Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman

Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman

Titel: Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Baraldi
Vom Netzwerk:
verziehen das Gesicht. Vincent wirft mir einen vernichtenden Blick zu. Wenige Schritte von ihm entfernt steht das Mädchen mit dem Pagenkopf. Ihre Miene ist unergründlich, eine ätherische Schönheit. Und dann sind da die kleineren Mädchen, die einander anstoßen, lachen, flüstern und sich bestimmt fragen: »Wer ist denn diese unscheinbare graue Maus?«
    Fühlt man sich so, wenn man mit einem Rockstar unterwegs ist? Mikael mag ja an diese Aufmerksamkeit gewöhnt sein, ich aber bin es bestimmt nicht. Ich nehme den Helm ab, unter dem ich kaum noch Luft bekomme, und steige vom Motorrad. Dabei stolpere ich und würde sicher der Länge nach hinfallen, wenn er mich nicht blitzschnell auffangen würde. Ich stütze mich mit den Händen an seinem muskulösen Brustkorb ab. Wir schauen uns in die Augen. Ja, jetzt kann ich glücklich sterben!
    »Habe ich dir nicht gesagt, du sollst aufpassen?«, flüstert er mir zu. Sein Geruch ist wie Musik für die Sinne. Die ganze Welt verschwindet hinter dem strahlenden Blick seiner Eisaugen, in denen ich mich spiegele.
    »Entschuldigt«, schaltet sich eine Männerstimme ein. Das ist Umberto, diesmal bringe ich ihn um!
    Am liebsten würde ich ihn anfahren: »Was gibt’s denn? Siehst du nicht, dass ich gerade vom Anblick dieser makellosen Schönheit ganz verzückt bin?«, aber ich begnüge mich damit, ihn mit den wütenden Augen eines Killerchihuahuas anzufunkeln, dem man gerade die Hundekuchen geklaut hat.
    »Ich muss mit dir reden.« Umberto wirkt ungeduldig.
    Mikael nickt mir zu.
    »Danke fürs Mitnehmen«, sage ich.
    Mikael beugt sich noch einmal zu mir herunter und flüstert in meine Haare: »Sieh zu, dass du nie allein bist.«
    Meine Beine tragen mich fort, aber mein Kopf will sich nicht von ihm und seinen rätselhaften Worten lösen.
    »Was gibt es denn so Wichtiges?«, frage ich Umberto, sobald ich wieder der Sprache mächtig bin.
    Er bleibt wenige Meter vor der Treppe stehen und sieht mich mit einer Mischung aus Wut und Enttäuschung an: »Mikael Lancieri ist nichts für dich. Das habe ich dir schon gesagt, und ich wiederhole es jetzt noch mal: Vergiss ihn!«
    »Entschuldige, aber hast du mich etwa gerufen, um mir das zu sagen?«
    »Scarlett, du verstehst das nicht!«
    »Ja, ich verstehe tatsächlich nicht, was mit dir los ist! Du benimmst dich wie ein eifersüchtiger kleiner Junge!«
    »Ich bin nicht eifersüchtig! Aber du bist mir wichtig, und ich möchte nicht irgendwann sagen müssen: ›Ich hab dich ja gewarnt!‹«
    Ich zähle bis zehn, bevor ich ihm antworte. Jetzt bin ich so wütend, dass ich ihn am liebsten erwürgen würde. Er nutzt die Pause, um noch eins draufzusetzen: »Mikael ist merkwürdig. Um ihn und seinen Cousin sollte man besser einen Bogen machen. Guck dir doch Ofelia an! Man muss sie sich nur ansehen, um zu begreifen, dass sie ihnen hörig ist.«
    Ich gehe auf den Eingang zu und vermeide seinen Blick: »Ofelia?«
    »Vincents Freundin, die mit dem schwarzen Pagenkopf, die ihm überallhin folgt wie ein Hündchen. Sie hat keine Freundinnen, redet mit niemandem und zieht sich an wie die Königin der Vampire!«
    »Sie könnte sich auch einen Sack überstülpen und wäre immer noch wunderschön! Außerdem ist Gothic dieses Jahr total angesagt! Wenn sie immer mit Vincent zusammen ist, ist das eben ein Zeichen dafür, dass sie sich in seiner Nähe wohlfühlt. Ich glaube kaum, dass jemand sie dazu zwingt.«
    »Scarlett, hör mir zu. Mikael passt nicht zu dir. Je früher du das begreifst, desto eher lässt du deine Probleme hinter dir.«
    »Jetzt hör du mir mal zu! Ich sage es dir zum allerletzten Mal: Ich bin alt genug, um mir meine Freunde selbst auszusuchen. Das solltest du akzeptieren und mich in Ruhe lassen.«
    Auf dem Flur, der wie ein Marmorfluss seine Klasse von meiner trennt, gehen wir auseinander. Wir wechseln einen letzten Blick voller Wut und Unverständnis.
    »Warte, Scarlett.«
    Ich denke nicht daran.

43
    C astoldi, wie ich sehe, haben Sie heute etwas Wichtigeres im Kopf. Wollen Sie uns vielleicht an Ihren Überlegungen teilhaben lassen?« Vanzi zieht die Augenbrauen zusammen und bleibt abwartend vor mir stehen, während sich in der übrigen Klasse unterdrücktes Kichern breitmacht.
    »Ääh, eigentlich nicht. Verzeihen Sie.«
    »Also, dann stelle ich die Fragen. Erzählen Sie uns mal etwas über die höfische Gesellschaft des Mittelalters und ihre Werte, und legen Sie uns die Inhalte der Minnelieder dar.«
    Über meinem Kopf erscheint ein großes

Weitere Kostenlose Bücher