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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
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sie sich alle einig. Hatte gerade jemand etwas gesagt?
    »Also: Wir müssen eine Liste der in Frage kommenden Autos erstellen. Das dürfte ja nicht allzu schwer sein. Dann überlegt mal, wie die drei Personen in Verbindung stehen könnten. Wir brauchen das Ergebnis, bevor es eine vierte Leiche gibt. Also fährt am besten einer mal zu dieser Agentur nach München und spricht dort mit den Leuten.«
    Damit verließ er den Raum, seine Mappe unter den Arm geklemmt.
    Auf dem Weg zur Presse sah Behütuns noch schnell gegenüber bei Frau Klaus hinein. »Besorg mir bitte ein Ticket nach Locarno, Schweiz, Tessin. Ich fahre so bald wie möglich. Oder fliege. Was schneller geht.«
    »Geld spielt keine Rolle«, konnte er sich gerade noch verkneifen. Trotzdem: Damit war auch schon der Ärger mit dem Chef vorprogrammiert. Reisekosten senken und minimal halten, hatte es zu Jahresanfang geheißen.
    Doch jetzt wollte er erst einmal bei der Presse Ärger machen, besser gesagt bei den Vertretern der BILD.
    Er hätte nicht geglaubt, dass sein Donnerwetter Früchte tragen würde. Doch am nächsten Tag titelte die BILD: »Leiche Nr. 3! Atommafia?« Und sie schrieb, dass sich die Fußball-Spur als falsch erwiesen habe. Brav so, freute sich Behütuns, als er am nächsten Tag per Telefon darüber informiert wurde. Savitas konnte man ruhig einmal diffamieren und auch falsch verdächtigen. Die sollten endlich einmal raus mit der Sprache. Am liebsten mit dem Rücken zur Wand.
    Das war seine Meinung.

Wieviel Neues auch immer mitzuteilen ist,
es muss ausdrücklich zu dem in Beziehung
gesetzt werden, was schon bekannt ist.
Judith Macheiner
15. Kapitel
    Am frühen Morgen kam Behütuns am Bahnhof von Locarno an. Nach einer Nacht im Zug. Elf Stunden und 53 Minuten Reisezeit, Umsteigen in München, Zürich, Bellinzona. Wer da noch Zug fährt, spinnt. Zurück würde er den Flieger nehmen.
    Alberto Lugio hatte ihn mit einem »Grüezi!« abgeholt. Ein gedrungener Mann mit fettem Schnauzbart und einem Lachen in den Augen. Der Schweizer tat schon am Morgen gut.
    Sie waren in das Krankenhaus gelaufen, hatten zuvor am See einen Kaffee getrunken. Nur alte Menschen waren unterwegs, fast ausschließlich Touristen, das war eindeutig zu sehen. Behütuns verkniff sich eine Bemerkung. Als ob man hier die Rentner busseweise hergekarrt und ausgesetzt hätte, am frühen Morgen schon. Und er wusste: Hier würde er nie Urlaub machen.
    Sie gingen in den Keller, in die Kühlkammer. Dort hatten sie den Mann halbwegs vorbereitet, trotzdem sah er noch schrecklich aus.
    »Die Adlr hatten sich schon übr ihn hergmacht«, erklärte ihm Kommissar Lugio. »Die gehen gerne auf die Augen, denn sie sind weichr. Und auch dr Fuchs. Undr hat zwei Tage im Regen gelegen. Das alles macht ihn ja nicht schöner, odr?« Das Schweizerisch des Kommissars belustigte Behütuns, die so ganz andere Betonung. Er rollte das »r«, verschluckte oft das letztsilbige »e« und sprach das »ch« wie »chrr«. Nicht »nicht«, sondern »nichrt«. Dabei wusste Behütuns, dass Lugio sich bemühte, hochdeutsch zu sprechen.
    Er übergab ihm die Kopien der Nürnberger Befunde, auch die Unterlagen über die mutmaßliche Mine. »Dann brauchen Sie hier nur noch zu überprüfen, ob es die gleiche war.«
    »Das macht die Sachre leichtr, odr?«
    Sie ließen sich zum Startplatz fahren, die Sonne kam schon über die Berge. Kaum sechs Minuten Flug mit Plexiglas unter den Füßen, und sie waren in einer anderen Welt.
    Die Hütte war nach dem Fund der Leiche gesperrt worden, alle Gäste, die sich angemeldet hatten, wurden informiert. Das ließ sich bei dieser Hütte machen, erklärte Lugio, denn sie sei ausschließlich zu Fuß erreichbar, von der einen Seite, von Someo herkommend, in einem Aufstieg von viereinhalb Stunden, von der anderen Seite, von Vergeletto aus, über den Grat der Doja in circa vier Stunden, oben am See vorbei. Er deutete hinauf zum Wald. Dort musste also irgendwo ein See sein. Behütuns fragte nicht weiter nach. Er war gefangen von dem Frieden. Der Hubschrauber war sofort wieder weitergeflogen, in beinahe senkrechtem Sturzflug die Schneise hinunter ins Tal. Jetzt war es absolut ruhig, waagerecht zog der Rauch aus dem Abzug in Richtung Tal und roch nach Holzfeuer, nur das Wasser im Brunnen plätscherte leise vor sich hin. Getränke standen im Brunnen, einem ausgehöhlten Baumstamm.
    »Den Gästen kann man absagen, denn fast alle rufen vorher an. Keinr geht vier Stunden Weg odr mehr hier hinauf, um

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