Schafkopf
sollte, was ihr auf der Zunge lag – und schickte es dann nach: »Eher etwas bessere.«
Wallner versuchte im Bauchbereich locker zu bleiben und sich nicht aufzuregen. »Das sollte mich außerordentlich freuen, wenn’s denn so wäre. Hat aber nichts mit dem zu tun, was ich Ihnen zu erklären versuche.«
»Nämlich?«
»Sie können hier filmen, was und wo Sie wollen, natürlich in Absprache mit der Spurensicherung. Alle darüber hinausgehenden Aktivitäten stimmen Sie bitte vorher mit mir ab.«
Vera Kampleitner zog die Augenbrauen hoch, schüttelte den Kopf und lachte fassungslos. »Okay, okay. Mike sagte mir, dass hier eine lockere Atmosphäre herrscht. Aber da hat er offenbar nicht Sie gemeint.«
»Nein, bestimmt nicht. Ich bin im Gegenteil ein großer Freund preußischer Korrektheit. Vor allem finde ich es hilfreich, wenn meine Mitarbeiter den vorgesehenen Dienstweg gehen.«
»Ah ja. So einer sind Sie. Darf ich Ihnen eine private Frage stellen?«
»Wenn’s sein muss.«
Vera Kampleitner kam mit ihrem Kopf näher und sagte Wallner leise ins Ohr: »Sie haben nicht zufällig Probleme mit der Größe eines Ihrer Körperteile?«
Wallner lächelte sie an. »Wenn dem so wäre, würde ich das mit meinem Urologen besprechen.«
Vera Kampleitner zwinkerte Wallner zu. »Dachte ich’s mir doch. Viel Spaß noch beim Ermitteln.« Damit ging sie federnden Schrittes in Richtung Wirtshaus. Wallner sah Mike an, lange und schweigend. Auch Mike sagte nichts. Schließlich räusperte sich Wallner.
»Ich nehme an, du hattest Gründe, die Frau herzubemühen.«
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3 . Kapitel
W allner und Mike begaben sich auf die vierzehn Leidensstationen, die zu dem blutbesudelten Kirchlein am Riederstein hinaufführten. Sie nutzten die Wanderung, um sich über den Fall auszutauschen.
»Mal abgesehen davon, dass er keine Daunenjacke anhat – sieht mir der Tote ähnlich oder wie?«, fragte Wallner.
»Der sieht niemand mehr ähnlich. Der Bursche ist nämlich kaum noch zu erkennen. Eigentlich gar nimmer. Der größte Teil vom Kopf ist weg.«
Schon an der zweiten Kreuzwegstation, als Jesus das Kreuz auf die Schultern nahm, wurde es Wallner heiß, und er musste seine Daunenjacke ausziehen.
»Distanzschuss, hab ich gehört?«
»Sieht so aus.«
»So eine Art Hinrichtung oder wie?«
»Ja. Sieht aus, als wär a Profi am Werk gewesen.«
»Und wir wissen nicht, wer das Opfer ist?«
»Jemand hat gemeint, der Kreuthner hätte am Telefon gesagt, es wär der Kummeder Stani. Aber die Verbindung war schlecht.«
»Warum hat ihn später keiner gefragt?«
»Er hat an Kreislaufzusammenbruch gehabt und ist jetzt im Krankenhaus.«
»Wegen der Leiche ohne Kopf?«
»Nein. Wegen dem Joggen.«
Joggen. Wallner war immer noch schwindelig. Soweit er sich erinnern konnte, waren Kreuthner und Joggen zwei Begriffe, die selten in einem Satz vorkamen.
»Der hat mit dem Sennleitner gewettet, dass er das Polizeileistungsabzeichen macht.«
»Hab ich auch schon gehört. Und da joggt der morgens den Riederstein hoch?« Wallner fröstelte bei dem Gedanken an Frühsport. Mike zuckte mit den Schultern.
»Was ist nach der Tat passiert?«
Mike berichtete, wie Kreuthner gegen sieben bei ihm angerufen hatte. Der Anruf kam vom Wirtshaus auf der Galaun, denn Kreuthner hatte beim Joggen kein Handy dabei. Was im Übrigen zur Folge hatte, dass seit der Tat schon einige Zeit vergangen war, denn Kreuthners Abstieg zum Wirtshaus ging nur mit Unterbrechungen vonstatten, weil Kreuthner immer wieder weiche Knie bekam und sich setzen musste. Mike war gerade auf dem Weg nach Hause, als der Anruf kam. Auf Nachfrage erklärte Mike, er habe die Nacht von Samstag auf Sonntag in unterschiedlichen Münchener Diskotheken verbracht, aber trotz intensiver Bemühungen keine Frau kennengelernt, die Sex mit ihm haben wollte. Als Mike zusammen mit anderen Kollegen auf der Galaun ankam, war Kreuthner von einem Notarzt fortgeschafft worden, den der Wirt verständigt hatte.
Lutz sei bei Mikes Ankunft schon oben an der Kapelle bei der Arbeit gewesen. Lutz ging früh zu Bett und war früh auf den Beinen. Mike vermutete allerdings, dass Lutz noch wach gewesen war, als man ihn anrief. Es gebe Gerüchte, er habe eine heimliche Freundin, mit der er die Nächte verbringe. Aber die Gerüchte gab es eigentlich, seit Lutz vor drei Jahren von seiner Frau geschieden wurde. Gesehen hatte diese Freundin noch niemand. Auch war Lutz einer, der sich schwertat, Frauen kennenzulernen. Vermutlich entsprang
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