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Schachfigur im Zeitspiel

Schachfigur im Zeitspiel

Titel: Schachfigur im Zeitspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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sein.
    Aber was spielte das schon für eine Rolle?
    Vielleicht finde ich eine Möglichkeit, nach Süden zu kommen, dachte er, hinunter nach Mexiko. Cortez … Wenn er dort landet …
    Das Beste, worauf ich hoffen kann, ist, einen freundlichen Indianerstamm zu finden. Wenn ich Glück habe, kann ich entweder bei ihnen leben oder sie überreden, mir dabei zu helfen, nach Süden zu kommen. Aber ich kann mich nicht daran erinnern, ob es schon spanische Siedlungen gibt. Und weil ich nicht weiß, welches Jahr dies ist, würde es mir nichts helfen, selbst wenn ich mich erinnern würde. Sie können mich ein ganzes Jahrhundert oder sogar mehrere Jahrhunderte zurückversetzt haben. Der Ozean, Felsen, Bäume – die bleiben tausend Jahre lang dieselben.
    Vielleicht stehe ich hier zweihundert Jahre bevor der erste weiße Mann in der Neuen Welt landet.
    Er dachte : Ich könnte tatsächlich der erste Weiße in der Neuen Welt sein.
    Wenigstens konnte er zum Strand hinuntergehen und nachsehen. Wenn noch irgendwelche Reste von der Golden Hind übrig waren, so würde dies beweisen, daß sie ihn nicht in der Zeit zurückversetzt hatten. Und das wäre immerhin etwas. Das bedeutete eine schwache Hoffnung – die spanischen Kolonien im Süden und dann ein Schiff zurück nach Europa.
    Wieder machte er sich an den zeitraubenden, gefährlichen Abstieg zum Strand hinunter.
    Eine Stunde lang suchte er den Strand in beiden Richtungen ab, fand jedoch nicht den geringsten Hinweis darauf, daß das Schiff oder die Männer jemals hiergewesen waren, keine Spuren, keine Abfälle. Was ist mit der Messingtafel, fragte er sich. Wo hatte Drake sie eigentlich zurückgelassen? Hatte er sie in den Sand eingegraben oder an der Klippenwand verankert? Er suchte danach, aber inzwischen hatte er eine so große Strecke zurückgelegt, daß es keinen Anhaltspunkt mehr gab, von dem er ausgehen konnte. Möglicherweise war er meilenweit von der ursprünglichen Stelle entfernt. Der Strand sah überall völlig gleich aus; Klippen und Sand und Tang …
    Plötzlich erstarrte er mitten in der Bewegung. Wenn er hier gestrandet war, wie hatte er dann zum Wolfs-Landgut zurückkehren und Corith ein zweites Mal töten können? Dies alles hatte keinerlei Bedeutung. Offenbar kam er irgendwie auf das Gut zurück. Wenn nicht, dann würde er trotzdem von diesem Ort wegkommen, und zwar durch die neue Zeitsequenz, die mit seinem Versagen, den genesenden Corith zu ermorden, eingeleitet wurde. Und es gab nur eine Möglichkeit, wie er zum Wolfs-Landgut zurückgelangen konnte: mit Hilfe eines Zeitschiffes. Also kam jemand zurück … würde jemand zurückkommen, um ihn zu holen.
    Aber wann? Er konnte Jahre hier verbringen, Jahrzehnte, bis einer von ihnen mit einem Zeitschiff zurückkehrte und ihn abholte. Er konnte bis kurz vor seinem Lebensende hier festsitzen.
    Als Alternative dazu könnte er sich beispielsweise über einen Zeitraum von mehreren Jahren nach Süden zu einer spanischen Siedlung durchschlagen, irgendwie nach Spanien und schließlich hinauf nach England gelangen, wo er es schaffen müßte, mit Stenog Kontakt aufzunehmen. Schließlich könnte er auf diese Art und Weise wieder Zugang zu der Zukunft erlangen – ein völlig erschöpfter, fiebergeschüttelter alter Mann, dessen Leben zu Ende war. Ein Mann, der über das Antlitz der Welt gewandert war, der sein Leben verbraucht hatte.
    Und natürlich war es noch immer möglich, daß irgend jemand anders Corith ein zweites Mal tötete.
    Jetzt bemerkte er, daß sich der Tag seinem Ende näherte. Die Luft war abgekühlt, und die Sonne hatte ihre Wanderschaft zum Rand des Himmels hinter sich gebracht. Ein paar Möwen flatterten über Parsons dahin, und ihr klagendes Schreien war wie das Stöhnen von Tauwerk und machte die Szene noch einsamer.
    Bald würde die Dunkelheit hereinbrechen. Was sollte er tun? Er konnte die Nacht unmöglich am Strand verbringen. Es war besser, er trottete wieder hinauf und dann landeinwärts über die Halbinsel zurück. Soweit er sich erinnerte, hatte es an der inneren Bucht, der Tomales-Bucht, wo es geschützter war, indianische Siedlungen gegeben.
    Er blieb stehen und spähte zu den Klippen hinauf, entdeckte jedoch nirgends eine Möglichkeit, den Aufstieg zu schaffen. Er würde den Strand entlanggehen und nach einem Abhang oder nach einer Stelle, wo Bäume und Gestrüpp gewachsen war, suchen müssen. Aber er war so müde. Ich werde bis morgen warten müssen, entschied er. Er setzte sich auf einen

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