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Scatterheart

Scatterheart

Titel: Scatterheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili Wilkinson
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gewaschen?«
    »Aber nicht im Meerwasser«, erwiderte Long Meg.
    »Warum nicht?«
    Long Meg zuckte zusammen. »Das Salz brennt fürchterlich. Aber wir haben nicht genug frisches Wasser zum Waschen, deshalb heben wir sie auf, bis wir wieder Wasservorräte laden können.«
    »Aufheben? Wo denn?«, fragte Hannah und ahnte schon, dass ihr die Antwort nicht gefallen würde.
    Long Meg ging zu ihrer Schlafstatt zurück und hob eine Ecke ihrer Matratze hoch. Ein scharfer, drückender Gestank nach vergammeltem Fleisch schlug Hannah entgegen. Hannah drehte sich der Magen um.
    Long Meg zuckte die Achseln.
    »Willkommen im Klub.«
    Long Meg hielt ihr Wohlverhalten genau drei Tage lang durch. Sie weigerte sich bei Dr. Ullathorne eine Wundsalbe für ihre zahlreichen blauen Flecken und Schürfwunden zu holen und hörte nicht auf, über ihn zu schimpfen.
    »Bastard«, schnaubte sie. Sie untersuchte ihre Wunden und stöhnte vor Schmerz, wenn sie mit der Matratze in Berührung kamen. »Den krieg ich noch. Ihn und deinen schwulen Verehrer.«
    »James hat nur seine Arbeit getan«, verteidigte Hannah ihn. Sie kuschelte sich in ihr Bett und seufzte. In den letzten Tagen war sie James aus dem Weg gegangen, denn die Baumwollbinde zwischen ihren Beinen fühlte sich dick und unförmig wie ein ganzes Stoffbündel an. Bestimmt hätte er es bemerkt und allein dieser Gedanke trieb ihr die Schamröte ins Gesicht.
    Meg schnaubte. »Seine Arbeit? Du meinst also, seine Arbeit ist es, unschuldige Frauen zu quälen und zu foltern?« Hannah sah erstaunt auf. »Unschuldig würde ich dich nicht gerade nennen, Meg.«
    »Kann sein, dass ich gewöhnlich wie ein Barbierstuhl bin, auf dem sich alle Welt den Hintern blank sitzt, trotzdem hat niemand das Recht, einen anderen Menschen so zu behandeln. Egal ob er Sträfling oder Captain ist.«
    Hannah dachte an den mitleidigen Gesichtsausdruck des Captains, als er Long Meg in dem Fass gesehen hatte. Sie seufzte und holte unter der Matratze das Taschentuch von Thomas hervor. Es war das einzige Erinnerungsstück an zu Hause.
    »Ich frage mich, was dein Liebster denken würde, wenn er wüsste, dass du dem Leutnant schöne Augen machst.«
    Hannah ließ das Taschentuch sinken.
    »Das ist etwas ganz anderes«, erwiderte sie. »Thomas war nur ein Freund.«
    Long Meg schaute sie skeptisch an.
    »Ja, wirklich«, sagte Hannah. »Er war mein Hauslehrer. Er wollte mich heiraten, nachdem mein Vater verschwunden war. Aber es bestand sowieso keine Chance, dass sich zwischen uns etwas entwickelte. Er war kein Herr von Stand.« Sie dachte an Thomas’ Gesicht, als sie seinen Heiratsantrag abgelehnt hatte, und spürte einen Stich in ihrem Innern.
    »Vornehm geht die Welt zugrunde«, murmelte Meg.
    »Wie bitte?«
    »Du hast nichts als Stroh im Kopf, du Trottel.«
    Hannah runzelte die Stirn. »Ich möchte nicht weiter darüber sprechen.«
    Long Meg beachtete ihren Einwand nicht. »Du solltest mal dein Gesicht sehen, wenn du den Lappen da hältst«, sagte sie. »Da gibt es einen Kerl, der dich vor all dem retten wollte«, sie machte mit der Hand eine ausladende Geste, »und du hast abgelehnt, weil er seine Nase nicht pudert und keinen Schneider hat?«
    »Wir waren einfach zu verschieden. Ich bin die Tochter eines Gentlemans.«
    Meg stöhnte. »Das habe ich mittlerweile verstanden«, sagte sie. »Aber du kapierst etwas nicht. Ein Gentleman wird man nicht, weil man einen vornehmen Vater oder viel Kohle hat. Ein Gentleman ist man, weil man sich wie ein Gentleman benimmt. Und ich habe den Eindruck, dass dein Mr Schnupftuch mindestens doppelt so viel von einem Gentleman hatte wie der alte Arthur Cheshire.«
    »Ich erwarte nicht, dass du mich verstehst«, entgegnete Hannah.
    »Du Weichhirn, du«, stieß Long Meg aus. »Meinst du etwa, dieser eingebildete Leutnant ist ein Gentleman? Der hat genauso wenig blaues Blut in den Adern wie ich.«
    Hannah war verstimmt.
    »Auch wenn James nicht aus vornehmem Haus ist, kann er doch ein Gentleman sein.« Sie legte das Taschentuch zusammen und stopfte es unter ihre Matratze.
    Eine Glocke schlug und sie machten sich auf den Weg zum Frühstück. Auf der Treppe kam ihnen der Doktor entgegen.
    Er streckte die Hand aus und hinderte Hannah am Weitergehen. Sie schaute zu ihm hoch und biss sich vor Angst auf die Lippe. Das graue Fleisch bedeckte nun schon seine Wangen, die runzelig und eingefallen aussahen.
    »Wo ist das Kind?«, fragte er. »Der Krüppel mit dem abscheulichen Gesicht.«
    Long Meg stieß einen

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