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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
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wieder draußen. Dick und P. A. grinsten, P. A. drehte affektiert die Handflächen seitlich nach oben, Dick nahm den Kopf zurück und strich sich durch das kurze Haar. Sie lachten.
    Jaczek sah sie vorwurfsvoll an. Für diese Art von Humor hatte er überhaupt kein Verständnis. Für welche Art überhaupt?
    Behütuns hielt das Fax in der Hand, wollte lesen.
    Dann klingelte das Telefon.
    »Behütuns bei der Arbeit.« Behütuns reagierte unwillig. »Frau Klaus? Ja, Sie stören!«, flötete er und wollte schon wieder auflegen. Dann schwieg er, hörte zu.
    »Stellen Sie ihn durch.«
    »Kommissar Behütuns, Kripo Nürnberg. Grüß Sie Gott!«
    Der Kommissar stellte auf laut.
    »Kommissär Alberto Lugio, Kriminalpolizëi Locarno aus dr Schwiz«, meldete sich die Stimme auf der anderen Seite in schweizerischem Singsang. »Nur eine kurze Frage hätte ich, odr?«
    »Ja?«
    »Sie hatten doch den Mord bei sich mit der Sprengung. Handgranate oder Mine, odr?«
    »Ja.«
    »Und mit dem Trikot, odr?«
    »Ja.«
    »Hättmr in dr Zeitig gläse.«
    »–«
    »Wir haben auch einen.«
    »– - –«
    »‘n Deutschr.«
    »–«
    »Dachten, ‘s intressieret Sie, odr?«
    Dick und P. A. hielten sich den Mund, Jaczek schaute vorwurfsvoll.
    »–«
    »Münchner.«
    »–«
    »Auch gesprengt.«
    »Wo haben Sie ihn gefunden?«
    »Auf einr Hütte im Tessin.«
    »Wann?«
    »Heute Morgen. Lag abr schon längr da.«
    »Wie lange schätzen Sie?«
    »Zwi odr dri Tag. Hat riet guet ausglueget.«
    »Wann können Sie das genau sagen?«
    »D' Untersuchungi laufet noch.«
    »Wie heißt der Mann, wissen Sie das?«
    »Schradr. Schradr Hajo.«
    »Ein Tourist? Ein Wanderer, Urlauber?«
    »Hüttewart.«
    »Ein was?«
    »Hüttewart, odr. Hat'd Alzasca g'macht. Eine Hütte im Tessin.«
    »Ein Deutscher macht dort Hüttenwirt?«
    »Zwei Wochen nur, dann wird gewechselt.«
    »Also Urlaub?«
    »‘s is kein Urlaub, ‘s is Arbit, odr.«
    »Versteh kein Wort. Was hatte er für einen Beruf?«
    »Werbr. Reklame und so.«
    »Und wissen Sie, wo?«
    »Communia, ‘ne Werbiagentur aus München.«
    Während Behütuns sich mit Alberto Lugio unterhielt und sich die Fakten geben ließ, googelte P. A. die Agentur im Netz.
    »Hab sie schon.«
    Dick sah mit auf den Bildschirm.
    »Ziemlich großer Laden, Communia. Französisches Unternehmen, weltweit unterwegs. Über 100 Agenturen. Fünf Mal in Deutschland, allein in München über 200 Mann, um die 50 in Nürnberg. Nie gehört.«
    P. A. klickte sich durch die Seiten.
    Behütuns hatte sein Gespräch beendet.
    »Hier: Hajo Schrader! Creative Director. Keine Ahnung, was das ist. Diese Fantasiebezeichnungen der Werbefuzzis. Ah, da steht's: Konzeption, Strategie und Text. Und hier, festhalten: Macht auch Werbung für Savitas!«
    Schweigen in der Runde.
    »Schon wieder Savitas! Nur macht's noch keinen Sinn.«
    Behütuns hatte als erster das überraschte Schweigen gebrochen. »Sie wollen, dass ich komme.«
    Fragende Blicke sahen ihn an.
    »D' Schwizr, odr.«
    Er lachte etwas gequält. »Macht ja auch Sinn, dass ich mir das anschaue. Wer weiß, wie die da ermitteln in den Bergen.«
    »Und ich habe noch etwas!«, fuhr Behütuns fort. »Ein Fax aus einem Hotel.«
    Er nahm das Fax, das Herrfrau Klaus vorher hereingereicht hatte, wieder auf. Sah es sich an und las dann vor.
    »Hotel Esplanade, Iquique, Tarapacá, Chile. Weiß jemand, wo das ist?«
    Jaczek räusperte sich. »Tarapacá, nördlichste Region von Chile, Hauptstadt Tarapacá; von Charles Darwin noch als elendes Nest beschrieben, wirkt heute fast wie Miami Beach, zumindest dort, wo die Leute das Geld haben. Genug?«
    Er wirkte gequält. Beinahe so, als ob es ihm lästig war, sein Wissen an ganz offensichtlich Unwissende weiterzugeben. Es herzugeben. Wissen, das für ihn das Banalste der Welt zu sein schien.
    Manchmal konnte man sich über das Wissen von Jaczek nur wundern. Je abseitiger etwas war, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Jaczek es wusste. Manchmal kam er ihnen wie ein wandelndes Lexikon vor. Allerdings auch genauso freud- und humorlos. Trockenes Wissen, abgespeichert in irgendwelchen Hirnecken, das Staubwolken aufwirbelte, wenn man es hervorzog.
    Behütuns sah auf die Uhr.
    »Abgeschickt um 7.22 Uhr Ortszeit.«
    Er sah noch einmal auf seine Uhr.
    »Wie viel Zeitunterschied haben wir nach Chile?«
    »Vier Stunden minus« gab Jaczek emotionslos von sich.
    Behütuns sah immer noch auf seine Uhr.
    »11.32 Uhr. Also ganze zehn Minuten alt.«
    Und dann las er das Fax

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