Schachfigur im Zeitspiel
Sternenwirbel, dem er sich gegenüber sah, beruhigte sich allmählich. Ein Lichtfleck begann zu wachsen, und er identifizierte ihn als den Mars.
»Neben Ihrer linken Hand finden Sie einen Alarmknopf«, sagte die Maschine unvermittelt. »Wenn Sie feststellen, daß es Ihnen entweder an angemessener Belüftung oder an Wärme fehlt, drücken Sie bitte diesen Knopf.«
Für alle anderen Gefahrensituationen, dachte Parsons, gibt es wahrscheinlich keine Vorkehrungen. Dieses Schiff befördert mich zum Mars, explodiert, wenn jemand versucht, sich irgendwo daran zu schaffen zu machen, versorgt mich mit Luft und Wärme und damit ist seine Aufgabe erledigt.
Das Innere wie das Äußere waren von abgenutzter Beschaffenheit. Das Schiff hat seine Reise viele Male gemacht, stellte er fest. Es hat eine ganze Menge Leute von der Erde zu den marsianischen Siedlungen transportiert. Hin und her. Es war eine Fähre, die zu ungeraden Stunden verkehrte.
Der Mars wuchs weiter. Er schätzte die Zeit. Etwa eine halbe Stunde dürfte vergangen sein. Es macht gute Fahrt und liegt perfekt in der Zeit, dachte er.
Und dann verschwand der Mars vom Schirm.
Die Sterne hüpften, er spürte ein Vakuum in sich, als würde er fallen. Die Sterne rasteten wieder ein, und das Gefühl verschwand fast so schnell wieder, wie es aufgetaucht war.
Aber auf dem Schirm sah er keinen Zielpunkt mehr. Nur schwarze Leere und die fernen Sterne. Das Schiff bewegte sich weiter, aber jetzt hatte er keine Konstante mehr, an der er sich orientieren konnte.
Ihm gegenüber klickte die Maschine und sagte in ihrer aufgezeichneten menschlichen Stimme: »Wir haben annähernd die Hälfte des Fluges zurückgelegt.«
Irgend etwas ist schiefgegangen, erkannte Parsons. Dieses Schiff ist nicht mehr zum Mars unterwegs. Und das schien dem selbstregulierenden Mechanismus des Roboters nichts auszumachen.
Voller Panik dachte er: Der Mars ist verschwunden!
Etwas mehr als eine halbe Stunde später verkündete die Maschine: »Wir landen gleich. Machen Sie sich auf eine Reihe von Erschütterungen gefaßt, wenn sich das Schiff anpaßt.«
Außerhalb des Schiffes – nur Leere.
Das also haben Stenog und die Leute von der Regierung im Sinn, dachte Parsons. Sie denken nicht daran, mich in irgendeine ›Strafkolonie‹ zu stecken. Dies ist eine Fähre, die mich draußen im Raum hinauswirft – in den Tod.
»Wir sind gelandet«, sagte die Maschine. Und dann korrigierte sie sich. »Wir landen gleich.« Mehrere Summ töne gingen von ihr aus, und obwohl die Stimme dieselbe verhaltene Zuversicht ausdrückte, war Parsons der Meinung, daß auch die Maschine aus der Bahn geworfen war. Vielleicht war diese Situation nicht beabsichtigt oder zumindest nicht von den Erbauern des Schiffes vorgesehen gewesen.
Sie ist verwirrt, stellte er fest. Sie weiß nicht, was sie tun soll.
»Das ist nicht der Mars«, sagte Parsons laut.
Aber während er sprach, erkannte er, daß sie ihn nicht hören konnte: Sie war nur Automat, nichts Lebendiges.
»Wir hängen im Nichts«, sagte er.
Die Maschine sagte: »Von hier aus werden Sie den örtlichen Behörden überstellt. Der Flug ist beendet.« Dann verstummte sie. Er sah ihr wirbelndes Inneres zur Unbeweglichkeit erstarren. Sie hatte ihren Auftrag erfüllt – oder bildete sich zumindest ein, sie habe ihren Auftrag erfüllt.
Das Eingangsschott des Schiffes schwang zurück, und Parsons starrte in die Leere hinaus. Ringsum begann die Atmosphäre fauchend aus dem Schiff zu entweichen, strömte durch die offene Schleuse hinaus. Sofort sprang eine helmartige Einheit aus dem Sitzelement, auf dem er angeschnallt war und fiel ihm in den Schoß. Gleichzeitig erwachte die Maschine wieder zum Leben.
»Notfall«, sagte sie. »Legen Sie sofort die Schutzausrüstung an, die in Ihre Reichweite gebracht wurde. Zögern Sie nicht!«
Parsons zögerte keine Sekunde lang. Aber die Gurte ließen kaum zu, daß er die Einheit überstreifte. Als die letzte Luft aus dem Schiff strömte, hatte er die Einheit gerade angelegt. Schon begann sie zu pumpen, und er genoß die abgestandene, kühle Luft.
Die Wände des Schiffes glühten rot. Zweifellos versuchte ein Notfall-Mechanismus die Wärmeverluste auszugleichen.
Nach Parsons Schätzung blieb die Schiffsschleuse etwa fünfzehn Minuten lang offen. Dann glitt das Schott ganz plötzlich wieder zu.
Ihm gegenüber klickte die Maschine, und in ihrem Schädelteil wirbelte das denkende Gewebe in seiner Nährflüssigkeit herum. Aber die
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