Schädelrose
anscheinend unverletzt an der Konsole des
Bildschirms lehnte.
»Sorgen Sie dafür, daß sie damit
aufhört! Sie soll sofort damit aufhören!«
Die dicke Frau in Rot fuhr fort zu schreien. Die Pistole in
Sandy Ochs’ Hand zitterte heftig. Caroline beobachtete
fasziniert, wie ein paar Leute heimlich unter den
aufgepolsterten, vergoldeten Stühlen eine nicht vorhandene
Deckung zu suchen begannen, Schildkröten mit rosaroten
Plüschpanzern.
»Sorgen Sie dafür, daß sie damit
aufhört, verstanden!«
»Natürlich, Eure Majestät.« Robbie
Brekke, dessen Stimme respektvoll und fest klang, erhob sich von
seinem Platz neben Caroline. Er ging zur ersten Sitzreihe, packte
die schreiende Frau und preßte ihr die Hand auf den Mund,
wobei er Sandy Ochs die ganze Zeit mit wachsamer Ehrerbietung
ansah. Die Frau in Rot sank wie ein Marshmallow gegen ihn. So
schnell, daß niemand dagegen Einwände erheben konnte,
zerrte er sie von ihrem Stuhl zu Sandy Ochs. Der Lauf der Pistole
zeigte zitternd auf sie beide.
»Entschuldige dich dafür, daß du die
Königin gestört hast!« sagte Robbie laut. Er
schleifte die entsetzte Frau bis auf Armeslänge an Sandy
Ochs heran. Caroline erhaschte einen Blick auf sein Gesicht,
bevor er sich umdrehte; die blauen Augen funkelten. »Nun
mach schon, Frau – entschuldige dich dafür, daß
du die Königin gestört hast!«
Der Frau hatte es vor Entsetzen die Sprache verschlagen. Sandy
Ochs selbst sah verwirrt aus. Ihr Blick irrte durch den Raum; sie
senkte ihn, um ihren weiblichen Untertan anzustarren, der sich
auf einmal vor ihr duckte. In diesem Moment langte Robbie
hinüber und nahm ihr die Pistole weg.
Sandy Ochs schrie zornig auf. Ihr Gesicht faltete sich ein,
verzerrt und schrecklich. Sie grapschte nach der Pistole, aber
Robbie hatte die Frau in Rot fallen lassen und war
zurückgewichen. Er grinste. »Na, na – sowas war
im alten Ägypten noch nicht mal erfunden!«
Sie stürzte sich über die Frau auf dem Boden hinweg
auf ihn und krallte nach seinen Augen. Robbie hob rasch den
anderen Arm vor sein Gesicht. Sandy Ochs stolperte über die
Frau in Rot, rappelte sich schluchzend auf und begann auf die
zusammengekrümmte Masse einzutreten, bis der Barkeeper sie
in einem Doppelnelson von hinten packte. Leute begannen zu
schreien und mit den Armen zu fuchteln.
Robbie glitt auf den leeren Stuhl neben Caroline. »Hier
drin ist es ein bißchen laut, finde ich«, sagte er
ernst. »Hätten Sie wohl Lust zu einem kleinen
Spaziergang auf der Terrasse?«
Caroline musterte ihn. Er atmete nicht einmal rascher. Stumm
schüttelte sie den Kopf. Robbie zuckte die Achseln. Seine
Augen tanzten immer noch. Er amüsierte sich offenbar
prächtig.
Der Barkeeper und zwei weitere Uniformierte schleppten Sandy
Ochs zur Tür hinaus. Sie brüllte Obszönitäten
und Flüche. Auf dem Flur wurde eine Tür geöffnet
und wieder zugeschlagen, und ihre Stimme verklang. Die dicke Frau
in Rot, die mit Unterstützung des Assistenzarztes wieder auf
die Beine gekommen war, füllte die jähe Stille.
»Keine Operation! Keine Operation! Ich will die
Operation nicht mehr. Ich hab’s mir anders
überlegt…«
Dr. Park persönlich kam von der Stirnseite des Raums zu
ihr geeilt. »Miss Selby…« Die Frau, die
völlig außer sich war, schlug ihn ins Gesicht.
Der große Chirurg schien es kaum zu bemerken.
»Miss Selby – beruhigen Sie sich. Ich weiß, was
eben geschehen ist, hat Sie sehr aufgeregt. Aber ich versichere
Ihnen – hören Sie mir zu –, die Operation lohnt
sich. Ich habe mich ihr selbst unterzogen.« Das hatte nicht
in dem Time- Artikel gestanden, aber Caroline stellte fest,
daß sie es glaubte. Park ließ keinen Zweifel zu.
»Ich habe mich ihr selbst unterzogen, und sie ist es wert.
Sie wird Ihr Leben entscheidend bereichern.« Er drehte sich
um und verließ den Raum mit schnellen Schritten.
»Ich will nicht«, flüsterte die dicke Frau.
Aber die Ohrfeige oder Parks absolute Überzeugung schien sie
beruhigt zu haben. Sie bedeckte das Gesicht mit ihren beiden
plumpen Händen und ließ sich von dem Assistenzarzt
wegführen. Eine abgerissene rote Rüsche blieb auf dem
Boden liegen.
»Bitte«, sagte Dr. Armstrong mit zittriger Stimme
von vorn. »Bitte… bleiben Sie alle… wo Sie
sind. Bitte. Ich möchte sagen, daß so etwas im
Institut noch nie passiert ist. So etwas habe ich noch nie
erlebt, noch nie… Wenn Sie die privaten seelischen
Probleme
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