Scepter und Hammer
der Riese, »ist das hier eine Zucht und Unordnung!«
»Was?«
»Daß diese Wagen vorübersegeln, ohne zu fragen, ob es noch andere Kreaturen gibt, die auf Erden wandeln. Dieser letzte hätte mich beinahe über den Haufen gerissen, und ich bin mit Koth bespritzt von der Mastspitze an bis zum Kiele herab.«
»Geht wieder weg!«
»Aber mein schönes neues Tuch! Das Wasser thut nichts, aber dieser Dreck. Wer soll morgen noch die Blumen und Guirlanden erkennen! Aber weiter mit Deiner Insel!«
»Gut also! Diese Höhle zu finden, macht mir keiner nach, und auch ich hätte sie nicht entdeckt, wenn mich nicht dieser Zufall hingeführt hätte.«
»Aber warum nahmst Du nicht alle Steine und das ganze Gold mit fort?«
»Das hätte mir sehr verhängnißvoll werden können. Ich hatte mir nur einige Proben des Schatzes mitgenommen, als ich in meine Hütte zurückkehrte, und bereits am andern Morgen kam das Schiff in Sicht, welches mich nachher aufnahm. Konnte ich mehr holen? Die Leute wären mir gefolgt und hätten meinen Schatz ganz sicherlich entdeckt.«
»Das ist wahr. Aber ist er denn wirklich so bedeutend?«
»Ich verstehe mich nicht darauf ihn abzuschätzen, aber nach dem, was ich für den einen Rubinen nur erhalten habe, der mir gewiß nicht hoch genug bezahlt worden ist, sind viele Millionen vorhanden.«
»Heiliges Mars-und Brahmenwetter, da wollte ich doch gleich, daß ich auch einmal über diese Juweleninsel hinwegstolperte!«
»Sind wir hier zu Lande fertig, so fahren wir hin, Steuermann, und holen die Steine.«
»Aber wenn Dir etwas passirt? Die Zeiten sind so, daß man seine Schiffsbücher sehr in Ordnung halten sollte.«
»Ist bereits geschehen. Im Rücken meiner Weste sind einige Papiere eingenäht, die Alles enthalten, was zu wissen nothwendig ist. Sollte mir etwas passiren, so bist Du der Vollstrecker meines Testamentes. Auch Zarba weiß davon; sie hat die Abschriften in der Tannenschlucht versteckt.«
»Still, Bootsmann, vom Testamente! Ich mag nichts erben und habe auch gar nicht gemeint, daß gerade Dich ein Unglück ansegeln soll. Aber dort guckt ein Licht zwischen den Bäumen heraus. Sollte da der Hafen sein, in den wir einlaufen müssen?«
»Jedenfalls, wenn die Beschreibung stimmt.«
»Also wie heißt der Kerl, an den wir uns zu wenden haben?«
»Karl Goldschmidt.«
»Und was für ein Wort müssen wir sagen?«
»Es sind zwei. Vor der äußeren Thür ›Vergeltung‹ und vor der zweiten ›Rache.‹ Bei zwei Stichworten hat man eine größere Sicherheit als bei nur einem.«
»Natürlich. Hier scheint der Weg abzuzweigen. Also hinüber nach Steuerbord!«
Sie kamen an ein Gebäude, welches eine sehr breite Fronte hatte. Dennoch war nur ein einziges Fenster erleuchtet, aber so scharf, daß die Strahlen des Lichtes weit hinaus auf die Straße fielen. Die Thür war verschlossen. Karavey klopfte an. Nach einigen Sekunden ließen sich Schritte hören, welche sich von innen der Thür näherten.
»Wer klopft?«
»Gäste.«
»Weshalb?«
»Zur Vergeltung.«
Der Riegel wurde geöffnet.
»Eintreten.«
Es war vollständig finster im Flur, so daß sie die Person nicht erkennen konnten.
»Wohin?« frug Karavey.
»Ah, Ihr seid noch nicht dagewesen?«
»Nein.«
»So!« klang es zurückhaltend. »Geradeaus trefft Ihr den Eingang.«
Sie tasteten sich im Dunkel vorwärts, bis sie an eine Thür kamen; dort klopften sie wieder an.
»Wer ist da?« klang es von Innen.
»Gäste.«
»Ihr wollt herein?«
»Ja.«
»Wozu?«
»Zur Rache.«
»Kommt!«
Die Thür wurde aufgemacht, und sie traten in ein kleines Gemach, in welchem eine bedeutende Zahl abgelegter Röcke, Mäntel, Hüte und Schirme errathen ließ, daß sehr viele Leute vorhanden seien. Der Mann, welcher ihnen geöffnet hatte, betrachtete sie verwundert und beinahe mißtrauisch.
»Wer seid Ihr?«
Diese Frage schien nicht nach dem Geschmacke des Steuermanns zu sein.
»Heiliges Mars-und Brahmenwetter, sehen wir etwa aus wie Verräther und Spitzbuben! Wir haben die Parole, und damit basta! Wo ist die Versammlung?«
Während dieser Worte hatte er sein Umschlagetuch abgenommen, so daß der Thürhüter seine Gestalt und seinen Habitus sehr eingehend mustern konnte. Er lächelte.
»Alle Teufel, seid Ihr ein forscher Kerl! Ihr waret Beide noch nie hier, und da wird man wohl fragen können, wer Ihr seid. Es ist dies sogar meine Pflicht.«
»Schön. Ich heiße Balduin Schubert und bin Steuermann auf Seiner Norländischen Majestät
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