Schädelrose
sagte Caroline.
»Als Sie Robbie angeschaut haben, waren Sie schöner
denn je. Schöner als jede andere.«
Sie war überrascht und amüsiert. »Ich
nehm’s zurück. Und Sie sind sehr braun für New
York im Juni. Und was für eine dumme Konversation das
ist.«
Endlich lächelte er. »Ich war die letzten drei
Monate in Kalifornien.«
»Geschäftlich? Oder zum Vergnügen?«
»Keins von beidem. Meine frühere Frau brauchte
Hilfe. Und ein ehemaliger Mitarbeiter von mir lebt ebenfalls
dort. Angel Whittaker.«
»Also haben Sie Besuche gemacht.«
»Ja.« Sein Gesicht zeigte einen Moment lang
Anspannung, dann faltete es sich still zu einem Ausdruck, der neu
an ihm war, eine Art von Ruhe, die Caroline nicht dBasen konnte;
aber sie stellte fest, daß sie ihr gefiel. Die
Saaltüren öffneten sich, und die ersten Leute kamen
heraus. Hinter ihnen erklang immer noch vereinzelter Applaus. Joe
blickte sie direkt an. »Sie haben dieses Stück
für Robbie arrangiert, nicht wahr? Über Ihren
Vater.«
Bevor Caroline antworten konnte, drängte sich Antonia
Trego durch die Menge und legte ihr eine lange, knochige Hand auf
den Arm. Die stark geschminkten, scharfen schwarzen Augen der
Regisseurin glitzerten in einem Gesicht, das trotzig seinem
natürlichen Alterungsprozeß überlassen war.
»Caroline, wie nett, dich zu sehen. Niemand hat mir
gesagt, daß du in New York bist. Du siehst wundervoll aus,
Darling. Und da wir das nun hinter uns haben – willst du
mir nicht erzählen, wo Colin diesen talentierten jungen
Protege gefunden hat?«
»Hallo, Antonia. Das ist Joe McLaren. Joe, Antonia
Trego. Ich wünschte, ich könnte es dir sagen, Antonia,
aber Colin hat’s mir auch nicht gesagt. Du weißt ja,
wie Colin ist.«
Antonia legte den Kopf in den Nacken und musterte Caroline
wissend. »Ja, in der Tat. Und du auch wieder, wie ich
höre.«
Caroline lächelte, ohne etwas zu erwidern. »Das
freut mich«, fuhr Antonia Trego fort. »Die Familie
ist einfach unersetzlich, nicht? Und Colin ist immer so
hilfsbereit. Jedenfalls, dieser junge Mann, dieser >Robbie
Brekke< – schrecklicher Name –, ist sehr gut.
Sogar ganz hervorragend. Es gibt natürlich Gerüchte.
Daß er eine experimentelle Hirnoperation oder sowas hinter
sich hat. Daß er seitdem ein recht schlichtes Gemüt
ist.«
»Mir sind keine Gerüchte zu Ohren
gekommen.«
»Da bist du ganz sicher.«
»Ja. Tut mir leid.«
»Kennst du den jungen Brekke?«
»Nein«, sagte Caroline. Sie spürte Joes Blick
auf sich. »Wir sind uns nie begegnet.«
»Aha«, sagte Antonia, breitete die Hände weit
aus und gab sich ironisch geschlagen. Ihr Blick wich nicht von
Carolines Gesicht. »Na schön. Da hast du’s. Ich
muß gehen. Die Agentin des jungen Mannes versucht allen
Ernstes, mich abzufangen, und ich werde es ihr natürlich
erlauben. War nett, Sie kennengelernt zu haben, Mister McRalen.
Caroline, richte Colin liebe Grüße von mir
aus.«
Als sie fort war, fragte Joe: »Gehen Sie hinter die
Bühne?«
Caroline schaute ihn sprachlos an. Sie dachte, daß er
wissen würde, wissen mußte, daß sie das
nicht tun würde. Hinter ihnen wartete Cassidy geduldig.
»Sie haben ihn nicht besucht«, sagte Joe langsam.
»Seit der Operation nicht mehr – oder? Ich
dachte…« Er sagte nicht, was er gedacht hatte.
»Sie haben das alles für ihn arrangiert, aber Sie
haben ihn nicht besucht.«
»Ich habe nur einen Vorsprechtermin arrangiert. Den Rest
hat Robbie selbst gemacht. Wie oft… besuchen Sie
ihn?«
»Jedesmal, wenn ich in New York bin.«
»Sie? Wieso?«
Joe lächelte. »Sie meinen, wieso ich, wo ich mich
doch vor jedem Kontakt mit ihm gedrückt habe, solange ich
nur konnte. Das meinen Sie doch, oder? Kommen Sie mit, Caroline.
Kommen Sie mit hinter die Bühne.«
»Ich bin mit Patrick Shahid hier, und er will mit mir
reden…«
»Er wird warten. Ich hab ihn gesehen. Er sieht aus, als
würde er tagelang warten, um mit Ihnen zu reden, wenn es
sein muß.«
Caroline nickte, womit sie sagen wollte, daß Shahid
tatsächlich so aussah, aber Joe faßte es so auf, als
ob sie mit ihm hinter die Bühne kommen würde. Er ging
voran. Bei der Garderobe – ROBBIE BREKKE in Handschrift auf
einem weißen Stück Pappe, das an die verkratzte,
wacklige Tür geklebt war – tastete Caroline nach Joes
Hand. Er gab sie ihr sofort; seine Finger fühlten sich warm
und fest an. Beim ersten Klopfen machte Robbie eigenhändig
die Tür auf.
»Joe!
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