Schafkopf
dann vor einr vollen Hütte zu stehen, odr? Undr Hüttenwart nimmt bei dr Anmeldung die Mobiltelefonnummrn auf. Als Rückvrsichrung, abr auch, um rückfragen zu können, wenn sich die Leute vrspäten. Nichrt selten, dass sichr einr vrläuft. Und hier ist's steil, odr, da findescht du deinen Weg nichrt, wenn es dunkel wichrd.«
Behütuns saß noch immer auf der steinernen Tischkante vor der Hütte, die Arme verschränkt, und sah der Sonne entgegen ins Tal. Tief duckte sich das niedrige Steingebäude hinter ihm an den Berg. Hier ein paar Tage bleiben, dachte er …
Dann riss er sich von dem Gedanken los.
»Lass uns beginnen. Du zeigst mir alles?«
Kommissar Lugio lachte ihn an.
»Hast rechrt. Wir sind zwar nichrt hinaufgestiegen, abr einmal oben, sollten wir uns duzen. Wr auf dem Berg war, duzt sichr, odr. Ichr bin Alberto.«
Er reichte ihm die Hand.
»Friedo.«
»Und darauf einen Roten.«
Alberto ging hinüber zum Brunnen und nahm eine Flasche heraus. Ging in die Hütte und kam mit zwei Gläsern zurück. Zog den lose aufgesteckten Korken und schenkte auf dem Steintisch ein.
»Willkchommen!«
»Zum Wohl!«
»Setz dichr erst einmal.«
Aus der Hütte kamen zwei Beamte in Uniform. Das passte nicht und erinnerte Behütuns sofort an einen Heimatfilm. Sie salutierten locker und stellten sich vor. Dann kam ein lockiger Mann aus dem oberen Haus. Schlank, fast drahtig, mit weichen Gesichtszügen. »Enrico«, stellte er sich vor. Die Stimme weich wie das Gesicht, kaum schweizerische Aussprache.
»Ich organisiere die Hütte. Vom Alpenverein Locarno. Ich habe den Toten gefunden. Bin vorgestern heraufgestiegen im Regen um nachzusehen, nachdem er einen ganzen Tag nicht ans Telefon ging.«
Sie gaben sich die Hand, Enrico setzte sich dazu.
Hier oben schien es nur nette Menschen zu geben. Oder lag das an der Luft?
Enrico erzählte von der Hütte. Behütuns hatte ihn gefragt, wie es käme, dass ein Deutscher hier oben Dienst tut.
»Der Hajo war schon das dritte Jahr hier. In jedem Jahr zwei Wochen. Er war einmal wandern hier, mit Freunden, und hat die Hütte kennengelernt. Und hat sich gleich beworben.«
Behütuns verstand überhaupt nichts.
»Wir machen die Hütte seit 30 Jahren«, klärte ihn Enrico auf. »Sie wird den Sommer über von Freiwilligen bewirtschaftet, die Lust darauf haben, so etwas einmal zu machen. Immer zwei Wochen, dann kommt die nächste Besetzung.«
»Leute, die in ihrem Urlaub arbeiten?«
»Sie empfinden das nicht so.«
»Aber hier ist doch viel zu tun …«
»Schon. Aber es macht auch Spaß, hier oben zu sein.«
Behütuns dachte nach. Ja, er konnte sich das vorstellen.
»Und wie ist das mit den Vorräten? Kommt dann immer der Hubschrauber?«
»Den Proviant bringt der Heli, zusammen mit dem Hüttenwart. Also Vorräte für zwei Wochen Proviant, damit muss man auskommen, egal, wie viele Gäste heroben sind. Da muss man schon manchmal improvisieren.«
»Kann es sein«, wandte er sich an Alberto, den Kommissar, »dass der Täter mit dem Hubschrauber …?«
Alberto Lugio schüttelte den Kopf.
»Nein. Das haben wir schon überprüft. Das Wettr war auchr viel zu schlechrt.«
Behütuns wandte sich wieder an Enrico.
»Und wie viele Gäste kommen so im Schnitt? Ich meine pro Tag?«
»Selten unter 20, es können auch einmal 30 sein oder mehr. Mein Rekord lag bei 46.«
»Die bleiben über Nacht?«
»Die bleiben über Nacht und gehen am nächsten Morgen weiter. Für die muss er abends kochen. Und wenn die Lager voll sind – wir haben 32 Plätze, hier im Haus und nebenan – dann wird auch in der Küche geschlafen. Manchmal geht es hier schon sehr eng zu.«
»Das heißt, der Wirt kocht hier am Abend 20 bis 30 Portionen.«
»Nicht 20 bis 30 Portionen – 20 bis 30 Menüs!«
Enrico lachte.
»Wissen Sie, diese Hütte ist etwas Besonderes: Hier gibt es immer drei Gänge. Minimum, meistens vier.«
Und nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Hajo hat meistens fünf, manchmal sechs gemacht.«
»Sechs Gänge auf einer Hütte?«
»Er hat das gern gemacht. Und gut! Warten Sie.«
Enrico ging hinein und kam mit einem Zettel wieder heraus.
»Hier, den Speiseplan habe ich drinnen gefunden. Stammt wohl von einem der letzten Abende, bevor das schlechte Wetter kam. Und dann …«
Er stockte.
Behütuns sah sich den Zettel an. Darauf stand:
»Today's fine food
Amuse-Gueule:
Kräuter-Knoblauchbutter, Salamiwürfel, Brot
*
Hors d'œuvre froid: Salat mit frischen Kräutern, Croûtons
*
Hors
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