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Scatterheart

Scatterheart

Titel: Scatterheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili Wilkinson
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Türrahmen.
    Zuerst entdeckte sie nur Dr. Ullathorne, der ihr den Rücken zuwandte. In seiner Hand glänzte ein kleines Messer. Er beugte sich vor und hantierte mit etwas, das Hannah nicht sehen konnte. Dann trat er einen Schritt zurück.
    Molly saß reglos auf einem Stuhl. Beide Arme waren an die Armlehnen gefesselt, ihre Handgelenke zeigten nach oben. Auf ihren Armen befanden sich zahlreiche Schnitte in verschiedenen Stadien der Heilung. Manche hatten sich entzündet. Aus einem frischen Schnitt am rechten Arm tropfte Blut in eine Metallschale. Mollys Gesicht war totenbleich.
    Dr. Ullathorne füllte einen Teil des Bluts in ein Glasfläschchen und hielt es ins Licht. Er notierte etwas auf einem Papier, dann verschwand er aus Hannahs Blickfeld. Sie hörte das Klirren von Flaschen und Tiegeln.
    »Was sollen wir diesmal ausprobieren?« Dr. Ullathorne sprach mehr mit sich selbst. »Ammoniak vielleicht? Oder Schwefel? In einem Artikel habe ich gelesen, dass man die Krankheit mit dem Wasser des Opfers heilen kann …«
    Er kam wieder in Sicht, in der Hand ein grünes Glasgefäß mit einer Art Pulver. Er öffnete das Gefäß, entnahm ihm eine Prise und rieb das Pulver in die Wunde. Molly schrie.
    »Interessant.« Dr. Ullathorne notierte wieder etwas.
    Long Meg war neben Hannah getreten.
    »Was macht er da?«, flüsterte diese.
    »Teufelswerk«, murmelte Meg.
    Molly wimmerte und bebte. Dr. Ullathorne zog ein neues Gefäß zu sich heran.
    »Pst, meine Liebe«, sagte er abwesend. »Wir wollen niemanden aufwecken, sonst finden wir niemals das Heilmittel. Du willst doch nicht, dass ich sterbe?«
    Molly biss sich auf die Lippe und schüttelte den Kopf.
    Er öffnete eine Schublade und holte ein hölzernes Kästchen heraus. Er griff nach einer Pinzette und entnahm ihm eine weiße sich windende Made. Molly wimmerte.
    »Sieht hungrig aus, das Kerlchen, nicht wahr, meine Liebe?«, säuselte der Doktor.
    Long Meg drehte sich zu Hannah um und sagte leise: »Das muss aufhören, sofort.« Hannah nickte.
    Dr. Ullathorne steckte die Made tief in Mollys Wunde. Molly biss sich so stark auf die Lippe, dass sie zu bluten begann. Dann holte der Doktor eine lange silberne Nadel und eine Garnrolle.
    »Nicht, dass sie uns entkommt.«
    »Ich lenke ihn ab und du bringst das Kind hier weg«, flüsterte Meg.
    Bevor Hannah etwas erwidern konnte, platzte Meg durch die Tür. »Oh, Doktor!«, schrie sie. »Sie müssen mir helfen, sonst sterbe ich.«
    Dr. Ullathorne fädelte gerade das Garn ein und sah auf. »Du bist das«, sagte er leise.
    Meg warf sich an ihn und fasste ihn am Kragen.
    »Doktor, ich leide an einem gebrochenen Herzen!«
    Ihr Blick zuckte zur Tür. Hannah fuhr zusammen, dann duckte sie sich und huschte hinein. Aufgeregt nestelte sie an den Schnüren, mit denen Molly an den Stuhl gefesselt war.
    »Lass mich los!«, befahl Dr. Ullathorne und versuchte Long Meg abzuwehren.
    »Ja«, heulte Meg, »am gebrochenen Herzen! Wissen Sie, Doktor, ich habe mich eigentlich in Sie verliebt. Sie haben so schöne Augen, so eine freundliche Stimme und so sanfte Streichelhände.«
    Hannah hatte den ersten Knoten gelöst und machte sich an den zweiten.
    »Aber Sie haben mir das Herz gebrochen. Ach, Doktor«, schrie Long Meg und weinte hysterisch. »Ich habe gemerkt, dass Sie nicht der nette, liebevolle Doktor sind, für den ich Sie gehalten habe.«
    Meg streckte ihre Hand aus und riss Dr. Ullathornes Messer an sich.
    »Nein«, sagte sie und ihre Stimme klang mit einem Mal ruhig und drohend. »Sie sind eine ekelhafte, widerlicheMade. Und ich hoffe, dass Sie für jede einzelne Sekunde, die Sie anderen Leid zugefügt haben, bezahlen müssen.«
    Sie holte mit dem Messer aus und zog es über das Gesicht des Arztes. Sie brachte ihm die gleichen Schnitte bei, die sie auf ihren eigenen Wangen trug. Doch bevor sie von Neuem ausholen konnte, packte er sie am Handgelenk und versuchte das Messer an ihre Kehle zu drücken. Sie biss in seine Hand und er schrie vor Schmerz auf. Endlich hatte Hannah den zweiten Knoten gelöst.
    »Meg!«, zischte sie.
    »Geh«, sagte die. »Bring Molly ins Bett.«
    Hannah zögerte einen Augenblick, dann zerrte sie Molly vom Stuhl. Sie schleifte und trug sie halb aus dem Zimmer und die Treppe hinauf zum Unterdeck.
    Sie wollte gerade zu dem Niedergang hinüber, der zu ihrer Seite des Orlopdecks führte, als sie innehielt, sich kurz entschlossen umdrehte und die Treppe nach oben nahm. Sie eilte durch einen Gang zu den Offizierskabinen und klopfte

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