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Scatterheart

Scatterheart

Titel: Scatterheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili Wilkinson
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Versteck um. Die Stimmen wurden lauter und deutlicher.
    »Na ja, wenn Newgate ihn nicht kriegt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis einer seiner Gläubiger ihn erwischt«, sagte einer mit derber, rauer Stimme.
    »Angeblich lebt er seit fast fünf Jahren auf Pump. Fünf Jahre und keine Kröten in der Tasche.« Die andere Stimme klang etwas gebildeter, aber dennoch nicht sehr vornehm.
    Der erste Mann lachte. »Kröten? Der arme Kerl hat nicht mal ein paar Läuse übrig, der ist arm wie eine Kirchenmaus.«
    Sie hatten den oberen Treppenabsatz erreicht. Hannah ließ sich zu Boden gleiten und kroch unter das Bett. Der Gestank ihres Nachttopfs, der seit Tagen nicht mehr geleert worden war, war kaum auszuhalten. Ihr wurde speiübel, aber sie biss sich mit aller Macht auf die Lippen. Sollte sie um Hilfe rufen? Aber wer hätte sie gehört? Die Nachbarn waren alle aufs Land gereist und würden erst im Frühjahr wieder in die Stadt zurückkehren.
    »Ein richtiger Wüstling«, sagte die zweite Stimme, als sie das Zimmer betraten. »Sieh mal an, ein Mädchenzimmer.Es heißt, er hätte eine Tochter, aber das konnte ich einfach nicht glauben.«
    Hannahs Herz schlug so laut, dass sie meinte, die Männer müssten es hören. Was würde geschehen, wenn sie sie entdeckten?
    Der erste Mann fluchte. »Und bei seinem Schlamassel lässt er eine junge Dame hier wohnen? Wo ist eigentlich ihre Mutter?«
    »Gestorben«, erwiderte der andere knapp. »Vielleicht besser so. Angeblich hat er sie nur des Geldes wegen geheiratet. Noch bevor sie richtig kalt war, hat er mit seinem Geld um sich geschmissen und ist jedem Flittchen nachgejagt. Jetzt ersäuft er in Schuldscheinen. Wenn er zurückkommt …«
    »Wer’s glaubt, wird selig«, sagte der andere verdrießlich.
    »Das Mädchen tut mir jedenfalls leid.«
    Der andere Mann spuckte aus. Die Spucke landete keine zwei Fuß vor Hannahs Gesicht und glitzerte feucht.
    »Also, sie ist nicht da. Komm, wir haben genug gesehen. Wir sagen Jones Bescheid, sonst haben wir die Schulden an der Backe.«
    Die Männer gingen hinaus. Hannah horchte ihren leiser werdenden Schritten nach. Erst als die Haustür zuknallte, traute sie sich wieder zu atmen.
Er hat sie nur des Geldes wegen geheiratet
, hatten sie gesagt. Ihr Vater hatte ihre Mutter nur selten erwähnt und Hannah war davon ausgegangen, dass er ihren Tod noch immer nicht verwunden hatte. Einmalhatte er ihr beschrieben, wie schön sie gewesen war. Bedeutete das nicht, dass er sie aufrichtig geliebt hatte?
    Sie lag auf dem staubigen Fußboden und wartete, dass ihr Herz sich wieder beruhigte und ihre Hände nicht mehr zitterten. Er muss sie geliebt haben. Er liebte doch auch sie, Hannah.
    Hannah kroch unter dem Bett hervor und klopfte den Staub von ihrem Nachthemd. Ihr Blick fiel in den Spiegel. Ein bleiches, furchtsames Gesicht sah ihr entgegen. Essen. Sie musste essen.
    Sie suchte das Zimmer ihres Vaters noch einmal nach Geld ab, fand aber auch diesmal nichts. Schließlich nahm sie von ihrem Toilettentisch eine Halskette, die sie nicht besonders mochte, und wickelte sie in ein Seidentüchlein. Sie musste sie verkaufen.
    Hannah kleidete sich umständlich an – bislang hatte sie dabei immer Hilfe gehabt. Sie fand ein sauberes Leinenmieder und schnürte es unbeholfen hinten zu. Dann zog sie fleischfarbene Pantalons an, die ihr bis zu den Knöcheln reichten, darüber warme Wollstrümpfe und einen Flanellunterrock. Als Nächstes suchte sie das wärmste Kleid aus, das sie besaß – ein feines blassrosa Wollkleid mit Spitzenbesatz. Sie kämpfte mit den Knöpfen, weil ihre Finger vor Kälte ganz steif waren.
    Zum Schluss legte sie noch einen bodenlangen dunkelgrünen Mantel mit Pelzbesatz um die Schultern und schlüpfte in ein Paar knöchelhohe Stiefel aus Ziegenleder.
    Sie fuhr sich mit einer Bürste durch ihre unordentlichen Haare und blieb stecken. Also versuchte sie es mit einem Ruck, aber das tat so weh, dass sie kurz aufschrie und ihr die Tränen in die Augen schossen. Sie legte die Bürste beiseite und betrachtete sich im Spiegel. Ihre langen braunen Haare, die sonst so seidig glänzten, waren stumpf und spröde. Ihre eigentlich strahlend blauen Augen wirkten leblos und lagen hinter dunklen Schatten. Die Lippen schienen blasser und sogar schmaler geworden zu sein.
    Hannah überlegte, ob sie den Knoten einfach mit einer Schere abschneiden sollte, entschied sich aber dagegen. Sie wollte sich ihre Haare nicht vollständig ruinieren. Ihr Vater liebte ihre

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