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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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versuchte die Stimmung in sich aufzunehmen, Atmosphärisches zu erspüren. Aber er tat sich schwer, eine konkrete Ahnung zu bekommen, was hier oben in den Bergen vorgefallen war, obwohl er starke Schwingungen spürte. Vielleicht lag es daran, dass der Tatort zerrissen war. Ein Teil war hier oben, wo die Kugel das Opfer getötet hatte. Der andere Teil war irgendwo da unten, wo der Täter auf sein Opfer gewartet und abgedrückt hatte. Ein Mord brachte nach Wallners Überzeugung den ruhigen Fluss des Lebens in Unordnung wie ein Stein, der ins Wasser geworfen wird und Wellen erzeugt. Diese Wellen waren auch noch einige Zeit nach der Tat spürbar – für jemanden, der Sensoren dafür hatte. Auf diesem Berg spürte Wallner mehrere sich überlagernde Wellen. Was das zu bedeuten hatte, wusste Wallner nicht. Anscheinend war hier nicht nur ein Mord geschehen, sondern mehr aus den Fugen geraten.
    Wallner sog die feuchtkalte Luft ein. Sie roch nach Regen mit einem Hauch von Schnee. Bald würde der Winter auf den Bergen Einzug halten. Ein Windstoß trieb Wolkenfetzen unter ihnen vorbei. Sie verhüllten für kurze Zeit eine Lichtung, auf der Polizeibeamte nach Spuren des Mörders suchten. Tina trat jetzt zu den drei Männern. Sie sah zu den Beamten auf der Lichtung hinunter.
    »Die sind etwa an der Stelle, von der der Schuss kam.«
    »Könnt ihr das an den Blutspritzern auf der Kapellenwand sehen?«
    Tina nickte. »Aus der Form der Spritzer kannst du ungefähr den Schusswinkel berechnen. Ist natürlich nur eine grobe Schätzung. Aber das Gebiet lässt sich noch weiter eingrenzen, weil der Schütze ja freie Sicht und Schussbahn braucht. Die Waldstücke können wir deshalb ausschließen.«
    »Was, glaubst du, steckt dahinter?«
    Tina machte eine unschlüssige Gebärde. »Da hat einer einen ziemlichen Aufwand betrieben, um den Kummeder umzubringen. Vielleicht sogar einen Profikiller angeheuert. Was wird der kosten?«
    »Minimum zehntausend, wennst a bissl a Qualität haben willst«, sagte Mike. »Bei dene Discounter weißt ja nie, ob die’s überhaupt machen und wen die dann umlegen. Da spart man wirklich an der falschen Stelle.«
    Es wurde allmählich kalt hier oben auf dem Gipfel. Der Tag würde nicht halten, was der Morgen versprochen hatte. Wallner zog seine Daunenjacke wieder an.
    »Hat der Kreuthner noch irgendwas gesagt?« Wallner sah Lutz an.
    »Der hat mit dem Kummeder geredet, kurz bevor sie ihn erschossen haben. Der Kummeder hätt gemeint, es gäb da wen, der wüsste, was mit der Kathi Hoogmüller passiert ist.«
    »Ach Gott! Immer noch die alte Geschichte?«, seufzte Mike.
    »Ja, der hat net lockergelassen, der Kummeder.«
    »Hat er gesagt, wer was über die Hoogmüller gewusst hat?«
    Lutz musste nachdenken. »Irgendeinen Namen hat er gesagt. Falter oder so ähnlich. Ein Anwalt.«
    »Falcking?«, fragte Mike.
    »Ja, genau. Falcking. Kennt ihr den?«
    »Da war mal was vor zwei oder drei Jahren. Da hat ihm wer die EC -Karte geklaut. Nichts Spektakuläres. Aber irgendwas war komisch an der Sache.« Wallner sah Lutz nachdenklich an. »Falcking …«

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5 . Kapitel
    15 . Juni 2007 , 10  Uhr 52 : Der ziegelrote Kugelschreiber sackte zwischen Jonas Falckings Fingern auf das Papier herab, traf mit dem Taster genau die Stelle, an der Falcking vor drei Monaten unterschrieben hatte, und federte noch einige Male auf und ab, bevor der Stift zur Ruhe kam. Falcking schwitzte. Und das nicht nur, weil die Sommersonne in sein Büro brannte.
    »Er ist gerade nicht an seinem Platz«, sagte die Frau am Ende der Leitung. Ob sie Herrn Wirchow etwas ausrichten könne. Die Stimme war unangemessen fröhlich und ließ Zweifel aufkommen, ob die Frau mit allem Nachdruck tun würde, worum man sie bat. Falcking wünschte, schnellstens von Herrn Wirchow zurückgerufen zu werden, es sei sehr dringend. Das werde sie Herrn Wirchow ausrichten, sobald sie ihn erwische, zwitscherte die Frau.
    Er legte auf und betrachtete die Kopie der Rechnung, die er während des Telefonats nervös mit dem Kugelschreiberende betupft hatte. Frau Gruber hatte Falcking mitgeteilt, dass er um elf einen Termin beim Lukacz habe. Lukacz war der Vorstand Verkauf und damit Falckings direkter Vorgesetzter. Offiziell gab es keine Verlautbarung, worum es bei dem Termin gehen solle. Aber Frau Gruber hatte in Erfahrung gebracht, dass man sich im Büro des Verkaufsvorstandes über irgendeine Rechnung wundere – und offenbar nicht nur da. Falcking war klar, um welche Rechnung

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