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Scarpetta Factor

Scarpetta Factor

Titel: Scarpetta Factor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Daniels Cornwell
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gerät er außer Rand und Band. Seine Zerstörungswut kennt dann keine Grenzen, bis auf die Tatsache, dass sie stets mit dem Tod eines Menschen endet. Erst muss nur einer dran glauben. Und zu guter Letzt schlägt er nur noch wahllos um sich.«
    »Wir könnten doch eine Prognosegraphik an die Wand projizieren«, wandte sich Lanier an O’Dell und Stockman.
    »Das dauert aber eine Minute.« Stockman begann, seine Computertastatur zu bearbeiten. »Nicht nur die Banküberfälle, sondern alles, richtig?« Er sah Lanier an.
    »Wir sprechen hier nicht ausschließlich von den Banküberfällen«, erwiderte sie ein wenig ungeduldig. »Genau darauf wollte Benton in dieser Sitzung hinaus. Die Banküberfälle sind willkürlich. Die Spitze des Eisbergs. Oder, um beim Motto der Jahreszeit zu bleiben, der Engel auf der Christbaumspitze. Und ich will den ganzen Baum.«
    Die Anspielung erinnerte Benton wieder an Dodies albernes Geträller, ihre verhauchte Stimme, die ihm und Scarpetta eine »Hodie-Dodie-Weihnacht« wünschte, ein Lied, gespickt mit sexuellen und gewalttätigen Andeutungen und einem Hinweis darauf, was ihnen blühte. Scarpetta würde gelyncht werden, und Benton könne sich sein Leben in den Hintern schieben. Oder so ähnlich. Benton malte sich Jean-Baptistes Schadenfreude aus. Gewiss war die Karte seine Idee gewesen, der erste Streich, dem bald der zweite folgen würde: ein FedEx-Paket mit einer Bombe darin. Und zwar keiner gewöhnlichen Bombe. Marinos E-Mail beschrieb sie als »Stinkbombe, die Scarpetta die Finger hätte abreißen können oder sie vielleicht das Augenlicht gekostet hätte«.
    »Ja, es ist eine Schande, dass das FBI sich so etwas nicht anschafft«, schimpfte O’Dell. »Eine gottverdammte Datenwand wie im RTCC. Außerdem brauchen wir einen Konferenzraum, der mindestens zehnmal so groß ist, denn wir haben es hier nicht mit einem Entscheidungsbaum, sondern mit einem ganzen Wald zu tun.«
    »Ich projiziere ihn jetzt auf einen Bildschirm«, sagte Stockman. »Sechzig Zoll ist etwa die Diagonale eines der Mitsubishi im RTCC.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »So ungefähr.«
    »Nein, was hier nötig ist, ist ein IMAX-Kino.«
    »Hör auf zu meckern und lass mich das Ding an die Wand werfen, damit wir endlich weiterkommen.«
    O’Dell und Stockman arbeiteten nun schon so lange zusammen, dass sie sich zankten wie ein altes Ehepaar. Seit einigen Monaten ermittelten sie in den sogenannten Grannyund-Clyde-Bankrauben und hielten Kontakt mit anderen Einsatzgruppen in den Außenstellen von Miami, New York und Detroit. Es war der Behörde gelungen, die Verbrechensserie und ihre Theorien, was die Täter anging, aus den Nachrichten herauszuhalten, und das mit gutem Grund. Man ging nämlich davon aus, dass die Bankräuber nur Schachfiguren in einem viel größeren und gefährlicheren Spiel darstellten. Sie waren die Pilotenfische, kleine Fleischfresser, die mit den Haien schwammen.
    Und das FBI hatte es auf die Haie abgesehen. Benton war sicher, auf welche Haifamilie es Jagd machte – französische Haie, Chandonne-Haie. Die Frage war nur, wie sie sich inzwischen nannten und wo sie sich aufhielten. Wo steckte Jean-Baptiste Chandonne? Er war der große Weiße Hai, der Boss, das dem Laster ergebene Familienoberhaupt eines einst mächtigen Verbrecherkartells. Sein Vater, Monsieur Chandonne, genoss seinen Lebensabend im Hochsicherheitsgefängnis La Santé am Stadtrand von Paris. Jean-Baptistes Bruder, der ursprüngliche Thronerbe, war tot. Jean-Baptiste selbst war keine Führungspersönlichkeit, jedoch hochmotiviert und von Gewaltphantasien, sexuellen Zwangsgedanken und Rachedurst getrieben. Er konnte sich eine Weile beherrschen und seine wahren Neigungen für einen gewissen Zeitraum zügeln, bis die mürbe Fassade in sich zusammenbrach und ein Bündel aus zuckenden Impulsen, Mordgier, Tobsuchtsanfällen und Grausamkeit freigab, das die Sprengkraft jeder Bombe übertraf, die je in Rodman’s Neck entschärft worden war. Jean-Baptiste musste unschädlich gemacht werden. Und zwar so schnell wie möglich.
    Benton war überzeugt, dass Jean-Baptiste die Paketbombe abgeschickt hatte. Er steckte hinter dem Anschlag. Vermutlich hatte er den Sprengsatz selbst gebaut. Vielleicht hatte er sogar beobachtet, wie das Paket am gestrigen Abend abgegeben worden war. Er wollte Scarpetta körperlich und seelisch verletzen. Benton stellte sich vor, wie Jean-Baptiste sich irgendwo in der Dunkelheit vor dem Gebäude herumgedrückt und darauf

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