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Scarpetta Factor

Scarpetta Factor

Titel: Scarpetta Factor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Daniels Cornwell
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Verbrecherkartell der französischen Familie Chandonne.
    Es war der Frühling 2003. Kühl, ja, beinahe kalt wehte der Wind vom Hafen heran. Der Himmel war bewölkt. Benton stand am Burroughs Wharf und beobachtete, wie eine Einheit der maritimen Abteilung der Bostoner Feuerwehr einen Zerstörer eskortierte, der unter norwegischer Flagge fuhr. Die roten Feuerwehrboote umringten das gewaltige graue, an einen Hai erinnernde Schiff. Die Feuerwehrleute waren guter Stimmung und richteten ihre Bordkanonen in die Luft, sodass in einem spielerischen Salutschuss Wasserfontänen sprühten. Willkommen in Amerika . Als ob die Begrüßung für ihn bestimmt gewesen wäre. Willkommen zu Hause, Benton . Trotz seines Gefühls der Fremdheit und Benommenheit hatte er das Spektakel betrachtet und so getan, als gälte die Veranstaltung ihm. Es war vergleichbar damit, dass man sich zwickte, um sicherzugehen, dass man noch lebte. Lebst du noch? Diese Frage hatte er sich immer wieder gestellt. Wer bist du? Schließlich hatte er seine Mission im dunklen Herzen von Louisiana beendet. In den Bayous, den verfallenden Villen und den Häfen, wo er sich unter Einsatz seines Verstandes und seiner Waffe seiner Feinde, der Chandonnes und ihrer Handlanger, entledigt hatte. Er hatte gesiegt. Es ist vorbei , hatte er sich gesagt. Du hast gewonnen . Aber irgendetwas stimmte nicht, hatte er gedacht, während er am Hafen entlangschlenderte und zusah, wie die Feuerwehrleute sich einen schönen Tag machten. Die Freude, die er sich ausgemalt hatte, hatte schon im nächsten Augenblick einen schalen und faden Beigeschmack bekommen. So als bisse man in ein Steak, nur um festzustellen, dass es aus Plastik war. Oder als führe man einen sonnendurchglühten Highway entlang, ohne sich der Fata Morgana auch nur ein Stück zu nähern.
    Er stellte fest, dass er eine Todesangst davor hatte, in ein Leben zurückzukehren, das es inzwischen nicht mehr gab. Seine Furcht davor, Entscheidungen treffen zu müssen, war ebenso groß wie die vor der Ausweglosigkeit, und die Aussicht auf ein Wiedersehen mit Kay Scarpetta schreckte ihn nicht minder als das Wissen, dass er sie für immer verloren hatte. Das Dasein mit seinen Irrungen und Wirrungen: Nichts ergab Sinn und tat es gleichzeitig doch. Warner Agee hatte bekommen, was er verdiente. Er hatte sich selbst gerichtet. Allerdings war es im Grunde genommen nicht seine Schuld, dass er so geworden war, und man durfte es ihm deshalb nicht zum Vorwurf machen. Eine Hirnhautentzündung im Alter von vier Jahren hatte sein Schicksal ebenso besiegelt, als wäre er unter die Räder eines Autos gekommen. Und so hatte sich die Kettenreaktion, ein Zusammenstoß nach dem anderen, unaufhaltsam fortgesetzt, bis sein Körper auf der Fahrbahn einer Brücke zerschellt war. Jetzt lag Agee im Leichenschauhaus, und Benton saß in einem Taxi. Nur dass sie in diesem Moment eines gemeinsam hatten. Der Tag der Abrechnung war gekommen, und sie waren im Begriff, vor dem Angesicht ihres Schöpfers zu stehen.
    Das FBI belegte sechs Etagen im Jacob K. Javits Federal Building and Customs Courthouse im Herzen des Regierungsviertels, einem modernen Gebäudekomplex aus Glas und Beton, umgeben von dem mit klassischen Säulen versehenen Gerichtsgebäude und weiteren Behörden. Einige Häuserblocks entfernt befanden sich das Rathaus, die Polizeizentrale One Police Plaza, die Staatsanwaltschaft One Hogen Place und das städtische Gefängnis. Wie die meisten Regierungsgebäude war auch dieses mit gelben Flatterbändern, Zäunen und Bombenbarrieren aus Beton verbarrikadiert, die so platziert waren, dass sie Fahrzeuge am Näherkommen hinderten. Die gesamte Grünfläche davor – geschwungene grüne Bänke und verdorrtes, mit Schnee bedecktes Gras – war für die Öffentlichkeit tabu. Um in das Gebäude zu gelangen, musste Benton am Thomas Paine Park aus dem Taxi steigen und die bereits dicht befahrene Lafayette Street überqueren. An der ebenfalls für Autos gesperrten Duane Street ging er nach rechts und bis zu einer Schranke. Aus dem Boden ragten Metallzacken, die Autoreifen aufschlitzten, und außerdem gab es ein Wachhäuschen – nur für den Fall, dass jemand die vielen Schilder mit der Aufschrift Betreten verboten übersehen haben könnte.
    Da das vierzig Stockwerke hohe Bauwerk aus Glas und Granit noch nicht geöffnet war, drückte er auf eine Klingel und zeigte dem uniformierten FBI-Beamten auf der anderen Seite des verglasten Seiteneingangs seinen Ausweis. Er

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