Schädelrose
erinnern werden,
das ist das Rascheln Ihres italienischen Seidenkleides, die
Frische der sauberen Luft, die Schönheit dieses längst
vergangenen Gartens mit seinen lachsfarbenen und roten
Rosen.«
Die Frau in Rot nickte mehrmals. In der Reihe vor Caroline
faßten sich ein Mann und eine Frau an der Hand und
lächelten verschwommen. Robbie Brekke beugte sich vor, um
Caroline etwas zuzuflüstern, aber bevor sie es hören
konnte, schnitt die Stimme eines Mannes wie Trockeneis durch den
Raum.
»Das mit den Rosen ist ja gut und schön, Doktor
Armstrong. Aber stimmt es nicht, daß immerhin fünf
Prozent der Karnies nicht mit den von ihnen heraufbeschworenen
Erinnerungen zurechtkommen und einen Nervenzusammenbruch
erleiden? Daß Ihre psychologischen Voruntersuchungen in der
Tat jämmerlich unzureichend sind, nichts weiter als ein
Versuch, die Öffentlichkeit zu beschwichtigen?«
Dr. Parks Kopf schwang nach oben wie ein großes Tier.
Dr. Armstrong sagte rasch: »Sind Sie ein Journalist,
Sir?«
»Stimmt es nicht, daß man dieses Institut und die
anderen seiner Art in den Vereinigten Staaten niemals genehmigt
hätte, wenn der Weg nicht durch die Kastration des
Gesundheitsamts freigemacht worden wäre – um jeden
erdenklichen Weg zu einem Heilmittel für die Seuche zu
erproben?«
»Dies ist eine geschlossene Veranstaltung für
Operationskandidaten«, sagte Dr. Armstrong eisig.
»Sie werden gehen müssen.«
Der Barkeeper – der, wie Caroline zum erstenmal
bemerkte, den Raum nach der Schließung der Bar nicht
verlassen hatte – ging auf den Störer zu. Dieser stand
auf. Seinem Gesicht und seinen grauen Haaren nach sah er wie
fünfzig aus, sein Anzug sah aus, als ob er darin geschlafen
hätte. Er drehte sich halb zu dem Barkeeper um und sagte
dabei zu Armstrong: »Ich bin Operationskandidat. Und
auch Journalist. Bill Prokop, Philadelphia
Globe-Net.«
Die Haut um Dr. Armstrongs dunkle Augen herum spannte sich.
Dr. Park blieb jedoch gleichmütig stehen; offenbar war der
große Chirurg sich der Operation, die er ausführte,
sicher genug, um sich von einem kleinen Journalisten nicht aus
dem Gleichgewicht bringen zu lassen. Caroline merkte, daß
ihr das gefiel.
»Mister Prokop, wir freuen uns natürlich, Sie bei
uns zu haben«, sagte Dr. Armstrong. »Aber Sie
scheinen zwei verschiedene Anlässe verwechselt zu haben.
Dies ist ein Empfang zur Begrüßung der neuesten
Mitglieder der internationalen Reinkarnationsbruderschaft. Die
nächste Pressekonferenz im Institut findet
am…«
Auf dem Korridor schlug eine weitere Tür zu, gefolgt von
einem Aufschrei schierer Wut. Caroline fuhr zusammen; Armstrong
reckte das Kinn in die Luft. Schritte dröhnten über den
Flur. Dann kam Sandy Ochs in den Raum gelaufen. Auf halbem Wege
zwischen der Tür und der letzten Reihe vergoldeter
Stühle blieb sie stolpernd stehen. Sie hatte eine Pistole in
der Hand. Caroline hatte noch nie eine gesehen, außer im
Museum; sie starrte auf den schmalen Lauf und den grauen
Plastikgriff, der in den Fingern der Frau hin und her
schwankte.
»Ich will diese Operation haben – und ich werde
sie kriegen! Ich werde sie kriegen!« Sandy Ochs’
Stimme überschlug sich.
»Miss Ochs«, sagte Dr. Armstrong, »ich
– wir – haben volles Verständnis für Ihre
Gefühle. Ich bin sicher, daß sich da etwas machen
läßt. Bitte legen Sie die Pistole weg.«
»Ich war eine Gottkönigin im alten Ägypten!
Ihr seid alle Dreck unter meinen Füßen –
hört ihr? Mich lehnt man nicht ab!«
»Natürlich nicht«, sagte Armstrong
beruhigend. Sie tat keinen Schritt nach vorn. Park sagte nichts;
er sah nur aufmerksam zu. Caroline fragte sich, weshalb sie keine
Angst hatte.
»Ich will die Operation noch heute abend gemacht haben!
Heute abend, hört ihr. Heute abend!«
»Sie können operiert werden, sobald wir die
nötigen Vorbereitungen getroffen haben«, erwiderte Dr.
Armstrong. »Ich weiß nicht, ob das unbedingt heute
abend noch möglich sein wird, aber…«
Sandy Ochs feuerte. Ein Lichtstrahl stach aus dem Lauf –
Laser? fragte sich Caroline –, gleichzeitig ertönte
ein künstlich klingendes Schnarren. Die dicke Frau in Rot in
der ersten Reihe begann zu schreien, ein wortloser Laut, der in
der Tonhöhe schwankte, monoton und schrill wie eine Sirene.
Sandy Ochs machte einen Schritt nach vorn und richtete den Lauf
der Waffe auf die dicke Frau, dann wieder auf Armstrong, die
erschüttert, aber
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