Scepter und Hammer
im Innern und auf dem Decke des Sandals vorgenommen werden mußten. Kurz vor Mittag aber verließ er mit Ali das Fahrzeug und begab sich trotz der außerordentlich drückenden Sonnenhitze nach dem Garten des Statthalters. Sie kamen unangefochten bei der ihnen angewiesenen Stelle an und suchten sorgfältig die Umgebung ab, um sich zu vergewissern, daß kein Lauscher vorhanden sei. Dann traten sie an den Punkt, wo sich der bezeichnete Baum über die Mauer erhob.
»Ich muß auf Deine Achseln treten, Ali!«
»Maschallah, das ist mir lieber als auf die Nase! Ich werde Dich schon erhalten können, Sihdi!«
»Herunter springe ich ohne Deine Hilfe. Du steckst Dich bis dahin unter jenen Busch, um das Terrain zu beobachten. Wenn Du etwas Verdächtiges bemerkst, stößest Du den Schrei des Geiers aus.«
»Den bringe ich fertig, Sihdi; wenn ich aber ›Lubeka Allah Hümeh‹, den Gesang der Pilger, anstimmen sollte, so müßten wohl einige Töne über Bord geworfen werden. Doch, hier stehe ich, fest und sicher wie ein Elephant. Willst Du aufsteigen?«
»Ja, komm!«
Er schwang sich auf die Schultern des Dieners und konnte von hier aus gerade den oberen Rand der Mauer erfassen. Ein fester Griff, eine gewandte Volte und er saß oben.
»Hamdullillah, Preis und Dank sei Gott, daß ich nicht droben bin! Ich käme nicht so leicht wieder herab, und wenn ich auch meinen langen Namen als Seil gebrauchen wollte,« klang es von unten herauf; dann schlüpfte Ali hinter seinen Busch.
Katombo nahm zunächst eine solche Stellung unter den Zweigen ein, daß er nicht so leicht bemerkt werden konnte; dann blickte er hinab in den Garten.
Eine weiße Gestalt kam langsam den Gang daher. War es die Erwartete oder nicht? Er hatte vergessen der Haremshüterin seinen Namen zu sagen, und daher war es leicht begreiflich, wenn Sobeïde nur mit Mißtrauen auf das Abenteuer einging.
Er bemerkte, daß die Gestalt durch den Schleier hindurch die Stelle, an welcher er sich befand, sorgfältig musterte, und beschloß, sich durch ein kleines Wagniß Gewißheit zu verschaffen.
»Katombo!« rief er so laut, daß nur sie es noch zu hören vermochte.
Beim Klange dieses Namens zuckte sie zusammen, warf einige rasche Blicke umher und kam dann herbeigeeilt.
»Katombo, bist Du es wirklich?«
»Ich bin es. Doch blicke nicht empor, sondern thue, als ob Du Blüthen pflücktest! Daheim ist alles wohl. Vater und Schwestern lassen Dich grüßen. Ich habe Deinen Aufenthalt entdeckt und bin gekommen, Dich zu retten.«
»Das ist unmöglich.«
»Warum?«
»Ich muß noch heute Nacht zu Schiffe; der Mudellir schleppt mich nach Kairo.«
»Dich allein?«
»Ja!«
»Dann ist Alles gut; denn er fährt mit meinem Sandal.«
»Allah kerihm, Gott ist gnädig!«
»Du wirst neben der Kajüte untergebracht. Ich habe an der Seite nach dem Raume zu ein Brett locker gemacht, damit wir mit einander reden können. Hüte Dich eine Bewegung zu machen, aus der er sieht, daß Du mich und die Leute kennst!«
»Hast Du ein Messer bei Dir?«
»Ja.«
»Wirf es mir herab!«
Er zog es aus dem Gürtel und ließ es hinunterfallen.
»Hier nimm; doch ich hoffe, daß Du es nicht brauchst!«
Ein leiser Ruf erscholl.
»Die Hüterin gibt mir das Zeichen. Lebe wohl!«
»Friede und Hoffnung sei mit Dir!«
Sie eilte davon, und Katombo sprang von der Mauer herab. Ali kam aus dem Busche hervor.
»Du hast sie gesehen?«
»Ja.«
»Und mit ihr gesprochen, Sihdi?«
»Ja.«
»Hat sie nichts von mir gesagt?«
Katombo mußte über die trockene Naivetät des Dieners lachen.
»O doch!«
»Was sagte sie, Sihdi? Sage es schnell!«
»Sie frug mich, warum Du heute morgen so naß gewesen bist.«
Ali blickte verlegen vor sich nieder.
»Hatte Dich vielleicht wieder El Timsach, das Krokodil, in das Wasser gezogen?«
»Nein, Sihdi. Es war eine fürchterliche Ueberschwemmung in der Straße Bab-el-Run, von der ich Dir ein ander Mal erzählen werde.«
»Gut; ich kann warten. Aber jetzt komm! Wir sind hier keineswegs in Sicherheit.«
Sie verließen den Ort und kehrten in einem weiten Bogen nach dem Flusse zurück.
Im Laufe des Nachmittags kamen alle nöthigen Reiserequisiten auf dem Sandal an, und während des Lärmens, welcher bei der Zurichtung des Schiffes unvermeidlich war, konnte das kleine Geräusch nicht auffallen, welches Katombo dadurch verursachte, daß er noch einige Bretter an der Koje lockerte, in welcher Sobeïde untergebracht werden sollte. Auch einen Riegel brachte er an, durch
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