Scepter und Hammer
Apparat emporraffte, waren die Maulthiere zur Stelle und schritten so kontinuirlich weiter, daß er zur Seite geworfen und sein Gefäß umgerissen wurde, so daß die Limonade über die Gasse schwemmte.
Als Ali das Unheil bemerkte, welches er angerichtet hatte, machte er sich eiligst aus dem Staube, und hielt nicht eher an, als bis er um einige Ecken gebogen war. Dort blieb er stehen, um sich den Revers seines beleidigten Körpers zu reiben.
»Allah akbar, Gott ist groß, aber diese Hiebe waren noch größer. Welch ein Glück, daß ich entkommen bin! Hätte mich der Händler festnehmen lassen und angezeigt, so hätte ich ihm seinen ganzen Sorbet bezahlen müssen. Wie es scheint, ist es heut mein Kismet, daß ich die Straße Bab-el-Run nicht finden soll!«
Er schaute sich um und bemerkte einen Wassermann, welcher seinen Esel vor sich hertrieb, an dessen beiden Seiten die offenen Fässer hingen. Er wartete, bis derselbe nahe war und trat ihm dann entgegen.
»Willst Du mir nicht sagen, wo die Straße Bab-el-Run ist, ïa Abd-el-Ma (o Diener des Wassers)?«
Der wie ein Herkules gebaute Mann sah ihn ruhig von unten bis oben an, ergriff dann sein Schöpfgefäß, tauchte es tief in eines der Fässer, so daß es voll wurde, und goß ihm das Wasser in das Gesicht. Dann setzte er, ohne ein Wort zu verlieren, seinen Weg weiter fort, als ob nicht das Mindeste vorgefallen wäre. Ali stand da, als hätte ihn der Schlag gerührt, und es dauerte lange, ehe er auf den Gedanken kam, seine Schärpe abzubinden, um sich mit derselben abzutrocknen. Er befand sich im Bazar der Schneider, und ihm gegenüber lag ein Laden, dessen Besitzer den ganzen Vorgang mit angesehen hatte. Er winkte ihm einzutreten.
»Sallam aaleïkum!« grüßte Ali.
»Sallam, Friede seit mit Dir! Warum begoß Dich dieser Mann mit Wasser?«
»Ich weiß es nicht. Kannst Du es mir sagen?«
»Was sprachst Du zu ihm?«
»Ich frug ihn, wo die Straße Bab-el-Run ist.«
»Bist Du fremd in Assuan?«
»Ja.«
»Wo kommst Du her?«
»Von Kairo.«
»Maschallah, so hat er Dich unschuldig bestraft! Die Straße Bab-el-Run ist dieselbe, in der Du Dich befindest, und der Mann hat geglaubt, Du willst mit ihm scherzen. Was suchst Du in dieser Straße? Ich werde Dich gern berichten.«
»Das Haus des Mudellir.«
»Das liegt sehr weit von hier; Du kannst es an der heiligen Fatha erkennen, welche über dem Thore zu lesen ist. Was willst Du bei Hamd-el-Arek?«
Ali hatte zwar bisher Unglück gehabt, aber er war trotzdem ein schlauer Kopf und besann sich kurz:
»Ich will ihn um Gerechtigkeit bitten.«
»Um Gerechtigkeit?« dehnte der Schneider. »Der Prophet spricht: ›Wenn Du einen Freund findest, so öffne ihm Dein Herz, dann wird Dein Fuß nicht straucheln. Sprich weiter!‹«
»Bist Du mein Freund?«
»Versuche es, so wirst Du es bald sehen! Ich bin ein Freund aller Gerechten, aber ein Feind aller Ungerechten.«
»Ich habe einen Bruder im Wadi-el-Mogreb, welches nicht weit von hier liegt. Er starb und hat mir seine Habe hinterlassen, aber als ich von Kairo in das Wadi kam, da –«
»Da hatte der Mudellir Deine Erbschaft eingezogen?« fiel ihm der Schneider eifrig in die Rede.
»Du sagst es.«
»Und nun willst Du zu ihm gehen und sie von ihm fordern?«
»Sie von ihm fordern!« nickte Ali.
Der Schneider blickte sich vorsichtig um, legte dann die Hand an den Mund und flüsterte:
»Weißt Du, was Du bekommst?«
»Was?«
»Die Bastonnade, aber von Deiner Erbschaft nicht so viel, wie ein Durrhakorn (Hirsekorn) groß ist. Gehe nicht zu ihm, sondern kehre eilends nach Kairo zurück!«
»Sagst Du die Wahrheit?«
»Ich sage sie, denn ich kenne den, von dem Du sprichst. Er hat ein ganzes Jahr lang seine Gewänder bei mir genommen, und als ich kam und ihn demüthig um Zahlung bat, kannte er mich nicht und ließ mich in den Bock spannen. Meine Zahlung habe ich redlich erhalten, denn für jedes Silberstück, welches ich verlangte, bekam ich einen Bastonnadenstreich! Allah i charkilik, Gott verbrenne ihn!«
»Und die Tochter meines Bruders ist auch mit verschwunden.«
»Maschallah, ist das wahr? So hat er sie in sein Harem gesteckt! Die schönsten Jungfrauen des Bezirkes treibt er zusammen, obgleich Sada, seine Frau, nichts davon erfahren darf. In dem Hause, welches ich Dir beschrieb, werden sie eingeschlossen; ich weiß das ganz genau, denn meine Schwester gehört zu den Hüterinnen der Frauengemächer.«
»Kommt sie zuweilen, Dich zu besuchen?«
»Sie kommt täglich,
Weitere Kostenlose Bücher