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Scarpetta Factor

Scarpetta Factor

Titel: Scarpetta Factor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Daniels Cornwell
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Marino umzunieten, während der sich auf seinem jährlichen Angelausflug befand und sich in seiner Hütte am Buggs Lake erholte. Es hätte so aussehen sollen, als sei ein Einbruch aus dem Ruder gelaufen. Da warst du aber schief gewickelt, kleiner Rocco . Als Lucy, von dem Schuss noch ein Klingeln in den Ohren, das Hotel verlassen hatte, hatte sie nichts als Erleichterung empfunden. Nun, dass stimmte nicht ganz. Marino und sie hatten nie darüber gesprochen. Sie hatte seinen Sohn getötet und die notwendige Hinrichtung als Selbstmord getarnt. Eine verdeckte Operation, eine Aufgabe, die sie als ihre Pflicht empfunden hatte. Aber dennoch war es Marinos Sohn gewesen, sein einziger Nachkomme und, soweit Lucy wusste, der letzte Ast an seinem Familienstammbaum.
    Der Fluglotse meldete sich wieder. »Niner-Lima-Foxtrot, warten Sie.«
    Verdammter Verlierer! Lucy stellte sich vor, wie er hoch über ihr im abgedunkelten Kontrollraum des Towers thronte und mit einem hämischen Grinsen zu ihr hinunterblickte.
    »Niner-Lima-Foxtrot«, bestätigte sie. »Das Gleiche hat er beim letzten Mal auch gemacht«, sagte sie dann zu Berger. »Der will mich verarschen.«
    »Reg dich nicht auf.«
    »Ich sollte mir seine Telefonnummer beschaffen und rauskriegen, wie dieser Scheißkerl heißt.«
    »Du steigerst dich in die Sache hinein.«
    »Wehe, wenn mein Auto verschwunden oder irgendwie beschädigt ist.«
    »Der Tower hat nichts mit dem Parkplatz zu tun.«
    »Hoffentlich hast du bei der Verkehrspolizei einen Stein im Brett. Ich werde nämlich zu schnell fahren müssen«, erwiderte Lucy. »Wir dürfen nicht zu spät kommen.«
    »Die ganze Reise war keine gute Idee. Wir hätten sie verschieben sollen.«
    »Dann wäre es aber nicht dein Geburtstag gewesen«, antwortete Lucy.
    Sie würde das Gefühl der Kränkung nicht zulassen. Nicht bei einem Landeanflug im Neunzig-Grad-Winkel, während Seitenwinde ihr Heck peitschten und sie versuchte, die Maschine zu wenden und sie gleichzeitig mit Hilfe der Pedale ruhig zu halten und mit zyklischer Steuerung und Einstellwinkelsteuerung winzige Korrekturen vorzunehmen. Nun hatte Berger es endlich zugegeben und rückte mit der Wahrheit heraus: Sie hatte keine Lust gehabt, ihren Geburtstag in Vermont zu feiern. Allerdings hätte sie das Lucy nicht eigens unter die Nase zu reiben brauchen. Schließlich hatte sie die Abende allein vor dem Kaminfeuer verbracht und die Lichter von Stowe und den Schnee betrachtet, denn Berger verhielt sich so geistesabwesend und abweisend, dass sie genauso gut in Mexiko hätte sein können anstatt im Nebenzimmer. Wegen ihrer Position als Leiterin der Abteilung für Sexualverbrechen bei der Staatsanwaltschaft von New York County landeten die grausigsten der in den fünf Bezirken verübten Verbrechen stets auf ihrem Schreibtisch. Schon wenige Stunden nach Hannah Starrs Verschwinden war man davon ausgegangen, dass die Frau Opfer einer Straftat, möglicherweise eines Sexualverbrechens, geworden war. Doch Berger hatte – dank Lucy und ihrer forensischen Computerkenntnisse – nach dreiwöchigen Ermittlungen eine andere Theorie. Und was war der Lohn dafür? Dass Bergers Gedanken ständig um dieses Thema kreisten. Dann war zu allem Überfluss auch noch die Joggerin ermordet worden. Der von Lucy monatelang geplante Überraschungsurlaub war verdorben. Wieder eine gute Tat, die nicht ungestraft geblieben war.
    Unterdessen hatte Lucy, gequält von ihren eigenen Sorgen und Gefühlen, mit einem Glas Chablis Grand Cru am Kamin gesessen und in düsteren und bedrückenden Gedanken geschwelgt. Sie befürchtete, Fehler gemacht zu haben, insbesondere was Hannah Starr anging. Lucy konnte sich das nicht verzeihen, wurde das schlechte Gewissen nicht los und war so von Wut und Hass erfüllt, dass es schien, als litte sie an einer Erkrankung wie dem chronischen Müdigkeitssyndrom oder einer Nervenkrankheit, die ihr den Rest ihres Lebens zur Hölle machen würde. Aber sie ließ sich nichts anmerken. Berger wusste nichts und würde nie erfahren, was sich in Lucy abspielte. Nach all den Jahren im Untergrund im Auftrag des FBI oder der ATF, den paramilitärischen Einsätzen und den privaten Ermittlungen war Lucy in der Lage, zu beeinflussen, was sie preisgab und was sie für sich behielt. Wenn die kleinste Veränderung der Mimik, die winzigste Geste die Tarnung auffliegen lassen oder den Tod bedeuten konnte, lernte man, sich in jeder Lebenslage zu beherrschen.
    Sie hätte sich nie einverstanden erklären

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