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Schalom

Titel: Schalom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Verwunderung war es auch diesmal nicht der Fall, und das dumpfe Gefühl, vergessen worden zu sein, wuchs.
    Er sollte sie jetzt bloß nicht alleinlassen! »Hörst du mich, Menachemke? Ich weiß, dass du mich hörst. Lass mich hier nicht allein, nimm mich mit zu dir!«
    Lange blieb alles still um sie, das erstickende Gefühl in ihrem Hals nahm zu.
    Doch wie immer in den schwierigsten Momenten ließ Menachem sie nicht im Stich.
    »Verzweifle nicht, Nechamke, nur ein bisschen Geduld, es dauert nicht mehr lange. Alles wird wieder so, wie es früher war, nur noch besser. Aber jetzt musst du dich zusammennehmen, Nechamkale, sei stark. Ich werde dir helfen, wie ich dir immer geholfen habe.«
    Sie hätte ihm so gern noch Fragen zu der Frau gestellt, Jakis Frau, über die er kein Wort gesagt hatte. Während sie noch darüber nachdachte, was Menachem vielleicht gesagt hätte, hörte sie plötzlich jene Sprache. War das die Stimme von Jakis Frau? Sie hatte doch mit eigenen Ohren gehört, dass sie mit Jaki Hebräisch sprach, und außer Jaki verstand hier niemand diese Sprache.
    Sie konzentrierte sich auf diese Stimme und das, was sie sagte.
    »Ja, ich möchte gern mit Ruth Silber sprechen, ich bin ihre Mutter.«
    Danach sprach sie mit Ruth auf Hebräisch. Und plötzlich traf sie die Erkenntnis, dass Jaki und seine Frau zwei Kinder zu Hause zurückgelassen hatten. Gil war der Älteste. Die beiden anderen kannte sie nicht. Hatte sie eigentlich mal Fotos von ihnen gesehen? Ja, natürlich. Gil hatte ihr ein Familienfoto gezeigt, das er in seinem Portemonnaie hatte.
    Jakis Frau berichtete ihrer Tochter von ihrer Reise nach Eilat, und Nechama hörte ihr an, dass sie sich mehr dafür interessierte, wie die Kinder dort zurechtkamen, als dass sie von sich selbst erzählen wollte. Aber das Mädchen ließ wohl nicht locker und verlangte Antworten auf seine Fragen.
    Hatten sie die Kinder ganz allein gelassen? Wer kümmerte sich um sie? Wohnten die Eltern von Jakis Frau in der Nähe? Besuchten sie sie? Hatten die Kinder ein gutes Verhältnis zu ihren Großeltern? Sprachen sie mit ihnen in jener Sprache? Bestimmt gehörten sie zu jenen blonden Deutschen mit der blassen Haut und den blauen Augen, die sich einem ins Fleisch bohrten und das Blut zum Erstarren brachten. Jakis Frau war damals noch nicht auf der Welt gewesen, aber ihre Eltern hatten bestimmt dazugehört.
    Stumm und angespannt saß sie da, als die Stimmen der Männer draußen zu hören waren. Und als die Tür aufging, wusste sie, dass Avri und Jaki gekommen waren, trotzdem öffnete sie die Augen nicht. Es war ihr sehr angenehm, als jemand flüsterte: »Psst, psst, psst … Großmutter schläft«, und auch dann öffnete sie ihre Augen nicht. Genau genommen wusste sie nicht, ob sie schlief oder sich nur schlafend stellte. Doch das war nicht wichtig, sie genoss die Ruhe und die Tatsache, dass alle auf sie Rücksicht nahmen und sich gegenseitig ermahnten, still zu sein, nur damit sie nicht gestört wurde. Zu Hause kam immer Menachem während ihrer Mittagsruhe zu ihr, und der böse Professor kannte das Wort »Rücksichtsnahme« nicht und war imstande, zu jeder Tages- und Nachtzeit Möbel zu verrücken und sie dadurch aufzuwecken.
    Sie hatte keinen Hunger, aber das Geschirrklirren in der Essecke weckte ihren Appetit, und sie wollte schon die Augen öffnen, als eine Hand sie sanft am Knie berührte.
    »Großmutter«, sagte Na’ama, »wir essen gleich. Komm, alle warten auf dich.«
    Aber als sie die Augen öffnete, war sie überrascht, einen großen Soldaten vor sich stehen zu sehen.
    »Schalom, Großmutter«, sagte er und bückte sich, um sie zu küssen.
    Erst als er sich wieder aufrichtete, erkannte sie Guy.
    »Lieber Himmel, Guy!«, sagte sie. »Wie du aussiehst, wie ein richtiger Mann. Ich hätte dich auf der Straße nicht erkannt.«
    Na’ama führte sie zu ihrem Platz. Alle standen um den Tisch und warteten, bis sie saß, um sich dann auch hinzusetzen. Ihr gegenüber saß Jaki, auf ihrer einen Seite Avri und auf der anderen Guy, dessen Blick aus irgendeinem Grund erloschen wirkte. Sie hätte ihn gern gefragt, warum er so traurig aussah, wollte ihn aber nicht in Verlegenheit bringen und verschob die Frage auf später. Vielleicht war er ja auch nur müde, wie jener Soldat im Zug.
    Als Vicky alle bat zuzugreifen und sich selbst eine Scheibe Brot nahm, schwirrten die Bitten über den Tisch: Gib mir bitte das, kannst du mir jenes reichen, und so weiter. Sie konnte sich nicht erinnern, je

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