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Scatterheart

Scatterheart

Titel: Scatterheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili Wilkinson
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rüden Laut aus. »Das sagt der Richtige. Sie haben es gerade nötig.«
    Der Doktor beachtete sie nicht.
    »Nun?«, bohrte er weiter.
    »Ich habe sie nicht gesehen«, antwortete Hannah.
    Dr. Ullathorne schnaubte verärgert und schob sich an ihnen vorbei. Meg stellte ihm ein Bein und er stolperte mehrere Stufen hinunter, bis er sich schließlich am Geländer festhalten und wieder hochziehen konnte.
    »Hui, Sir«, sagte Long Meg, »hier unten kann es ziemlich schlüpfrig werden.«
    Dr. Ullathorne drehte sich zu ihnen um. Hannah erschrak, als sie sein hassverzerrtes, verwüstetes Gesicht sah.
    »Du dreckige Hure«, zischte er.
    Long Meg zuckte gleichgültig die Achseln. »Sie sind der Fachmann, was Huren betrifft, dreckig oder nicht.«
    Dr. Ullathorne stieg die wenigen Stufen zu ihnen empor.
    »Du hältst dein Maul«, sagte er leise und drohend.
    »Klar«, antwortete Meg, ohne ihm zu gehorchen, »spätestens, wenn Sie mit ihnen durch sind, sind sie dreckig.Sie kennen ja den Spruch: Eine Nacht in den Armen von Venus, ein Leben lang Quecksilber.«
    Dr. Ullathorne packte Long Meg am Arm und kam ihr mit seinem verunstalteten Gesicht ganz nah. »Noch ein Wort und ich schlitze dir die Gedärme auf.« Schwarzer Speichel spritzte in Megs Gesicht, aber sie grinste nur.
    »Sie machen mir keine Angst,
Sir
, Sie nicht.«
    Der Doktor gab Meg einen Stoß und sie stürzte krachend auf die Treppe.
    »Eine Weile im Takelwerk wird dir eine Lehre sein«, entgegnete er. Er riss Meg wieder auf die Füße und zerrte sie die restlichen Stufen hinauf.
    Hannah folgte ihnen. Er winkte zwei Midshipmen vom Mittelmast zu sich, die Long Meg unter den Armen packten und sie auf ein Gitterwerk aus Tauen hievten, das an einer Seite des Schiffs hing. Dort banden sie sie an Armen und Beinen fest.
    »Hier bleibst du so lange, bis du dich entschuldigt hast«, sagte Dr. Ullathorne scharf und ging.
    Long Meg stimmte ein Gassenlied an.
    He, ihr guten Leut,
hört mein Liedchen heut.
Vom miesen Doktor aus der Stadt,
der graues, faules Fleisch nur hat.
Alle kennen den alten Bock,
der nur leichte Mädchen lockt
.
    Sie hing den ganzen Tag dort, während die anderen Frauen nähten, schrubbten und Werg zupften. Nach einer Stunde hörte sie auf zu singen und beschimpfte die Matrosen und Offiziere. Aber sie entschuldigte sich nicht. Das Abendessen ging vorüber. James kam in das Orlopdeck und suchte Hannah.
    »Es fängt an zu regnen«, sagte er, »wir könnten in meine Kajüte gehen.«
    Auf ihre zweifelnde Miene hin bemerkte James lächelnd: »Ich verspreche Ihnen, dass Sie bei mir sicher sind. Meine Kajüte ist trocken und warm und wir sind unter uns.«
    Eine der Frauen pfiff anzüglich und Hannah nickte unsicher. Was machte es schon, woher sein Geld stammte. Immerhin war ihr eigener Vater auch kein Muster von einem Gentleman gewesen.
    James geleitete sie die Treppe hinauf, an den Hängematten der Matrosen und den Tauwinden vorbei zum Vorschiff. Hannah lauschte, ob sie Long Meg über sich im Takelwerk hören konnte, vernahm aber nichts.
    »Lässt man sie einfach dort draußen?«, fragte sie. Sie gingen durch einen schmalen Gang und kamen an mehreren geschlossenen Türen vorbei. Eine Tür stand offen und Hannah sah drei Männer über große weiße Stoffbahnen gebeugt und ein Segel flicken.
    »Man muss ihr endlich einmal eine Lektion erteilen«, sagte James, »sonst lernt sie es nie, sich einzufügen und zu benehmen.«
    »Aber sie wird sich dort draußen den Tod holen!«
    »Unsinn. Leute wie sie sind wie Tiere. Wie Insekten. Die überleben alles.« James schloss mit einem kleinen Messingschlüssel seine Tür auf und ließ Hannah eintreten.
    Die Kajüte sah behaglich aus. Von der Decke schien ein freundliches Licht. Ein ordentlich gemachtes Bett nahm fast den ganzen Raum ein. Daneben stand ein Nachttischchen mit einer Waschschüssel aus Porzellan und einem Spiegel. Auf einer Kommode lagen Haarbürste und Kamm und eine Reihe kleiner Tiegel und Fläschchen standen darauf, die Hannah an den Toilettentisch ihres Vaters erinnerten. Gegenüber der Kommode befanden sich ein kleiner Schreibtisch und ein Stuhl. Auf dem Schreibtisch lag Papier und es gab mehrere Tintenfässchen und einen Federkiel. Darüber hing ein Regal mit einem einzigen in Leder gebundenen Buch. Hannah stieß einen leisen Schrei aus, ging hin und ließ ihre Finger über den Buchrücken gleiten.
    »Lassen Sie das«, sagte James sogleich. »Das ist nichts für Sie.«
    Hannah versuchte den goldgeprägten Titel zu

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