Schadenzauber (German Edition)
Ich werde sicherlich nicht schöpfen. Wir nehmen ein anderes Schiff.“
„Nein, wir nehmen dieses“, beharrte Ansoalda.
Otto schluckte. „Tut, was Ihr wollt. Ich für meinen Teil werde dieses Schiff nicht betreten.“
Udalfried schniefte. „Euer Geld kriegt Ihr aber nicht zurück.“
„Das ist mir ganz egal. Ich steige nicht in dieses Boot!“
„Jetzt pass mal auf...“, polterte Erik los, doch eine Handbewegung der Prinzessin unterbrach ihn.
„Ich sage Euch, Otto, dass dieses Schiff das sicherste im Hafen ist.“ Ansoalda deutete auf die Inken. „Ein Byrding reitet auf den Wellen, auch auf den größten, ohne vollzulaufen. Mit einer tüchtigen Mannschaft und einem guten Schiffsführer muss man nichts und niemanden fürchten.“
„Außer vielleicht die Drei Schwestern“, meinte Udalfried.
„Wen?“, fragte Otto.
„Die Drei Schwestern. Wenn sich alle Wellen und Stürme des Meeres zusammen ballen, bilden sich drei riesige Wellen. Wie eine gewaltige Hecke kommen sie auf Euch zu, höher als Berge und steiler als Klippen türmen sich die Wassermassen auf. Selbst wenn Ihr die erste Welle überstanden habt, erwischt Euch die zweite oder spätestens die dritte. Das sind die Drei Schwestern.“
„Die Drei Schwestern können von mir aus ruhig kommen.“ Otto verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich werde nämlich nicht auf diesem Schiff sein.“
„Die Drei Schwestern haben nichts mit dem Schiff zu tun“, griente Udalfried. „Das kann Euch auf See immer passieren. Warum seid Ihr auf einmal so blass?“
„Udalfried, Eure Scherze sind geschmacklos“, schalt ihn Ansoalda.
„Ich weiß.“ Der Schiffsführer feixte.
Beruhigend wandte sich Ansoalda an Otto: „Glaubt Ihr, Udalfried fährt zum ersten Mal nach Britannien? Meint Ihr nicht, sein Schiff hätte längst sinken müssen, wenn es nicht seetüchtig wäre? Und habt Ihr nicht versprochen, für die Überfahrt bestes Segelwetter zu zaubern? Warum fürchtet Ihr dann das Meer? Mit Eurer Hilfe könnten wir gefahrlos in einem Fischerboot bis nach Island fahren, und das im Winter!“
Als Otto etwas erwidern wollte, spürte er Karls Hand schwer auf seiner Schulter. Der Kriegsmann sprach kein Wort, aber auf einmal, und das hatte nichts mit Ansoaldas Worten zu tun, schien die Inken nicht mehr ganz so gefährlich.
„Also gut“, knirschte Otto. „Aber auf Eure Verantwortung!“ Anklagend deutete er auf Ansoalda.
„Gut!“, rief Ansoalda und sprang leichtfüßig auf das Schiff hinunter. Karl folgte ihr. Erik mit seiner verletzten Schulter und den gebrochenen Rippen blieb an Land und behielt Otto im Auge. Karl und die Prinzessin unterzogen die Inken einer raschen Inspektion und untersuchten das Schiff mit geübten Blicken. Am Schluss befanden sie die Inken für seetüchtig. Und bereit zum Auslaufen.
Udalfried lachte. „Dann können wir ja endlich in See stechen.“ Er winkte Otto zu. „Los! Kommt an Bord!“
„Jetzt sofort?“
„Wann sonst? Euer Gepäck habt Ihr doch dabei, oder nicht? Wir haben heute noch was vor! Wir wollen nach Britannien!“
Otto schluckte und kletterte an Bord. Bereits am Kai vertäut schwankte das Boot, kaum merklich zwar, eigentlich weniger als Altmanns Lastkahn, aber die Gewissheit, aufs offene Meer hinaus fahren zu wollen, machte den Unterschied aus. Karl und Erik verabschiedeten sich von ihrer Herrin. Bevor Karl das Schiff verließ, warf er Otto noch einen Blick zu.
„Wenn der Prinzessin etwas zustößt...“
„Seid unbesorgt.“ Otto fürchtete eher, dass ihm etwas zustieß.
Karl stieg von Bord. Udalfried und seine Männer machten sich daran, das rot-weiß gestreifte Segel zu setzen.
„Warum bindet Ihr den Eimer fest?“, fragte Otto einen Matrosen.
„Damit er bei Seegang nicht über Bord geht.“
Otto erschrak. Am liebsten wäre er wieder zurück an Land gesprungen, aber Erik und Karl warteten breitbeinig am Ufer. Selbst verwundet würden sie ihn wieder aufs Boot prügeln.
„Leinen los!“, rief Udalfried.
Das Boot legte ab. Als sich das Segel füllte, bekam das Schiff sofort leichte Schlagseite. Dies hier war eine ganz andere Sache als Altmanns lahmer Lastkahn. Und schnell! Mit gutem Westwind nahm die Inken Fahrt auf. Erik und Karl, die am Ufer standen, wurden rasch kleiner und waren bald gar nicht mehr zu sehen.
Von Dordrecht aus segelten sie über die Wasserflächen des Rheindeltas. Die Matrosen auf den großen, dickbauchigen Frachtschiffen, die ihnen entgegen kamen, konnten der
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