschlossener Tür in seinem Zimmer. Er hatte versucht, ein Buch zu lesen und Musik zu hören, aber die Zeit wollte nicht vergehen, und schließlich begnügte er sich damit zu warten, während er von Sekunde zu Sekunde unsicherer wurde.
    Als etwas Großes mit lautem Krachen auf dem Schiffscontainer landete, sprang Gennadi auf und lief zur Tür – aber es war bereits zu spät. Mit schwindelerregendem Schwanken wurde der Raum emporgehoben, und als er gerade einen halbwegs sicheren Stand gefunden hatte und die Bewegungen des Bodens ausgleichen konnte, setzte der unsichtbare Kran seinen Container woanders mit einem heftigen Ruck ab.
    Seine Tür war von außen verschlossen. Als sie Stunden später geöffnet wurde, hatte er sich fast damit abgefunden, in seinem Gefängnis zu verhungern oder an Atemnot zu sterben. Zu diesem Zeitpunkt war das Containerschiff Akira längst in See gestochen.

    Also lag er mit geschlossenen Augen da und spürte das langsame Wogen des Schiffes. Hinter seinen Augenlidern war ein Attraktor, in den er sich hineinsinken lassen musste, zumindest eine Zeit lang.
    Irgendwann ertönte neben seinem Bett ein eindringliches Zirpen. Gennadi griff nach der Brille, ohne nachzudenken, dann zögerte er. Mit einem gemurmelten Fluch setzte er sie schließlich doch auf.
    Plötzlich war Oversatch um ihn herum – eine riesige, komplexe, leuchtende Stadt, die durch die Wände des Frachtcontainers sichtbar war. Auf der heutigen Landkarte der Welt drängte sich alles in Richtung China. Er würde später herausfinden, warum. Vorläufig dämpfte er die Flut an Details, und als sie nicht mehr als ein schwaches Schimmern und Raunen war, erhob er sich und verließ den Raum.
    Sein modifizierter Container war nur einer von vielen, die an Bord der Akira gestapelt waren. In der Oversatch-Welt wurden die Container als Pakete bezeichnet. Die meisten Pakete hatten Türen, die von außen unsichtbar waren. Das bedeutete, wenn zwei nebeneinanderstanden, konnte man vom einen zum anderen hinüberwechseln, ohne das Deck zu betreten. Gennadis Paket gehörte zu einer Reihe von zehn solchen Containern. Über und unter ihm gab es weitere Ebenen, die durch Türen in den Decken und Böden einiger Container erreichbar waren.
    Die Pakete würden an ihrem Zielort zusammen mit den normalen Containern entladen werden. Doch mit einem seltenen Vorstoß in die Illegalität hatte Oversatch das globale Containerleitsystem gehackt. Offiziell existierten diese Frachtcontainer gar nicht. Sie wurden von einem Schiff entladen und landeten früher oder später auf dem nächsten, um auf eine ganz andere Route geschickt zu werden, ähnlich wie die Informationspakete im Internet. Sie sprangen ständig im System hin und her,

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