Scepter und Hammer
ihr Böses geschehe. Daher kehrte ich trotz aller Gefahr in das Land zurück, ward aber ergriffen und für lange Zeit in das Gefängniß gesteckt. Als ich es verließ, erhielt ich doch meine Freiheit nicht wieder, denn ich wurde auf ein Schulschiff transportirt, welches ich lange Jahre nicht verlassen durfte. Ich wurde zu den niedrigsten Diensten kommandirt, und als man mich endlich auf ein Kriegsschiff versetzte, auf welchem ich als Leichtmatrose angestellt wurde, geschah es unter der strengen Weisung, daß ich niemals die Erlaubniß bekommen solle, an das Land zu gehen. So habe ich ein langes Leben als Gefangener zur See verbracht, bis wir einst geentert wurden und die Flagge streichen mußten. Hierdurch erhielt ich meine Freiheit wieder, nahm bei verschiedenen Nationalitäten Dienste und suchte dabei immer nach einer Gelegenheit, wieder in die Heimath zu kommen, um mit dem Herzoge abzurechnen. Das ist mir jetzt gelungen. Ich habe meinen Namen nicht verändern können, aber das Alter und die Anstrengungen haben das Ihrige gethan; Es wird mich Niemand wiederkennen, und ich kann ohne Sorge ein Land betreten, welches mir bei Todesstrafe verboten wurde.«
»Das sind ja ganz verteufelte Geschichten, Bootsmann, die Du mir da erzählst! Es ist Dir verdammt schlimm ergangen, Alter, doch das wird nun wohl anders werden. Ich bin Dein Freund, das weißt Du, und was ich habe, das ist Alles auch Dein Eigenthum. Ich muß Dir nämlich sagen, daß ich Zeit meines Lebens sehr sparsam gewesen bin und ein Sümmchen besitze, um welches mich mancher Mann beneiden würde. Darum meine ich, daß –«
»Stopp, Alter, so ist es nicht gemeint! Ich kann und werde von Dir niemals auch nur einen Pfennig annehmen, denn –«
»Heiliges Mars-und Brahmenwetter, was fällt Dir ein, Bootsmann! Glaubst Du etwa, der Steuermann Balduin Schubert von Seiner Majestät Kriegsschiff Neptun nenne sich den Freund eines braven Mannes, ohne es auch zu sein, he? Als wir im indischen Meere an der Felseninsel strandeten, auf welcher Du als Einsiedler lebtest, hast Du mich alten Narren beinahe aus dem Rachen des Haifisches gezogen, der so ganz absonderlichen Appetit auf mein Fleisch hatte; das konntest Du getrost bleiben lassen, wenn Du jetzt nicht mit mir theilen, sondern lieber verhungern willst!«
»Weißt Du so genau, daß ich hungern werde?«
»Ja! Du hast ja niemals eine Löhnung bekommen, und von den zwei oder drei Schiffen, deren Bord Du nach Deiner Befreiung betreten hast, wird Dir wohl nicht viel klingendes Andenken übrig geblieben sein.«
»Von ihnen nicht, aber von der Insel.«
»Von der Insel? Wieso?«
»Schau her!«
Der Zigeuner griff unter die Weste und zog ein ledernes Beutelchen hervor, welches er öffnete. Sein Inhalt bestand in Steinen, welche auf den ersten Anblick vollständig werthlos erscheinen mochten.
»Steine?« meinte der biedere Steuermann kopfschüttelnd. »Was willst Du mit ihnen, he?«
Der Andere lächelte selbstbewußt.
»Für was hältst Du diese Steine?«
»Für – nun, alle Wetter, für Steine natürlich!«
»Das sind sie allerdings, aber was für welche! Hier diese acht sind Diamanten, deren kleinster jedenfalls mehr werth ist, als alle Deine sauer erworbenen Ersparnisse. Die andern sind Rubine, Saphire und Topase, für welche mir jeder Juwelenhändler so viel zahlt, daß ich nicht Noth zu leiden brauche, selbst wenn ich tausend Jahre alt werden sollte.«
»Heiliges Mars-und Brahmenwetter! Ist das wahr?«
»Weßhalb sollte ich Dich belügen?«
»Allerdings! Aber sage, Du Glückskind, wie bist Du denn eigentlich zu diesen Kostbarkeiten gekommen?«
»Das sollst Du ganz gewiß erfahren, doch jetzt ist keine Zeit dazu, denn mir klebt vor Durst und Hunger die Zunge am Gaumen, und dort das einsame Häuschen scheint ein Krug zu sein, in welchem wir bekommen können, was wir brauchen.«
»Hast Recht, alter Seebär. Auch mir ist es inwendig wie einem Dreimaster, der ohne Ladung und Ballast auf den Wogen schlingert und jeden Augenblick kentern kann. Ich muß mir irgend Etwas in die Luke gießen und hoffe, daß es nichts ganz Schlechtes sein werde!«
Sie traten in die niedrige und arg verräucherte Gaststube des Kruges und fanden zwei Tische vor, deren einer bereits von zwei Männern besetzt war, welche die Neuangekommenen mit neugierigen Blicken musterten. Die seltsame Kleidung des Steuermanns mochte ihr Erstaunen erregen.
Der Wirth brachte auf Wunsch des Letzteren reichlich Speise und Trank herbei, denen die beiden
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