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Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman

Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman

Titel: Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Baraldi
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hätte wieder etwas Zeit wettgemacht. Aber nein … Es ist schon acht nach acht! Für den Vanzi, der immer etwas früher kommt, die pure Beleidigung. »Das ist eine Frage des Respekts, Fräulein Castoldi.« Allein schon bei der Vorstellung überläuft es mich eiskalt. Das ist schlimmer als der Albtraum von heute Morgen! Auf dem zweiten Treppenabsatz bleibe ich stehen und rühre mich erst einmal nicht. Ich muss mir gut überlegen, was ich tue, mir bleiben zwei Möglichkeiten.
    Möglichkeit A: Ich betrete das Klassenzimmer und entschuldige mich untertänigst. Vielleicht hat der Vanzi ja ausnahmsweise mal gute Laune und zeigt Verständnis.
    Möglichkeit B: Ich gehe direkt ins Schulsekretariat, um mir dort ein Entschuldigungsformular abzuholen, das ich morgen unterschrieben zurückbringe. Aber ich kann mir schon vorstellen, was das für ein Theater mit meiner Mutter geben wird: »Du bist jetzt alt genug, da kann ich mich nicht mehr so um dich kümmern wie um deinen Bruder. Ist es denn so schwer aufzustehen, wenn der Wecker klingelt?« Was ist schlimmer, Simona oder Vanzi? Ich wähle Möglichkeit A. Lieber den Menschenfresser, wie ihn die Dreizehnte nennt.
    Und jetzt gib noch mal alles, Scarlett. Ich renne wieder. Wenn ich halb ohnmächtig in die Klasse taumele, habe ich vielleicht eher eine Chance, sein Mitleid zu erregen. Wie vom wilden Affen gebissen flitze ich um die Ecke und pralle mit voller Wucht mit dem Gesicht gegen etwas. Instinktiv schreie ich auf und weiche zurück.
    »Sehe ich etwa aus wie das Skelett aus dem Biologieraum? Zumindest habe ich offenbar die gleiche Wirkung.« Das ist Mikael! Ich schaue zu ihm auf. Er ist größer als ich, das dunkelgraue T-Shirt betont seine muskulösen Arme, über die sich wie in Stein gemeißelte Adern ziehen. Meine Knie werden weich. Liegt das an meiner Rennerei? Nein, seine bloße Anwesenheit genügt, und mir wird schwindelig.
    Ich spüre, wie mir im Gesicht ganz heiß wird. Und dann sehe ich die Flecken auf seinem T-Shirt. Er versucht, sie abzureiben. Mit der anderen Hand hält er eine tropfende Tasse Milch hoch.
    »Oh, entschuldige. Ich habe dir alles übergekippt. Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid mir das tut, aber ich bin schon zu spät und …« Ich bin nicht einmal fähig, diesen Satz zu Ende zu bringen, ich ziehe ein Papiertaschentuch aus der Tasche und helfe ihm, sich zu säubern. Als ich dabei seine Brustmuskeln streife, erröte ich wieder heftig. Das Taschentuch fällt mir aus der Hand. »Tut mir leid«, stottere ich.
    »Mach dir keine Sorgen, es ist ja nichts passiert. Black wartet auf mich, er wird einen Riesenhunger haben. Kommst du mit?« Ich folge ihm wie ein Hündchen, aber ich habe nicht den Mut, ihm in die Augen zu sehen. Ganz entfernt erinnere ich mich an etwas. Ein vager Gedanke, dass ich zu spät bin. Ich verjage ihn und folge Mikael mit einem Schritt Abstand. Mein Blick fällt auf seine Kehrseite, verdammt! Er dreht sich um und meint lächelnd: »Stimmt irgendetwas nicht?«
    »Ja, äh, ich meine nein. Alles in Ordnung.« Ich bin wirklich Weltmeisterin in Coolness.
    Sobald wir den kleinen Abstellraum betreten, läuft das winzige Kätzchen uns entgegen, miaut und schnurrt. Es scheint mich wiederzuerkennen und reibt sein Köpfchen an meinen Schuhen, dann hebt es sein Schnäuzchen und miaut wieder.
    »Er möchte, dass du ihn auf den Arm nimmst. Anscheinend hast du sein Herz erobert.«
    »Darf ich?«
    »Natürlich.«
    Blacks Augen leuchten hell und intensiv. Er hat ein ganz weiches Fell, wie alle Katzenjungen. Es fühlt sich an wie Kükenfedern. Black und Mikael sehen einander ähnlich: Beide tragen von Kopf bis Fuß Schwarz, aber haben Eisaugen. Ich küsse Black auf den Kopf. Mikael betrachtet das Kätzchen liebevoll und streichelt es, für einen Moment begegnen sich unsere Finger. Mein Herzschlag übertönt alles.
    Als Mikael sich hinunterbeugt, um das Kätzchen zu füttern, rutscht ihm eine silbern schimmernde Kette aus dem T-Shirt und ich sehe den wunderschönen Anhänger, der wie die Flügel einer Fledermaus geformt ist. Ich habe das seltsame Bedürfnis, seine Umrisse mit den Fingern abzufahren, und verliere mich in den mondhellen Reflexen, die die durchscheinende Haut an seinem Hals streicheln.
    Mein Blick geht vom Hals zum Mund, gleitet weiter zu der perfekt geschwungenen Nase und bleibt schließlich wie gebannt an seinen Augen hängen. Bis er mich ansieht und lächelt.
    Scheinbar entspannt betrachte ich Black, er trinkt Milch und schlägt

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