Schandweib
fingen an zu maulen. »Was, so schnell?« – »Die hätte aber mehr verdient.«
Unbeirrt von den murrenden Kommentaren, setzte Asthusen sein blutiges Handwerk fort. Mit voller Wucht schmetterte er das Rad auf ihren Bauch in der Höhe des Nabels. Das Hemd färbte sich tiefrot. Das Eisen hatte die Bauchdecke aufplatzen lassen.
»Ah« und »Oh« ertönte es aus der Menschenmenge, und die Meckereien verstummten.
Als Nächstes kamen die Oberschenkel dran. Das Rad sauste auf und nieder, und die Knochen splitterten im Rhythmus von Asthusens Stößen. Nachdem die vorgeschriebenen zehn Stöße ausgeführt waren, ließ der Henker von der zertrümmerten Leiche ab und wandte sich der nächsten Verurteilten zu. Zugleich sprangen zwei seiner Knechte herbei, schoben das erste der drei gegen das hintere Geländer gelehnten Räder neben die Gerichtete und begannen die Fesseln an ihren Gelenken zu lösen.
Wieder schwoll das Schreien und Grölen der Menge an. »Jetzt ist das Mannweib dran.« – »Ob sie die Stöße auch so gut einsteckt, wie sie sie ausgeteilt hat?«
Die Knechte zogen Jürgens’ zertrümmerten Leib auf das Rad und bogen ihre gebrochenen Glieder um die Speichen. Danach fixierten sie sie mit leichten Hanfseilen und schleppten das Rad zurück ans Geländer, damit die Menge es begaffen konnte.
Asthusen holte inzwischen zum ersten Stoß gegen Bunk aus. Ein tiefes und lang anhaltendes Stöhnen erfüllte die Luft, das sich mit dem zweiten Stoß auf den Oberarm noch verstärkte.
Wrangel musste sich abwenden. Er hatte kein Bedürfnis, dieser Frau beim Sterben zuzusehen. Erneut suchte er die Hebamme in der Menge zu finden. Sie war gerade im Begriff, den Platz zu verlassen, wohl zufrieden mit der Wirkung ihres Trunkes.
Plötzlich bemerkte Wrangel einen jungen Kerl in weinroter Samtjacke, der sich eilig durch die Menge schob und auf die Tribüne zueilte. Wrangel warf einen verstohlenen Blick zu Wilken hinüber. Der Prätor hatte nichts bemerkt. Aber nur wenige Augenblicke später stand der junge Mann diskret hinter Wilken und schob ihm ein Papier zu.
Ein schauerliches Stöhnen Bunks stieg in die Luft auf.
Wrangel fixierte gebannt Wilken. Was konnte so dringend sein, dass er in dieser Stunde gestört wurde? Plötzlich schien sämtliches Blut aus Wilkens Gesicht zu weichen, und er sah im selben Augenblick um zwanzig Jahre gealtert aus. Mechanisch knüllte er das Papier in seiner Hand zusammen und starrte mit leerem Blick auf das Schafott.
In diesem Moment ließ der Scharfrichter das schwere Rad auf Bunks Brustbein niederdonnern, das mit einem dumpfen Krachen nachgab. Kein anderer Laut war zu hören.
Bunk war tot.
Die Menschen johlten und schrien kurz darauf und verlangten nach mehr. Wie schon bei Jürgens machte Asthusen sich nun daran, die übrigen Gliedmaßen eins nach dem anderen zu brechen, und ließ es dabei nicht an effektvoller Härte missen.
Wrangel schaute erneut zu Wilken herüber. Der starrte immer noch kreidebleich vor sich hin. Der Bote war verschwunden. Ein warmes Gefühl der Genugtuung überkam Wrangel. Der Prätor musste eine ausgenommen schlechte Nachricht erhalten haben. Vielleicht war Abelsons Falle endlich zugeschnappt.
Wrangel konnte es kaum erwarten, den alten Bankier zu sprechen, erinnerte sich aber an sein Versprechen, nicht von sich aus mit ihm in Kontakt zu treten, sondern auf eine Nachricht Abelsons zu warten.
Inzwischen zerrten die Henkersknechte den verrenkten Körper Bunks auf das Rad und flochten ihn darauf fest. Der Scharfrichter hatte sich schon vor Jähner in Position gebracht und hob das Rad zum ersten Stoß.
Wrangel konnte nicht mehr. Er hatte für heute genug Pein und Tod verfolgt und sehnte sich nach wärmender Geborgenheit. Ein schönes Kaminfeuer und ein heißer Tee würden seine langsam erstarrenden Glieder wieder aufwärmen.
Die Menge vor dem Schafott tobte. Jähner war zum Tod durch das Rad von unten nach oben verurteilt worden, konnte also nicht auf die leichtere Form von oben nach unten hoffen, mit der die Frauen gerichtet worden waren. Der tödliche Stoß würde bei ihm erst der zehnte und letzte sein, den Asthusen auszuführen hatte. Mit jedem Stoß des Henkers wurden das Geschrei des Sterbenden irrer und winselnder und die Johlerei der Leute auf dem Platz lauter.
Wrangel schloss angewidert die Augen und versuchte seine Sinne und Gedanken umzulenken. Immer wieder warf er einen Blick zu Wilken herüber. Der schien sich seit Bunks Tod nicht mehr bewegt zu haben, so
Weitere Kostenlose Bücher