Schadenzauber (German Edition)
Mann, während Otto und Ansoalda lenzten. Malwin quakte aufgeregt in Ansoaldas Stoffbeutel und trotz der kritischen Situation fand sie noch Zeit, Malwin ein paar aufmunternde Worte zu schenken: „Habt keine Angst, es wird alles gut“, versprach sie dem Prinzen. Zu diesen Worten warf sie Otto einen anklagenden Blick zu. Auch Prinz Malwin schien sich über Ottos neuerliches Versagen zu ärgern und quakte missbilligend. Otto wäre am liebsten im Schiffsboden versunken.
Gerudert war das Schiff wieder manövrierfähig, sodass es von Udalfried sicher gegen die Wellen gestellt werden konnte. Aber der Wind blies so heftig, dass die beiden Riemen nicht gegen den Sturm ankamen, der sie unaufhaltsam auf die Küste zu werfen drohte. Die Inken würde stranden, wenn nicht ein Wunder geschah.
„Ich gratuliere Euch zu Eurem Meisterstück, Herr Zauberer!“, schimpfte Udalfried.
„Es liegt nicht am Zauber. Ich habe die Windrichtungen verwechselt.“
„Wie auch immer, es war wirklich eine reife Leistung. Wenn Ihr das Schiff retten wollt, dann solltet Ihr Euch beeilen!“
Es war inzwischen fast dunkel geworden. Das Meer war schwarz, und die weiße Brandung donnerte furchteinflößend vor ihnen.
Hastig suchte Otto nach seiner Schiefertafel. „Ich kann mir das auch nicht erklären“, stammelte er. „Die Verwechslung, meine ich. Ich werde sofort eine Flaute herbei zaubern...“
„Ich bitte doch sehr darum!“
„Ich...“
Als er die Schiefertafel in der Hand hielt, wurde Otto klar, dass es inzwischen fast Nacht war und dass er die Formel nicht lesen konnte.
„Ich brauche Licht“, sagte er.
„Licht?“ Otto sah Udalfrieds Gesicht nicht, aber der Schiffsführer klang fast schon amüsiert. „Alles Brennbare an Bord ist nass – das haben wir Euch zu verdanken.“
„Aber es muss doch irgendetwas geben...“
Tat es nicht.
„Also, was ist jetzt?“ Udalfried war hörbar in Panik. „Wenn Ihr eine Flaute zaubern wollt, dann solltet Ihr Euch beeilen! Wir werden sie nämlich schon bald nicht mehr benötigen.“
„Das kann ich nicht. Nicht ohne Licht!“, rief Otto verzweifelt.
„Was für ein großer Zauberer“, knurrte Udalfried verächtlich.
„Ich wollte von Anfang an nicht mit diesem Schiff fahren!“, rief Otto. „Ich habe von Anfang an gesagt...“
„Haltet Euren Rand!“, befahl Udalfried. „Ich muss mich konzentrieren.“ Er wandte sich an seine Mannschaft: „Wir haben Glück, es ist ein breiter Sandstrand. Passt auf! Ihr müsst rudern, wie ihr noch nie gerudert habt. Rudert um euer Leben. Vielleicht schaffen wir es durch die Brandung, dann kann ich das Schiff auf den Sand setzen. Und Ihr, Ansoalda, haltet Euch gut fest. Wenn das Schiff kentern oder vollschlagen sollte, dann müsst Ihr schwimmen. Weg vom Schiff, in Richtung Strand. Lasst Euch auf gar keinen Fall von den Wellen gegen das Schiff schleudern.“
„Sollen wir schöpfen?“, fragte Ansoalda.
„Nein. Haltet Euch einfach gut fest. Und wenn ihr schwimmen müsst: Versucht auf gar keinen Fall, gegen die Strömung zu schwimmen! Das schafft ihr nicht! Bleibt ruhig und lasst euch treiben, bis die Strömung aufhört.“
Udalfried band sich ein Seil um die Hüfte. Kurz darauf setzte Ottos Herzschlag aus, als die Inken in ein Wellental absackte. Sie waren in der Brandung! Die Männer ruderten, was das Zeug hielt. Die nächste Welle erfasste die Inken von hinten und brach sich am Achtersteven. Beinahe wurde Otto von Bord gerissen.
„Wir schaffen es!“, schrie Udalfried von achtern und versuchte, den Kurs zu halten. „Rudert!“
Am Tage und mit mehr als nur diesen zwei armseligen Riemen hätte Udalfried vor der Brandung auf einen passenden, ruhigen Moment gewartet. Doch jetzt musste er die Wellen nehmen, wie sie kamen. Der nächste Brecher erfasste die Inken schräg seitlich und rollte über sie hinweg. Otto krallte sich ans Holz, um nicht über Bord gespült zu werden, und einen Augenblick glaubte er, dass das Schiff kentern würde. Danach kniete er brusthoch im Wasser: Die Inken war vollgelaufen. Wahrscheinlich hielt sie nur noch die Luft über Wasser, die in der Bilge eingeschlossen war.
Es war vorbei.
„Alle Mann von Bord!“, schrie Udalfried. „Alle Mann von Bord! Rette sich, wer kann!“
Auf die Parole ließen die Matrosen die Riemen los, und ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, sprang Heribert als Erster von Bord. Die anderen folgten. Regungslos sah Otto mit an, wie Ansoalda ihre Schuhe abstreifte, sich ihres Oberkleides
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