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Schängels Schatten

Titel: Schängels Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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nachgesehen?«
    »Alles zu seiner Zeit. Wenn das Geld dort zwanzig Jahre gelegen hat, dann kann es auch noch ein paar Tage länger da liegen. Und außerdem – erst musste ich mir ja für dich eine Lösung einfallen lassen.«
    »In dem Artikel stand, dass Carola die Wand nicht sehr weit hinaufgeklettert ist. Das Geld müsste also gleich in der ersten Einbuchtung sein, die man erreichen kann. Ich bin dort gewesen. Das Geld ist nicht da. Ist ja auch völlig unrealistisch nach so langer Zeit.«
    Anita sagte nichts. Die Pistole sank aber ein paar Millimeter.
    Mike redete weiter. »Es war natürlich eine gute Strategie von dir, den Film mitgehen zu lassen. Du hast dabei aber vergessen, dass dort auch die Originalzeitungen aufbewahrt werden. Und so ganz nebenbei – ich habe in der Zwischenzeit mit Carolas Ehemann gesprochen. Er hat mir gesagt, wo das Geld ist.« Jetzt musste er sich irgendwas einfallen lassen. »Es ist in Düsseldorf.«
    »Mach mir doch nichts vor!«, sagte Anita. Der Pistolenlauf war wieder oben.
    »Carola hatte einen Freund«, redete Mike weiter. »Er lebt in Düsseldorf. Dass ich da auch wohne, ist reiner Zufall.«
    »Aber schön erfunden.«
    »Wenn ich es erfunden hätte, dann lebte der Freund in Berlin, in Koblenz oder sonst wo.« Mike redete schneller. »Ich bin jedenfalls sicher, dass er das Geld hat. Sie hat mich nur ausgenutzt. Um ihr bei der Story mit dem Denkmal zu helfen. Wie du gesagt hast. Wenn das Geld in dem Felsen gewesen wäre, dann wäre ich nicht hier, Anita. Und glaube mir, ich bin nicht allein hier. Die Polizei taucht auch gleich auf.«
    Plötzlich veränderte sich etwas. Mike wurde zuerst gar nicht bewusst, was es war. Dann realisierte er es. Der Lärm auf dem Grundstück nebenan hatte aufgehört. Es war plötzlich totenstill. Anita sah unwillkürlich hinüber und war eine Sekunde unaufmerksam. Mike nutzte seine Chance. So fest er konnte, trat er nach ihr, doch sie reagierte schnell. Plötzlich gab es einen trockenen Knall, der so laut war, dass sich Mike einen Moment völlig taub fühlte. Panisch trat er ein weiteres Mal zu. Die Pistole klackerte auf den Boden. Mike drückte Anita weg; sie fiel nach hinten, und Mike bekam die Waffe in die Hand.
    Anita richtete sich auf. Ihr Blick war böse.
    Dann grinste sie. »Oh nein, mein Lieber. Du erschießt mich nicht.«
    Mike hatte nicht gewusst, wie sich eine Pistole anfühlt. Am liebsten hätte er den Metallklotz weggeworfen. Er riss sich zusammen und zielte auf Anita. »Da wäre ich mir nicht so sicher«, brachte er mühsam hervor.
    Anita tat gelangweilt. »Ich aber.«
    »Ich will jetzt alles wissen«, rief Mike mit möglichst fester Stimme. »Du hast Carola umgebracht, oder? Und Ramann. Damals.«
    Anita sagte nichts und kam näher. Mike ging einen Schritt zurück. »Bleib stehen! Du hast keine Chance. Die Polizei kommt gleich.« Hoffentlich nahm sie ihm das ab. Tatsächlich. Sie blieb stehen. Er hob die Waffe etwas an.
    »Hast du es getan?«
    »Ja, aber …«
    »Alle beide?«
    »Ich wollte Wilfried nicht erschießen. Er ist mit dem Geld abgehauen …«
    »Mit dem Geld von Nair?«
    Sie nickte.
    »Wofür hat er eine Million Dollar bezahlt?«
    Anita grinste. »Das musst du doch langsam begriffen haben, Mike. Für das Denkmal. Er war ganz scharf auf das Ding.«
    »Ihr habt ihm das Denkmal verkauft, und er hat es mit nach Amerika genommen? Wo habt ihr es denn gefunden?«
    Anita kam wieder näher.
    »Bleib stehen. Ich schieße. Ich warne dich.«
    Mike tastete sich mit dem Zeigefinger zum Abzug vor. Er fühlte sich schmierig an. Als sei die Waffe mit Öl überzogen. War sie überhaupt entsichert? Klar, musste sie sein. Ein Schuss war ja schon losgegangen.
    Anita machte einen weiteren Schritt. Mike schloss die Augen. Er zog den Abzug durch. Er löste in der Waffe etwas aus. Es machte leise Klick.
    Als er die Augen wieder öffnete, war Anita weg. Ein Schatten bog an der Einfahrt um die Ecke.
    Mike hetzte hinterher. Auf der Straße sah er Anita in Richtung der Häuser sprinten, die weit hinten begannen. Sie hatte schon einen gewaltigen Vorsprung; er würde sie nicht mehr einholen.
    Er lief zurück zum Haus und quetschte sich durch die offen stehende Tür in den Flur. Eine trübe Deckenlampe brannte. Mike sah die eigenartigen Kunstwerke, und mittendrin lag etwas, das auf den ersten Blick wie eine der grotesken Figuren wirkte. Es war Wenzes. Zuerst dachte Mike, er wäre tot, doch als sich der Mann plötzlich rührte, begriff Mike, dass er nur

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