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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
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vor. Es kam von einem Pal Weber, einem Erlanger Ornithologen. Das war Behütuns sofort sympathisch.
    »Und? Weiß jemand, was das ist?«, fragte er in die Runde.
    »Ein Vogelkundler.«
    Langsam schien Jaczek wirklich gelangweilt. Als ob er es mit lauter Idioten zu tun hätte. Er hatte den Spaß nicht verstanden.
    Dieser Pal Weber also, fuhr Behütuns fort, sei derzeit in besagtem Hotel in Chile, wo er an einem weltweiten Ornithologenkongress teilnehme. Er komme erst in einer Woche wieder zurück, weil er im Anschluss an den Kongress noch nach Feuerland fliege. Heute früh habe er im Internet unter nordbayern.de seine Heimatzeitung angeklickt und von dem Mordfall am Kalchreuther Keller gelesen. Er wisse nicht, ob es wichtig sei und überhaupt mit der Sache zu tun habe, aber er wolle auf jeden Fall diese Information einmal deponieren.
    Und dann beschrieb er in erstaunlich klaren und sachlichen Worten, was er am Tag vor seiner Abreise im Wald erlebt hatte. Nach der etwas schwülstig-umständlichen Einleitung war das so kaum zu erwarten gewesen. Und er beschrieb auch genau die Stelle, mit Gemarkungsnummer und -namen, an der er seine Beobachtung gemacht hatte. Mit grober Skizze dabei.
    Behütuns hatte geendet.
    »Ziegenmelker? Jaczek?«
    Er rief ihn auf wie in der Schule.
    Jaczek zuckte mit den Schultern.
    »Sonst jemand, der sich einen Stern verdienen will?«
    Schweigen.
    »Vogel. Nachtschwalbe. Taubengroß. Perlen vor die Säue.« Behütuns zuckte hochnäsig mit dem Kopf. Dann wurde er wieder sachlich.
    »Es tut sich etwas, Leute, es scheint, wir haben eine erste Spur: Ein – wie heißen die Dinger? Schützenpanzer. SUV. Sport Utility Vehicle. Ob BMW, Renault, Mitsubishi, Audi oder sonst was wissen wir nicht. Wir wissen aber, dass er dunkel ist und kennen Fragmente des Kennzeichens. N, etwas mit P und zwei Zahlen, eine davon möglicherweise eine Neun. Los geht's, suchen!«
    Frau Klaus kam wieder zur Tür herein, ein Blatt Papier in der Hand.
    »Wird euch interessieren: Das Ergebnis der Bundeswehrfachleute. Hach, die haben so schöne Uniformen! Und riechen besser als ihr.« Die Dame war schon wieder draußen.
    Jaczek machte das Fenster auf.
    Behütuns sah auf das Blatt.
    »Diehl und Nobel sind raus. Wir haben die Analyse der Mine. Oder besser: erst mal die Bestätigung, dass es eine Mine war. Und dann auch noch, was für eine: eine sogenannte Entlastungsmine.«
    Behütuns machte eine kurze Pause und las weiter. Dann fasste er zusammen:
    »Entlastungsmine bedeutet, man legt auf das Ding was drauf. Einen Stein oder so. Und wenn das jemand wegräumt, geht die Mine los.«
    »Dann macht die Beschreibung von dem Vogelfritzen Sinn«, stellte Dick fest. »Der hat ja geschrieben, dass der Typ da was draufgelegt und das dann mit einer Schnur weggezogen hat.«
    Behütuns las noch einmal nach.
    »Entlastungsmine als Personenmine. Also keine Panzermine. Soll Personen verletzen oder verstümmeln. Der verwendete Typ war nur sehr schwer zu ermitteln, deshalb hat es auch so lange gedauert. Stammt aus Russland, wurde nur eine kurze Zeit Anfang der 1970er-Jahre gebaut, dann wieder eingestellt. Man hielt, makaber, makaber, die Sprengkraft für nicht ausreichend. Exemplare dieser Mine sind aber wieder im Kosovo aufgetaucht. Es sind also noch Exemplare im Umlauf. Diese Information stammt von den NATO-Spezialisten der KFOR-Truppen.«
    »Leute, wir kommen vorwärts.«
    Behütuns spürte, wie der Jagdtrieb in ihm erwachte. Ein leichtes Prickeln, eine innere Unruhe, durchaus nicht unangenehm, viel mehr belebend. Diesen Zustand kannte er. Immer dann, wenn er das Gefühl hatte, zielgerichtet suchen zu können, stellte er sich ein. Wieder sah er auf seine Uhr.
    »Sch … – schon fünf nach zwölf. Ich muss zur Presse. Denen werde ich jetzt erst mal den Marsch blasen, vor allem den BILD -Leuten. Unverantwortlich, was die für einen Müll schreiben.«
    Er wusste, dass eine Standpauke bei der Presse genau das Gegenteil dessen bewirken würde, was er beabsichtigte. Aber bei der Presse konnte man nur immer alles falsch machen. Die schrieben nach Auflage, nicht nach den Fakten. Was man ihnen erzählte, drehten sie einem im Mund herum, bliesen es auf und fantasierten. Er hatte es aufgegeben, sich mit diesen Schwachköpfen von BILD Mühe zu geben. Und jetzt freute er sich darauf, Dampf abzulassen!
    »Ihr wisst, was zu tun ist? Dann los! Oder will einer mit zur Presse?«
    Abwesend sahen die drei Peters zur Decke oder zum Fenster hinaus. Plötzlich waren

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