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Schädelrose

Schädelrose

Titel: Schädelrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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dieser jungen Frau in irgendeine Verbindung mit dem
Institut brächten, wäre das eine grobe Verzerrung der
Wahrheit.«
    Armstrong richtete sich auf. Ihre Stimme wurde kräftiger.
»Lassen Sie mich ganz offen zu Ihnen allen sprechen. Jeder, der sich entscheidet, die Tür zu seiner
gesamten Vergangenheit zu öffnen, muß auf gewisse
Weise ein kreativer und abenteuerlustiger Mensch sein. Kreative
und abenteuerlustige Menschen sind notwendigerweise
ungewöhnlicher als die Durchschnittsmenschen, aber das
muß nicht heißen, daß sie instabil sind,
wie diese unglückliche Frau. Es gibt alle Stufen der
Instabilität, wie wir es nennen, und manche davon sind
durchaus nützlich… Das Institut bittet vielmals um
Verzeihung für diesen Vorfall und versichert Ihnen
eindringlich, daß so etwas nie wieder einer derart
engagierten und wundervollen Gruppe mentaler Abenteurer wie Ihnen
zustoßen wird…«
    »Ich gehe jetzt wohl doch mal auf der Terrasse
spazieren«, sagte Caroline zu Robbie.
    Die Nachtluft draußen vor der Verandatür roch nach
Gras und Wasser. »Sie hat sich nicht operieren
lassen«, sagte Robbie. »Park schon, aber sie nicht.
>Alle Stufen der Instabilität, und manche davon sind
durchaus nützliche… Jede Wette, daß die gute
Frau Doktor kein Karnie ist.« Er lachte.
    Caroline drehte sich um und sah ihn an. Sie hatte nicht damit
gerechnet, daß er Armstrongs Abscheu vor der Operation, die
sie überwachte, bemerken würde – den Abscheu, den
sie so sorgfältig verborgen hatte, bis auf sie geschossen
worden war. Robbie lehnte am Terrassengeländer. Sein
kraftvoller junger Körper war völlig entspannt. Auf dem
Weg nach draußen hatte er innegehalten, um die zerrissene
rote Rüsche vom Kleid der dicken Frau aufzuheben. Jetzt band
er sie an sein Stirnband. Die Rüsche hing ihm keck
übers linke Ohr. Wenn das eine Show war, war es die beste,
die sie je gesehen hatte.
    »Sind Sie wirklich so ruhig, wie Sie aussehen, Robbie?
Oder entwaffnen Sie jeden Tag ein paar Verrückte?«
    »Nein, normalerweise nicht.«
    »Hatten Sie keine Angst?«
    »Ich habe nie Angst. Sie meinen, Sie sind noch nie mit
jemandem aneinandergeraten, der nicht so ganz die richtige
Einstellung zu Ihnen hatte?«
    »Nicht körperlich.«
    »Was für ein verkümmertes Leben. Umso mehr ein
Grund, sich von meiner Geschichte über meine kurze Karriere
als Schmuggler faszinieren zu lassen.«
    »Das wollten Sie also?«
    »Das wissen Sie doch.«
    Er legte seine Hand auf ihre auf dem Terrassengeländer
und begann, mit ihren Fingern zu spielen. Sie zog sie weg. In
dieser Rolle war er weitaus weniger interessant und viel
unreifer.
    »Sie sind nicht fasziniert«, sagte er
leichthin.
    »Bedaure.«
    »Nun, im Interesse des globalen Datennetzes könnten
Sie mir sagen, warum nicht. Natürlich ausschließlich
im Namen der Forschung, versteht sich.«
    Der See war vollkommen schwarz geworden. Er schimmerte matt
unter einem tiefstehenden Mond. Caroline war auf einmal sehr
müde. Sie hatte New York am Vormittag verlassen, war nach
Albany geflogen, um Catherine zu besuchen, und dann nach
Rochester. Catherine hatte eine Erkältung. Die Maschine
hatte Verspätung gehabt. Sandy Ochs hatte versucht, eine
Ärztin zu erschießen.
    »Na los«, sagte Robbie. »Seien Sie
ehrlich.«
    »Wenn jemand das sagt, ist Ehrlichkeit für
gewöhnlich das letzte, was er will.«
    »Ich schon.«
    »Nein, stimmt nicht.«
    »Aber sicher doch. Seien Sie ehrlich zu mir. Wieso kann
ich Sie nicht faszinieren, wenn auch nur für kurze Zeit? Sie
brauchen nicht zimperlich zu sein.«
    Die klägliche rote Rüsche baumelte neben seinem Ohr.
Caroline bewegte ihre Arme; die Muskeln in ihren Schultern
schmerzten. »Ich bin immun gegen Ihren Typ. Sie sind ein
bestimmter Typ, wissen Sie. Charmant, amüsant,
abenteuerlustig, egoistisch, mit einem Spatzenhirn. Wenn man sich
einmal mit so einem eingelassen hat, ist man für sein ganzes
Leben immun. Wie bei Windpocken.«
    »Woher wissen Sie, daß ich egoistisch bin?«
Er schien nicht beleidigt zu sein.
    »Ich hab’s an der Art gemerkt, wie Sie diese arme
kranke Frau provoziert haben, als wir vorhin auf der Terrasse
waren. Und an der Art, wie Sie diese dumme Szene da drin genossen haben.«
    »Cortikale Stimulation ist nicht immer nett. Haben Sie
bei der Präsentation da drin nicht zugehört? Wer hat
Sie gegen meinen Typ geimpft?«
    »Mein erster Ex-Mann.«
    »Aha. Klingt nach einer traurigen Geschichte.

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