Schachfigur im Zeitspiel
Weg zurückbringe?« fragte sie, nachdem sie sich vor die Kontrollen gesetzt hatte. »Oder gibt es in unserem Zeitalter etwas, was du brauchst? Deinen Instrumentenkoffer habe ich dabei.« Sie zeigte hin, und er sah den vertrauten grauen Koffer auf dem Boden des Zeitschiffes.
Unter Schwierigkeiten sagte er: »Ich würde gern für eine kleine Weile in das Landhaus zurückkehren. Ich möchte mich waschen, meine Kleider wechseln, mich ausruhen. In dieser Aufmachung will ich nicht zu meiner Familie zurückkehren.« Er zeigte auf das zerfetzte Fellkostüm und die Reste der Färbung. »Sie würden denken, ich sei ein aus dem Zoo entflohener Wilder.«
»Natürlich«, sagte Loris in ihrer formellen, sachlichen Art und mit der aristokratischen Höflichkeit, mit der er so vertraut geworden war. »Wir werden in meine Zeit zurückkehren, und du wirst alles bekommen, was du brauchst. Natürlich mußt du dich versteckt halten. Niemand außer mir darf dich sehen, aber das verstehst du bestimmt. Ich bringe dich direkt in mein Apartment.«
»Fein«, sagte er. Und in einem Ansturm von Elendsempfindungen dachte er: Ich kehre wegen ihres Vaters zurück, um das zu vollenden, was ich vollenden muß. Was wird sie empfinden, wenn sie es je herausfindet? Vielleicht findet sie es nie heraus. Wenn ich auch nur für eine Sekunde von der Zeitmaschine Gebrauch machen kann …
Sie hat mich gerettet, dachte er. Sie hat mich gerettet, damit ich ihren Vater zum zweitenmal ermorden kann.
Schweigend saß er da und sah zu, wie sie die Kontrollen bediente.
16
Das Zeitschiff kam in einem mit Pflastersteinen ausgelegten Innenhof zum Stillstand. Als Parsons ins Freie trat, sah er die eisernen Geländer vorgewölbter Balkone und feuchtes Laub. Dann führte ihn Loris durch eine Tür und einen verlassenen Korridor entlang.
»Dieser Teil des Landhauses«, sagte sie über die Schulter zurück zu ihm, »gehört mir, deshalb brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Hier wird uns niemand belästigen.«
Bald darauf lag er in einer Badewanne voll heißem Wasser, den Kopf an den Porzellanrand gelehnt, die Augen geschlossen, und genoß den Duft von Seife und den Frieden und die Stille des Raumes.
Beinahe im gleichen Augenblick ging die Tür auf, und Loris trat mit einer Annladung Waschlappen und Handtücher ein. »Tut mir leid, wenn ich dich störe«, sagte sie, während sie ein flauschiges weißes Badetuch über ein Wandgestell hängte.
Er antwortete nicht. Er öffnete nicht einmal die Augen.
»Du bist müde«, sagte sie und unterbrach ihre Tätigkeit. »Ich weiß jetzt, weshalb dich keiner unserer Signalgeber erreicht hat.«
Daraufhin öffnete er die Augen.
»Diese erste Reise, die du unternommen hast«, erklärte sie. »In die ferne Zukunft. Als du nicht wußtest, wie man das Schiff steuert.«
»Was ist mit den Signalgebern passiert?«
»Helmar hat sie zerstört«, sagte sie.
»Warum?« fragte er, plötzlich hellwach.
Sie wischte ihre langen schwarzen Haare aus dem Gesicht zurück und sagte ruhig: »Wir haben jede nur erdenkliche Möglichkeit erforscht, die Kette an irgendeiner Stelle zu durchbrechen. Du verstehst – nur sehr wenige von uns hegen dir gegenüber irgendwelche freundlichen Gefühle.« Sie zögerte und betrachtete ihn, wie er in der Wanne lag. »Seltsam«, sagte sie, »dich wieder hier zu haben. Du wirst die Nacht bei mir verbringen, nicht wahr?«
Er sagte: »Helmar hat also getan, was er nur konnte, um mich in der Zukunft gefangenzuhalten.« Er dachte: Die Vergangenheit von Nova Albion war nicht schlimm genug für mich. Als er sich an die unwirtlichen Ebenen der zukünftigen Erde erinnerte, schreckte er zusammen. Und sie hatten ihr Bestes getan. Wenn es die Tafel nicht gegeben hätte … Abrupt sagte er: »Und er hat auch versucht, das Granitmonument mit der Tafel zu finden …«
»Er hat danach gesucht«, gab Loris zu, »aber er hat sie nicht gefunden. Wir – und besonders Helmar – hatten einige Zweifel daran, ob es eine solche Tafel überhaupt gegeben hat. Alle Signalgeber wurden gefunden und das ohne ernsthafte Schwierigkeiten, denn wir wußten genau, wo sie waren und wie viele wir losgeschickt hatten. Helmar kehrte zurück, aber das machte keinen Unterschied. Mein Vater …« Sie zuckte mit den Schultern, die Arme vor der Brust verschränkt. »Auf ihn hatte das Ganze keine Auswirkung.«
Nach dem Bad trocknete er sich ab. Er rasierte sich, streifte ein Seidengewand über, das ihm Loris bereitgelegt hatte, und verließ
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