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Schängels Schatten

Titel: Schängels Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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schon sagte.«
    »Ich meine aber etwas ganz anderes. Einfach gesagt …«
    »Ja?«
    »Jemand plant einen Anschlag auf das Kaiserdenkmal.«
    Nickenichs Miene gefror einen Moment. Der Gesichtsausdruck war prüfendes Mustern mit einer Spur von Abschätzigkeit. Dann kam Leben in den Hauptkommissar. Mit einer schnellen Bewegung schlug er wieder auf den Tisch. Mike hätte gewarnt sein sollen. Er kannte das ja schon. Trotzdem zuckte er zusammen.
    »Es ist schrecklich mit Ihnen, Herr Engel. Wir können uns einfach nicht unterhalten.« Nickenich machte eine Pause, in der er nach Worten zu ringen schien. »Sie sind vorläufig festgenommen«, rief er dann.
    Er öffnete eine Tür. »Müller«, brüllte er. »Den Mann in Gewahrsam nehmen.« Und zu Mike gewandt fügte er hinzu: »Wegen Fluchtgefahr. Und vielleicht sogar Wahnsinn, wer weiß?«
    Ein Uniformierter erschien.
    »Hören Sie mir bitte zu. Nur zwei Minuten«, bat Mike. »Ich weiß, dass es verrückt klingt.«
    »Ich höre nur zu, wenn es um ein Motiv wegen Frau Zerwas geht. Müller? Hier sind die Unterlagen.« Der Polizist nahm die Akte und ging auf Mike zu. Er griff an seinen Gürtel; Handschellen klirrten.
    »Ist ja gut«, rief Mike. »Hören Sie auf.«
    Der Uniformierte blieb stehen; der Hauptkommissar nickte kurz, dann waren sie wieder allein. »Und?«, fragte Nickenich.
    »Ich erkläre Ihnen alles«, sagte Mike, während sich in seinem Kopf die Gedanken überschlugen. Wie sollte er anfangen? Wie das Geflecht auseinander nehmen? Sein Kopf schien plötzlich leer zu sein.
    »Was ist nun?«, drängte Nickenich.
    »Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.«
    »Am besten am Anfang.«
    »Es fing alles vor etwa zwanzig Jahren an.«
    Der Hauptkommissar fiel Mike ins Wort. »Ich habe nicht gesagt, dass Sie beim Urknall loslegen sollen.«
    »Es geht nicht anders. Vor einundzwanzig Jahren hat es an der Gülser Brücke einen Mord gegeben. Im April 1982. Carola und ich waren damals Schüler. Wir waren nachts an der Brücke. Wir haben mitbekommen, wie der Tote ins Wasser fiel. Und wir haben der Polizei nichts gesagt.«
    »Warum nicht?«
    »Carolas Vater hatte ihr verboten, nachts mit mir durch die Gegend zu ziehen. Außerdem ging es auch noch um Geld.«
    »Was für Geld?«
    »In einem Koffer neben dem Toten. Wir hatten ursprünglich vor, es mitzunehmen. Wir kriegten aber Angst. Einundzwanzig Jahre später rief Carola bei mir an und behauptete, das Geld noch zu haben. Dann sagte sie, sie arbeite an einer wichtigen Geschichte, mit der sie ihre journalistische Karriere wieder aktivieren könnte, und dann war sie plötzlich tot. Ich habe versucht herauszufinden, was passiert ist, und kam darauf, dass Carola Kontakt zu einem Amerikaner hatte. Richard Nair.«
    Nickenichs Gesichtsausdruck signalisierte Verständnislosigkeit. »Wer ist das jetzt?«
    »Richard Nair ist der Vater von Wilfried Ramann, dem Opfer von 1982«, legte Mike wieder los. »Ich meine, dem Opfer von der Gülser Brücke. Außerdem ist er der Amerikaner, der im Zweiten Weltkrieg das Denkmal vom Sockel geschossen hat. Und jetzt ist er wieder da …«
    »Langsam«, sagte Nickenich. »Muss ich das jetzt alles verstehen? Geht es nicht einfacher?«
    »Zumindest müssen Sie verstehen, dass die ganze Geschichte, Carolas Recherche, irgendwas in Gang gesetzt hat. Nair ist nach Deutschland gekommen. Haben Sie nicht von dem Typ gehört, der in Mayen Schießübungen gemacht hat? Der angeblich einen Kontrabasskasten dabei hat? Das ist er! Er hat sich darauf vorbereitet, das Denkmal abzuschießen. Zum zweiten Mal.«
    Nickenich blickte noch immer sehr abschätzig drein. »Warum sollte jemand so was tun? Welchen Sinn macht das?«
    »Der Mann hat sich damals im Krieg wie ein Held gefühlt, weil er das größte Standbild der Deutschen runtergeschossen hat. Und jetzt steht es wieder auf dem Sockel, das hat seinen Stolz verletzt. Er ist alt, fast achtzig Jahre, und vielleicht verrückt, was weiß ich. Ich habe ihn nur von seiner Tochter beschrieben bekommen.«
    »Ist die auch hier?«
    »Ich habe mit ihr telefoniert. Aber verstehen Sie doch! Am Denkmal sind jetzt massenhaft Touristen. Stellen Sie sich vor, da ballert einer rum!«
    »So einfach geht das nicht«, sagte Nickenich. Er wirkte etwas abwesend, offenbar versuchte er, die vielen Informationen in einen Zusammenhang zu bringen. »Ich verstehe nicht, was dieser Nair, der angeblich diesen Anschlag plant, mit dem Mord an Frau Zerwas zu tun hat.«
    »Und mit dem Mord an Wilfried Ramann. Ich

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