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Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Kriegsschiffe Neptun; dieser Mann ist mein Freund, der Bootsmann Karavey.«
    »Schön. Ihr seid Freunde und könnt durch jene Thür eintreten, Vorher aber möchte ich Euch fragen, ob Euch irgend ein besonderer Umstand herführt.«
    »Werdet es wohl noch erfahren!«
    Er warf sich das nasse Tuch über die eine Achsel und schritt zu der bezeichneten Thür. Der Bootsmann folgte. Sie traten in einen hell erleuchteten saalähnlichen Raum, dessen sämmtliche Fenster so dicht verhangen waren, daß sicherlich von außen kein Lichtstrahl zu bemerken war. Auf den vorhandenen Bänken und Stühlen saßen wohl mehrere hundert Personen, welche den verschiedensten Ständen anzugehören schienen. Sogar Offiziere waren vorhanden, wie man, obgleich sie Civil trugen, an ihrem Aeußeren erkennen konnte. Im Hintergrunde war eine Rednertribüne errichtet, auf welcher ein junger Mann stand, der soeben einen Vortrag beendigt zu haben schien, dessen Wirkung eine außerordentliche war, denn alle Hände klatschten und alle Stimmen vereinigten sich zu einem rauschenden Beifallssturme.
    Kellner liefen geschäftig hin und her, um die geheimnißvollen Gäste zu bedienen, und das war ein Anblick, bei welchem sich die Miene des Steuermannes sichtlich erheiterte.
    »Komm, Bootsmann! Hier ist noch Platz. Heut ist Grogwetter. Nimmst Du einen mit?«
    »Ja.«
    »Kellner!«
    Der laute Ruf dieser Stimme war bei der nach dem Applaus eingetretenen Stille über den ganzen Raum hin zu vernehmen, und Aller Augen wandten sich den zwei Männern zu, deren Eintritt man gar nicht bemerkt hatte. Das Aeußere derselben erregte auch hier eine bemerkbare Verwunderung.
    Der Kellner erschien.
    »Sie wünschen?«
    »Zwei Grogs und Auskunft.«
    »Auskunft worüber?«
    »Ist ein Mann zugegen, welcher Karl Goldschmidt heißt?«
    »Ja. Es ist der Herr, welcher soeben gesprochen hat.«
    »Wir haben mit ihm zu reden.«
    »Mit ihm? Dem Präsidenten?«
    »Ja. Schicken Sie ihn her!«
    Der Literat Goldschmidt, ganz derselbe, welcher jenes unglückliche Rencontre mit dem wilden Prinzen gehabt hatte, war vom Podium gestiegen und kam, als ihm der Kellner den Wunsch der Beiden gemeldet hatte, herbei. Sein Gesicht war noch sehr bleich, ganz wie das eines Mannes, der erst vor Kurzem von einer schweren Krankheit genesen ist und sich noch nicht vollständig erholt hat. Er reichte den Beiden freundlich die Hand.
    »Sie sind Eingeweihte?«
    »Ja.«
    »Aber keine Führer, denn sonst müßte ich Sie kennen. Hier verkehren nicht gewöhnliche Mitglieder, sondern nur die Führer, und daher vermuthe ich, daß Sie Boten irgend eines Bruders sind.«
    »Boten sind wir allerdings,« antwortete Karavey, »aber nicht von einem Bruder, sondern von einer Schwester.«
    »Von einer Schwester?« frug Goldschmidt freudig überrascht. »Wir haben nur eine einzige Schwester, und erwarten von ihr allerdings wichtige Botschaften.«
    »Zarba?«
    »Ja. Ihr kommt von ihr?«
    »Von ihr. Ich habe diesen Brief an Sie abzugeben.«
    Goldschmidt nahm ihn in Empfang, öffnete und las ihn. Seine Augen leuchteten auf; er eilte davon und betrat die Tribüne.
    »Meine Brüder. Soeben ist mir ein Schreiben unserer geheimnißvollen Anführerin zugegangen, welches unserem Warten ein Ende macht und uns zum schleunigsten Handeln auffordert. Die Truppenbewegungen an der Grenze haben nicht den Zweck der Uebung, sondern sie bedeuten eine Invasion nach Norland. Der Aufstand dort ist bis in das Kleinste eingeleitet, und das geringste unvorhergesehene Ereigniß kann den Schneeflocken bewegen, welcher zur Lawine wird. Halten wir uns daher bereit. Die Erhebung unseres Nachbarvolkes ist eine künstlich vorbereitete, nicht eine aus gerechtfertigten Ursachen sich natürlich entwickelnde wie die unsrige. Der Herzog von Raumburg trachtet nach dem Throne; er will ihn auf dem Wege der Revolution beschreiten. Er wird Tausende um Freiheit, Glück und Leben bringen, ohne seinen Zweck zu erreichen, denn die Regierung kennt seine Umtriebe und wird ihn mit seiner eigenen Waffe schlagen. Die beiden unter dem Prinzen Hugo stehenden Armeekorps sind bestimmt, auf den ersten Ruf Raumburgs in Norland einzurücken und ihn zu unterstützen, während unser übriges Militär bereit steht, nachzufolgen. Wir sind klüger und vorsichtiger gewesen als dieser Herzog, der sein Volk dem angestammten Könige entfremdete, um selbst zum Herrscher und Tyrann zu werden. Kein Uneingeweihter ahnt, daß im Innern Süderlands selbst das Feuer glimmt, welches da drüben mit Gewalt

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