Schach mit einem Vampir
ebenfalls in solch eine Bestie zu verwandeln. Das Zerstören des Herzens ist die sicherste Methode, um diese Blutsauger zur Strecke zu bringen. Also, entweder man entfernt das Herz aus dem Körper, um sie unschädlich zu machen, oder man treibt dem Vampir einen Pflock dadurch. Doch mit einem Stück Holz kann man das Organ verfehlen. Also geht unser Verdächtiger vielleicht gründlicher vor und schneidet es dem Opfer zur Sicherheit gleich ganz aus dem Körper.“
„Professor“, unterbrach Fraizer unvermittelt Ashwill und wurde dabei kreidebleich. Denn plötzlich fiel ihm wieder der Leichnam von Ben Black in Harlem ein. Er hatte ihn zum letzten Mal unversehrt gesehen, bevor der Schachspieler ihn entstellte und in Brand setzte. „Wie würden die Wundmale, also der Biss eines Vampirs, aussehen? Wie saugt er seinen Opfern das Blut aus dem Körper? Ist das so wie in den alten Draculafilmen mit Bela Lugosi oder Christopher Lee?“ Gespannt wartete er auf eine Antwort.
„Ja, könnte man so sagen“, antwortete der Professor nachdenklich. „Wenngleich es sicher im Film etwas, wie soll ich sagen, kultivierter zugeht als in der Realität. Der Vampir im Film geht auf das Opfer zu, zieht es mit suggestiven Fähigkeiten in seinen Bann. Er weckt bei den weiblichen Opfern sogar noch eine sexuelle Begierde. Sie lassen sich dann meist sanft in ihren Hals beißen und finden es noch erregend. Doch bedenken Sie, junger Mann, starke, spitze Reißzähne, ähnlich denen eines Raubtiers, dringen brutal in ihr Fleisch ein, zerfetzen ihre Halsschlagader. Stellen Sie sich die grausamen Schmerzen vor, die sie dabei erleiden müssen. Dann wird unaufhaltsam ihr Blut aus dem Körper gesaugt, während sie mit ihrer letzten Kraft versuchen, sich der Bestie zu entziehen. Doch vergeblich. Und die Ironie bei der ganzen Sache ist: Ihr eigenes Herz hilft ihrem Peinigernoch dabei sie auszusaugen, bis es seinen Dienst schließlich einstellt. Denn in der Sekunde der Panik und der Schmerzen rast es unvorstellbar schnell und pumpt ihr Blut mit maximaler Geschwindigkeit durch ihre Adern. Unmengen von Adrenalin werden ausgeschüttet. Sie werden wahnsinnig vor Schmerzen und vor Angst. Sie sind vollkommen hilflos. Sie können die Kreatur nicht einmal abwehren. Vampire bewegen sich schnell und sind viel stärker als Menschen. Sie sehen also, in den Vampirfilmen wird der Vampirismus romantisiert und verfehlt die tatsächliche Realität um ein Vielfaches. In Wirklichkeit handelt es sich um eine brutale, rasende Bestie, die nur auf ihr Blut aus ist. Sie fragten mich nach der Wunde, die bei einem Biss entsteht? Nach dem Vampirzeichen , wie man es nennt? Es ist ein Einbiss am Hals des Opfers, im Bereich der Halsschlagader. Eine starke Rötung mit den Abdrücken von Zähnen, aufgerissene Haut und eine klaffende Fleischwunde wären möglich. An den Stellen, wo sich die Eckzähne des Vampirs befinden, würde das Gewebe des Opfers aussehen, als ob man es mit einem Messer eingeschnitten hätte.“ Fraizer war in den letzten Minuten ruhig und aschfahl geworden. Er hatte die beschriebene Wunde am Hals des schwarzen Barbesitzers gesehen. Doch das nachträglich gelegte Feuer hatte dann diese Wunde verbrannt, sodass selbst Dr. Goldstein diese Verletzung nicht aufgefallen war.
Genauso wie es auch schon bei den vorherigen Opfern passiert war. „Mister Fraizer. Wenn mir jemand solch ein Vampirzeichen an den Opfern des Schachspielers bestätigen könnte, gäbe es für mich absolut keinen Zweifel mehr daran, dass es sich bei dem Verbrecher um einen Untoten, um einen Vampir handelt.“ Der Privatermittler schluckte.
„Professor Ashwill, ich bin solch ein Zeuge. Ich sah das Wundmal an einem der Opfer, bevor der Täter es verbrannte.“ Der behinderte Wissenschaftler setzte sich in seinem Rollstuhl kerzengerade auf. Fraizer berichtete Ashwill von seinem Abenteuer in Harlem.
„Dann ist es also wahr. Mein Verdacht trifft zu. Das Monster verwischt seine Spuren durch Feuer. Und die heutigenMenschen denken nicht einmal an die Möglichkeit seiner Existenz. Er muss unbedingt gestoppt werden, sonst gehen die Morde noch unendlich lange weiter. Mr. Fraizer, ich flehe Sie an. Sie sind zu mir gekommen, zweifelnd, aber unvoreingenommen, denn sonst wären Sie gar nicht geblieben, als ich Ihnen vom Vampirismus erzählte. Sie sind es, der den Vampir zur Strecke bringen muss. Sie müssen ihn vernichten!“
„Ich, Professor? Wenn ich ehrlich bin, kann ich es immer noch nicht ganz glauben.
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