Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schadrach im Feuerofen

Schadrach im Feuerofen

Titel: Schadrach im Feuerofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
irgendwelcher Medikamente, die einen labilen Geisteszustand bewirken könnten?«
    »Eigentlich nicht. Ich habe ihm ein Beruhigungsmittel gegeben, weiter nichts. Warum?«
    »Nein, ich meine vorher.«
    »Vorher hat er ruhig geschlafen. Nach dem Eingriff gab es keinerlei Komplikationen, die eine gesonderte Behandlung notwendig gemacht hätten.«
    »Ich habe ihn noch nie so verwirrt und aufgeregt gesehen.«
    »Nun, es ist auch das erste Mal, daß sein Stellvertreter ermordet wurde.«
    »Was verleitet Sie zu der Annahme, es habe einen Mordanschlag gegeben?«
    »Weil ich – weil Ionigylakis es sagte –, weil der Vorsitzende selbst von einem Attentat sprach.« Schadrach hält konfus inne. »War es kein Attentat?«
    »Wer weiß? Horthy sagt, er habe Mangu aus dem Fenster fallen sehen. Er sah niemanden, der ihn stieß. Wir haben bereits alle Kontrollsysteme überprüft, und es gibt keine Hinweise darauf, daß unbefugte Personen in der vergangenen Nacht oder heute früh den Gebäudekomplex betreten oder verlassen hätten.«
    »Vielleicht hatten die Attentäter sich schon gestern eingeschlichen und über Nacht hier versteckt«, meint Schadrach.
    Avogadro seufzt. Seine Augen zeigen einen Ausdruck von Erheiterung. »Ersparen Sie mir den Amateurdetektiv, Doktor. Natürlich haben wir auch die gestrigen Aufzeichnungen überprüft.«
    »Es täte mir leid, wenn ich…«
    »Ich wollte nicht sarkastisch sein. Ich weise nur darauf hin, daß wir die meisten der offensichtlichen Möglichkeiten berücksichtigt haben. Für einen Meuchelmörder ist es nicht einfach, in dieses Gebäude zu gelangen, und ich glaube nicht ernstlich, daß es sich so verhält. Selbstverständlich scheidet damit noch nicht die Möglichkeit aus, daß Mangu von jemandem aus dem Fenster gestoßen wurde, dessen Anwesenheit im Gebäude nicht ungewöhnlich erscheinen würde, wie zum Beispiel Gonchigdorge, Sie, oder ich…«
    »Oder der Vorsitzende«, sagte Schadrach lächelnd. »Er kam auf Zehenspitzen vom Bett hergeschlichen und stieß Mangu durch das Fenster.«
    »Sie haben mich verstanden. Was ich sagen will, ist, daß jeder hier oben Mangu getötet haben könnte. Nur daß es keinen Beweis dafür gibt. Sie wissen selbst, daß niemand hier oben durch eine Tür gehen kann, ohne daß es elektronisch registriert wird. Daher kann ich sagen, daß heute früh niemand in Mangus Wohnung gegangen ist, weder auf der Seite der Sperre, noch von der Aufzugseite. Der Letzte, der die Wohnung betrat, war Mangu selbst, ungefähr um Mitternacht. Die Untersuchungen sind natürlich noch nicht abgeschlossen, aber bisher konnten wir keine Spuren von Eindringlingen im Schlafzimmer feststellen, keine fremden Fingerabdrücke, keine Anzeichen eines Kampfes. Mangu war ein sehr kräftiger Mann, müssen Sie wissen. Nicht leicht zu überwältigen.«
    »Deuten Sie damit an, daß es möglicherweise Selbstmord war?« fragt Schadrach.
    »Ja, das vermute ich. In diesem Stadium der Untersuchung nehmen meine Leute keine andere Theorie mehr ernst. Aber der Vorsitzende ist überzeugt, daß es ein Mordanschlag war, und Sie hätten ihn sehen sollen, bevor Sie herkamen. Wildblickend, in hysterischer Raserei. Sie können sich denken, daß es für mich und meine Männer nicht gut aussieht, wenn er glaubt, es habe einen Mordanschlag gegeben. Unsere Aufgabe besteht ja gerade darin, Attentate hier im Bereich des Regierungsviertels unmöglich zu machen. Aber es geht nicht allein darum, ob ich meinen Posten verliere oder nicht, Doktor. Da ist diese ganze fantastische Säuberungsaktion, die er anlaufen läßt, die Verhaftungen, die Verhöre und verschärften Sicherheitsmaßnahmen, eine enorm unangenehme und kostspielige Angelegenheit, und, soweit ich sehen kann, absolut nutzlos. Was ich wissen möchte«, sagt Avogadro, »ist, ob Sie meinen, daß der Vorsitzende im weiteren Verlauf seiner Genesung möglicherweise bereit sein wird, eine vernünftigere Haltung zu Mangus Tod einzunehmen.«
    »Schwer zu sagen. Aber ich glaube es nicht. Ich habe nie erlebt, daß er seine Meinung über etwas geändert hätte.«
    »Aber die Operation…«
    »Hat ihn geschwächt, gewiß. Körperlich und geistig. Aber soweit ich es beurteilen kann, hat sie weder seinen Verstand noch seine Denkweise in irgendeiner Form beeinflußt. Diese Ideen von möglichen Gefahren durch Meuchelmörder und Attentäter sind bei ihm nichts Neues, und offenbar vermutet er, daß Mangu ermordet wurde, weil die Vorstellung irgendein inneres Bedürfnis befriedigt,

Weitere Kostenlose Bücher