Scatterheart
stecken. Sie sehnte sich nach einer Tasse Tee, um sie herunterzuspülen, sagte aber nichts.
James schaute zu, wie sie die erste Scheibe aufaß und sich die zweite nahm. Sie überlegte, ob sie alle drei Scheiben schaffen würde, ohne sich zu verschlucken. Sie räusperte sich.
»Alles in Ordnung?«, fragte James lächelnd.
Er sah so stolz aus. Sie hatte sich Toast gewünscht und er hatte ihn ihr beschafft.
»Alles bestens«, entgegnete Hannah und unterdrückte ein Husten.
James nickte zufrieden. Hannah schluckte krampfhaft und versuchte den trockenen Krümelklumpen aus ihrem Hals zu entfernen. Sie nahm den nächsten Bissen, ihre Augen begannen zu tränen.
James redete und redete, aber Hannah hörte nicht hin. Sie überlegte nur, wie sie flüchten und an einen Schluck Wasser kommen könnte.
»… mein Erbe …«, sagte James, dann blickte er Hannah wieder an. »Ist wirklich alles in Ordnung?«
Hannah stand auf, der Stuhl kippte um. »Verzeihung«, sagte sie und rang nach Luft, »ich muss gehen.«
Beim Verlassen der Kajüte erhaschte sie im Spiegel über dem Waschtisch einen flüchtigen Blick von sich. Ihr Gesicht war gerötet, zum Teil von der Anstrengung, das Husten zu unterdrücken, zum Teil von der Sonne. Auf ihrer Nase schälte sich die Haut. Ihre Wangen waren mit hässlichen braunen Flecken übersät und ihre Lippen rau und aufgesprungen. Die fettigen Haare hatte sie ungekämmt im Nacken zu einem unansehnlichen Pferdeschwanz zusammengebunden. Ihr unförmiges Kleid war von Putzmitteln und Essensresten schmutzig und verfleckt.
»Aber Sie haben Ihren Toast gar nicht aufgegessen«, sagte James. »Es war nicht einfach, ihn für Sie zu beschaffen.«
»Verzeihung«, stieß Hannah noch einmal hervor. Sie wollte gehen, so schnell wie möglich.
James wandte sich achselzuckend zur Seite. »Wie Sie wünschen. Wir sehen uns dann morgen zum Fest.«
Als Hannah ins Orlopdeck zurückkehrte, zitterte und schwitzte Long Meg vor Fieber. Die entzündeten Striemen waren noch stärker angeschwollen und nässten.
Hannah befühlte Megs Stirn. Sie glühte. Hannah holte ihre eigene Bettdecke und deckte Long Meg damit zu. Dann nahm sie Thomas’ Taschentuch, tauchte es in den Wassereimer, der neben ihrem Bett stand, und legte es Long Meg über die Augen.
In dem zufriedenen Gefühl, alles ihr Mögliche getan zu haben, machte sie sich auf die Suche nach Dr. Ullathorne. Seine Räume befanden sich ebenfalls im Orlopdeck, jedoch im vorderen Teil des Schiffs. Hannah musste also erst zum Unterdeck hinauf und dann über eine andere Treppe wieder hinunter zum Orlopdeck.
Von der Arztpraxis abgesehen, gab es in diesem Teil des Schiffes nur Lagerräume, deshalb herrschte hier eine eigenartige Stille. Das Pfeifen des Windes in den Segeln, das Ächzen der Spanten und das Klatschen der Wellen waren nur gedämpft zu hören. Das Geräusch von ihren nackten Füßen auf dem Boden kam Hannah ungewöhnlich laut vor.
Sie klopfte zaghaft an die Tür des Arztzimmers und zuckte zusammen, als von innen ein barsches »Herein« ertönte.
Hannah stieß die Tür auf und trat ein.
Das Arztzimmer war mit Fläschchen und Tiegelchen vollgestopft, die mit Etiketten versehen waren, auf denen Namen wie
Pulvis Humani Cranium
oder
Hirschhornsalz vom Tausendfüßler
standen. Auf einem Tisch an der Wand lag ein sorgfältig angeordnetes Sortiment von Messern und anderen Instrumenten. In einer Ecke befanden sich ein Eimer mit Wasser, eine Liege und ein Stapel Leinentücher. An der hinteren Wand stand ein kleiner metallisch glänzender Operationstisch.
Hannah wunderte sich, dass Dr. Ullathorne nicht allein war. Auch Molly war da. Sie hielt mit der einen Hand ein braunes Glas mit der Aufschrift
Quecksilberamalgam
umklammert und in der anderen einen Löffel. Sie schaute Hannah ein wenig ängstlich entgegen.
Dr. Ullathorne blickte Hannah fragend an.
Die schluckte. »Ich komme wegen Long Meg, Sir. Sie hat Fieber – ich glaube, die Schnitte auf ihren Wangen haben sich entzündet.«
Dr. Ullathorne zog eine Augenbraue hoch und Hannah dachte wieder, dass er einst ein sehr gut aussehender Mann gewesen sein musste.
»Und was soll ich Ihrer Meinung nach tun?«, fragte er.
»Kommen und nach ihr schauen«, antwortete Hannah.
Sie sah Molly unbehaglich an. Diese stand stocksteif und mit weit aufgerissenem Auge da. Dr. Ullathorne warf einen kurzen Blick auf sie, dann wieder auf Hannah.
»Ich bin gerade sehr beschäftigt«, sagte er lächelnd, wobei seine Zahnlücke und die
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