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Schadrach im Feuerofen

Schadrach im Feuerofen

Titel: Schadrach im Feuerofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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bitte.«
    Ionigylakis scheint noch nicht ganz überzeugt, doch nach kurzem Zögern nickt er und beginnt die Anwesenden mit lauter Stimme zum Gehen aufzufordern und energisch zur Tür zu drängen, während Schadrach die Aufmerksamkeit des Sicherheitschefs gewinnt und ihm rät, ein paar Leute in der Diele zu postieren, damit sie ungebetene Besucher fernhalten.
    Dann tritt er ans Bett. Der Vorsitzende sieht verkniffen und angespannt aus, seine Stirn ist feucht und glänzt, die Hautfarbe fahl und grau. Er atmet schnell und leicht, und die immer ruhelosen Augen blicken mit manischer Intensität hierhin und dorthin. Die lebenserhaltenden Systeme haben sich selbsttätig eingeschaltet und flößen dem Patienten Glukose, Natriumchlorid und Blutplasma ein. Schadrach überprüft hastig die Ablesungen der Instrumente und integriert sie in seine telemetrischen Signale, schätzt die Anteile von Kalium und Magnesium im Blut, die Durchlässigkeit der Blutgefäße, das Ausmaß der arteriellen Verengung und nimmt manuelle Veränderungen der Einzeldosen vor. »Versuchen Sie sich zu entspannen«, sagt er. »Lehnen Sie sich zurück. Lassen Sie Arme und Beine erschlaffen.«
    »Sie haben ihn umgebracht«, sagt der Vorsitzende heiser. »Haben Sie gehört? Man hat ihn aus dem Fenster gestoßen.«
    »Ja, ich weiß. Bitte, lehnen Sie sich zurück. Legen Sie den Kopf auf das Kissen.«
    »Die Mörder müssen noch irgendwo im Gebäude sein. Ich werde die Nachforschungen selbst leiten. Fahren Sie mich in Kontrollraum 1, Doktor.«
    »Das wird nicht möglich sein. Sie werden hier bleiben müssen.«
    »Reden Sie nicht so mit mir. Avogado! Helfen Sie mir in den Rollstuhl!«
    »Tut mir leid, Herr Vorsitzender«, murmelt Schadrach, während er hinter dem Rücken heftig zu Avogadro signalisiert, er solle den Befehl des alten Mannes ignorieren. Zur gleichen Zeit drückt er unbemerkt ein Pedal nieder, das eine Flut von beruhigendem Pordenone 9 in den Körper des Vorsitzenden einströmen läßt. »Das Verlassen des Bettes zu diesem Zeitpunkt könnte tödlich für Sie werden«, sagt er in beschwörendem Ton. »Verstehen Sie mich? Es könnte Sie töten.«
    Der alte Mann versteht. Er läßt sich ins Kissen zurücksinken und sieht beinahe erleichtert aus, daß man ihn überstimmt hat; und als das Beruhigungsmittel zu wirken beginnt, entspannen sich seine Züge, und sein Verhalten wird zunehmend friedfertiger. Schadrach begreift, daß der Patient viel schwächer ist, als die Instrumente verraten. »Sie haben ihn umgebracht«, sagt der Alte wieder, doch nun klingt es sinnend, grüblerisch. »Ein überall beliebter Mann, und sie haben ihn umgebracht. Er hatte keine Feinde.« Und zu Schadrachs Verblüffung beginnen die ledrigen alten Lippen zu zucken, und die Augen füllen sich mit Tränen.
    Wie? Was hat das zu bedeuten? Eine Schaustellung echter Gefühle? Ein Anflug von väterlichem Kummer? Aber wie ist das möglich, bedenkt man das freudlose Schicksal, das er selbst seinem Nachfolger zugedacht hatte? Entweder hat der chirurgische Eingriff den alten Mann so geschwächt, daß er uncharakteristisch sentimental geworden und plötzlich in eine kaum vorstellbare Senilität abgeglitten ist, oder Schadrach mißdeutet die Zeichen: nicht Kummer, sondern Furcht, die Erkenntnis persönlicher Gefährdung, das Bewußtsein, daß Attentäter, wenn sie in den Regierungspalast gelangen und Mangu erreichen konnten, durchaus auch einen Weg in die Räume des Vorsitzenden finden könnten. Das muß es sein. Der alte Mann ist zornig und fürchtet sich, aber weil die Operation ihn körperlich so geschwächt hat, nehmen diese Gemütsbewegungen momentan die Form von Kummer an.
    Und in der Tat, nach wenigen Augenblicken wird Dschingis Khan II. Mao wieder ruhig und sagt mit leiser, leidlich beherzter Stimme: »Das ist der erste erfolgreiche Angriff auf unser politisches System. Es ist ein beispielloser Anschlag, der in Wahrheit den Errungenschaften und der Kontinuität unserer Revolution gilt, und darum muß ihm mit Kraft und Entschiedenheit begegnet werden, um zu demonstrieren, daß die Revolution nichts von ihrer kämpferischen Entschlossenheit eingebüßt hat und jeden Versuch der verfaulten alten Bourgeoisie und ihrer reaktionären Handlanger, die Herrschaft des Volkes zu unterminieren und das Rad der Geschichte zurückzudrehen, im Keim ersticken wird.«
    Er winkt Avogrado ans Bett und beginnt Pläne für Massenverhaftungen, Verhöre mutmaßlicher Regimegegner, verschärfte

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