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Scatterheart

Scatterheart

Titel: Scatterheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili Wilkinson
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eins«, sagte sie. »Da unten rechts, unter Asien, ist eine riesige Lücke.«
    Thomas zuckte die Achseln. »Dafür gibt es keine Teile.«
    »Warum nicht?«
    »Wir wissen nicht, wie es dort aussieht.«
    »Unsinn«, entgegnete Hannah. »Da unten gibt es eine Kolonie. Ich habe in der Zeitung darüber gelesen.«
    Thomas schüttelte den Kopf. »Alles nur Märchen. Niemand weiß etwas darüber.«
    Hannah starrte auf die unregelmäßige Aussparung im Puzzle. Sie war sich sicher, dass sie wusste, was dort hingehörte.
    »Wie heißt es? Dieses Stück Land?«, fragte sie.
    »Land hinter den Meeren«, antwortete Thomas.
    Hannah schloss die Augen und versuchte sich zu erinnern. Das war falsch, so hieß dieses Land nicht.
    »Ich dachte, es hieße anders«, wandte sie ein.
    »Aber ja«, gab Thomas zu, »manche nennen es auch das Land östlich der Sonne und westlich des Mondes.«
    Hannah gähnte.
    »Vielleicht war es das …«
    »Du siehst müde aus«, bemerkte Thomas lächelnd. »Soll ich dir ein bisschen vorlesen?«
    Hannah kletterte in einen Sessel – er kam ihr größer vor als sonst – und hörte zu. Thomas saß am Feuer, das Buch auf seinem Schoß. Er erzählte ihr die Geschichte von Scatterheart und dem weißen Bären und dem Land, das östlich der Sonne und westlich des Mondes lag. Hannah nickte immer wieder ein.
    »Wenn du nicht zuhörst, weißt du nicht, was du als Nächstes tun musst. Dann kannst du das Puzzle nicht zu Ende bringen«, ermahnte er sie.
    Aber so sehr sie sich auch bemühte, sie konnte ihre Augen nicht offen halten.
    Am nächsten Morgen wachte Hannah schweißgebadet auf.
    Sie fühlte sich krank und ihr war schwindelig. Sie blieb eine Weile liegen, bekam aber plötzlich einen Krampf im Bauch, als würde jemand ihr Inneres zerquetschen. Als der Krampf nachließ, durchfuhr sie ein dumpfer, bohrender Schmerz, der sich anfühlte, als würde ihr Leib von einem Gewicht langsam nach unten gezogen. Sie spürte ein merkwürdiges Tröpfeln zwischen ihren Beinen und setzte sich hin. Als sie ihre Decke wegzog, sah sie auf der Matratze einen rötlich braunen Fleck Blut.
    Eine schreckliche Angst packte sie. Was geschah mit ihr? Musste sie sterben? War das Kerkerfieber etwa wiedergekommen?
    »Meg.« Hannah beugte sich zur Seite und schüttelte Long Meg, die sich grummelnd zur Wand drehte. Hannah schüttelte sie wieder.
    Long Meg schlug die Augen auf.
    »Das ist dein Tod, dass du mich weckst«, sagte sie.
    Hannah biss sich auf die Lippen, um nicht zu heulen.
    »Ich weiß nicht, Meg. Etwas Schreckliches ist passiert.«
    Long Meg richtete sich auf. »Also, was gibt’s?«
    Hannah schluckte. »Alles tut weh und ich blute.« Sie errötete. »Da unten.«
    Long Meg blickte sie ernst an.
    »Wie alt bist du?«, fragte sie.
    »Vierzehn«, sagte Hannah. »Warum? Was bedeutet das? Was ist passiert?«
    Long Meg sah ihr bleiches Gesicht und ihre weit aufgerissenen Augen und lachte. Hannah bekam eine panische Angst. Sie lag womöglich im Sterben und Meg lachte nur. War sie verrückt?
    »Muss ich jetzt sterben?«, fragte Hannah.
    Long Meg nickte, immer noch lachend. »Oh ja, mein Schatz. Du musst ganz bestimmt sterben. In einer Minute wirst du tot sein. Mausetot.«
    »Mach dich nicht lustig über mich, Meg«, sagte Hannah. Long Meg grinste.
    »Du hast Besuch von Tante Rose«, erklärte sie. »Du bist verdammt jung, aber es heißt, bei denen mit Geld kommt es früher.«
    Hannah starrte sie an.
    »Was?«
    Long Meg lachte immer noch, aber es war ein freundliches Lachen.
    »Du bist eine Frau«, sagte sie. »Das hast du ab jetzt jeden Monat. Es bedeutet, dass du Kinder kriegen kannst.«
    »Du meinst, das ist
normal?«
Hannah sah sie entsetzt an.
    Sie konnte es einfach nicht fassen. Schwindelte Long Meg etwa schon wieder?
    Long Meg nickte.
    »Aber es tut so
weh!
«
    Hannah war wie vor den Kopf gestoßen. Das passierte also jeder Frau? Warum hatte ihr das niemand gesagt? Bekamen es auch die Frauen, die mit den großen Sonnenschirmen durch den Hyde Park spazierten? War ihnen dann ebenso übel?
    »Und das geschieht jeden Monat?«
    Long Meg nickte wieder. »Komm mit«, sagte sie und stand auf, »ich zeig dir, was du tun musst.«
    Am hinteren Ende des Orlopdecks stand eine Truhe, in der lauter Stofffetzen aus Baumwolle lagen. Meg erklärte Hannah, wie sie sich den Stoff zwischen die Beine band, damit das Blut nicht ins Kleid lief.
    »Du musst die Einlage jeden Tag wechseln«, sagte Meg. Hannah nickte. »Und was ist mit den benutzten? Werden sie

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