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Scarpetta Factor

Scarpetta Factor

Titel: Scarpetta Factor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Daniels Cornwell
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Abend zu Hause. Aber er hat nicht angerufen, um zu melden, dass etwas gebracht wurde.«
    »Mir sind erst im Aufzug einige Merkwürdigkeiten aufgefallen. Nein, ich habe nicht gefragt. Das Paket riecht seltsam.« Sie zog seine Skijacke an, die ihr fast bis zu den Knien reichte. Aspen. Wann waren sie zuletzt dort gewesen?
    »Was für ein Geruch?«
    »Süßlich, nach Teer und nach verfaulten Eiern. Ich kann es nicht richtig beschreiben. Vielleicht habe ich es mir auch nur eingebildet. Dazu der Lieferschein und die eigenartige Adresse. Ich hätte das Paket nicht mit nach oben nehmen, sondern es am Empfang stehenlassen und Ross und alle anderen davon fernhalten sollen, bis die Polizei hier ist. Mein Gott, wie dumm von mir!«
    »Du bist nicht dumm.«
    »Doch, bin ich. Ich war von Carley Crispin abgelenkt und habe mich verhalten wie eine Idiotin.«
    Sie läutete an der Nachbarwohnung. Sie gehörte einem Modedesigner, den sie nur vom Sehen kannte. Typisch New York. Jahrelang konnte man Tür an Tür mit jemandem wohnen, ohne je ein Wort mit ihm zu wechseln.
    »Offenbar ist er nicht da«, meinte Scarpetta, klingelte noch einmal und klopfte an die Tür. »Ich bin ihm schon länger nicht mehr begegnet.«
    »Wie ist das Paket denn adressiert?«, wollte Benton wissen.
    Sie erzählte ihm, dass der Beleg für den Absender noch daran hing und dass sie als Chief Medical Examiner von Gotham City bezeichnet wurde. Während sie erneut klingelte, beschrieb sie die auffällige Handschrift. Dann machten sie sich auf den Weg zur nächsten Wohnung, wo eine ältere Dame lebte. Sie war vor vielen Jahrzehnten Schauspielerin gewesen und vor allem wegen ihrer Auftritte in der Jackie Gleason Show bekannt. Ihr Mann war vor etwa einem Jahr gestorben. Das war alles, was Scarpetta über Judy wusste, mit Ausnahme der Tatsache, dass sie einen nervösen Zwergpudel besaß, der sofort aus voller Kehle zu bellen begann, als es an der Tür läutete. Judy wirkte erstaunt und nicht sonderlich erfreut, als sie aufmachte. Sie blockierte die Tür, wie um einen Liebhaber zu verstecken. Hinter ihr tänzelte ihr Hund hin und her.
    »Ja?«, sagte sie und musterte Benton zweifelnd, denn er trug zwar seinen Mantel, war aber in Socken und hielt die Schuhe in der Hand.
    Scarpetta bat sie, telefonieren zu dürfen.
    »Haben Sie denn kein eigenes Telefon?« Judys Aussprache klang ein wenig verwaschen. Sie hatte ein schön geschnittenes, aber verlebtes Gesicht. Eine Alkoholikerin.
    »Wir können in unserer Wohnung weder die Mobiltelefone noch das normale Telefon benutzen und haben nicht die Zeit, Ihnen alles zu erklären«, erwiderte Scarpetta. »Wir brauchen Ihren Festnetzanschluss.«
    »Meinen was?«
    »Ihr Telefon. Und dann müssen Sie uns nach unten begleiten. Es ist ein Notfall.«
    »Kommt überhaupt nicht in Frage. Ich gehe nirgendwohin.«
    »Ein verdächtiges Paket wurde abgegeben. Wir müssen bei Ihnen telefonieren. Alle auf dieser Etage müssen so schnell wie möglich nach unten gehen«, beharrte Scarpetta.
    »Warum haben Sie das Ding mit nach oben gebracht? Sind Sie von allen guten Geistern verlassen?«
    Scarpetta roch den Alkohol und fragte sich, welche Medikamente sie wohl in Judys Hausapotheke finden würde. Wut, Depression, Alkoholmissbrauch und kein Lebensinhalt. Sie und Benton traten in ein vertäfeltes, mit teuren französischen Antiquitäten überladenes Wohnzimmer. Es wimmelte von Porzellanfigürchen von Lladro, Liebespaare in Gondeln und Kutschen, zu Pferde und auf Schaukeln, die sich küssten oder ins Gespräch vertieft waren. Auf der einen Fensterbank stand eine wertvolle Krippe aus Kristall. Auf der anderen eine Sammlung von Weihnachtsmännern von Royal Doulton. Allerdings fehlten am Weihnachtsbaum die Lichter und in der Menora die Kerzen. Dafür strotzte das Zimmer von Souvenirs und Fotos aus einer illustren Vergangenheit. Es war auch ein Emmy in einer Vitrine dabei, deren Seiten im Vernis-Martin-Stil mit handgemalten Putten und Liebespaaren verziert war.
    »Ist in Ihrer Wohnung etwas vorgefallen?«, fragte Judy, begleitet vom schrillen Bellen ihres Hundes.
    Benton griff zum Telefon, das auf einer Konsole aus vergoldetem Holz stand. Er wählte eine Nummer, die er auswendig konnte, und Scarpetta war sicher, wen er erreichen wollte. Benton verhielt sich in Krisensituationen stets sachlich und diskret, eine Methode, die er als den »direkten Ansatz« bezeichnete. Er beschaffte sich die Information immer aus erster Hand, und das war in diesem Fall

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