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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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Hanfseil spannte sich und knirschte. Asthusen legte die zweite Hand an das Rad und drehte es erneut. Das Hanfseil knirschte stärker, erste kleine Fäden rissen und wanden sich so aus der Spannung. Er drehte noch einmal. Die Schraube quietschte leicht, weitere Hanffäden rissen.
    »Zuerst renken sich normalerweise die Schultern aus, als Nächstes geben die Sehnen nach und reißen. Die Fuß- und Kniegelenke halten meistens noch ein bisschen durch, die Hüfte am längsten, häufig sogar länger als das Rückgrat, zumindest bei Frauen.«
    Noch einmal drehte er mit Schwung an dem Rad. Die weiter reißenden Hanffäden tanzten um das knirschende Seil.
    Wrangel hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten. Um die makabre Szenerie nicht ansehen zu müssen, hatte er sich in das Protokoll der vorhergegangenen Befragungen vertieft. Aber jetzt konnte er sich einfach nicht weiter darauf konzentrieren. Wiemochte es Bunk bei diesem Anblick gehen? Er konnte sie nur von der Seite sehen. Sie zuckte am ganzen Leib. Auf einmal griff sie sich an den Bauch, röchelte kurz, und schon brach aus ihrem Mund ein gewaltiger Schwall hervor und ergoss sich auf die bereits mit Blut besudelten Sägespäne.
    Wilken wartete, bis sie sich wieder etwas aufgerichtet hatte, bevor er mit seiner Befragung fortfuhr.
    »Seit wann wusste Ihre Verlobte Cäcilie Jürgens davon, dass Sie nicht Hinrich Bunk, sondern eine Frau ist?«
    »Ich bin Hinrich Bunk!«, schrie die Gefangene dem Prätor aufgewühlt entgegen und ballte aus verzweifelter Wut ihre Fäuste.
    Wilken schüttelte leicht enerviert den Kopf und wandte seinen Blick zu Wrangel. »Nun, Prokurator, möchtet Ihr Eurer Mandantin noch einmal gut zureden und ihr den Ernst der Lage klarmachen?«
    Wrangel räusperte sich. »Ilsabe Bunk, das Gericht will von dir erfahren, seit wann Cäcilie Jürgens wusste, dass du eine Frau bist. Sie selbst hat hier im peinlichen Verhör unter Schmerzen glaubhaft ausgesagt, dass sie es erst kurze Zeit vor der Hochzeit in Wandsbek erfahren habe. Trotzdem habe sie dich geheiratet und den Beischlaf ausgeübt «
    Mit einem kurzen Hammerschlag unterbrach der Prätor ungeduldig die Ausführungen des Prokurators. »Was hat die Inquisitin dazu zu sagen?«
    Bunk blickte an sich herab auf die feuchten Sägespäne unter ihren Fußsohlen. Ihre Knie zitterten, die verklebten Haare fielen ihr ins Gesicht. Sie schien mit sich um die Antwort zu ringen. »Es ist so gewesen, wie Cäcilie gesagt hat. Sie hat erst kurz vor der Hochzeit vollends um meinen Körper gewusst«, murmelte sie schließlich.
    Die Feder des Aktuars kratzte über das Papier, als er BunksAussage notierte. Derweil blätterte der Prätor in den Papieren vor sich. Wrangel atmete erleichtert aus.
    »Ebenso verneinte besagte Inquisitin, Bunk dabei geholfen zu haben, ein männliches Glied herzustellen.«
    »Dabei hat sie auch nicht geholfen. Der Jähner war es, der dabei half. Das sagte ich doch bereits. Aber benutzt hat sie es mit mir.«
    Wilken nickte erneut dem Aktuar zu, der ohne Unterbrechung weiterschrieb.
    »Des Weiteren hat die Inquisitin Cäcilie Jürgens glaubhaft ausgesagt, dass sie nicht allein den Erlös der Kleider Maria Riekens nach deren Tod behalten habe, sondern hiervon Bunk ihren Teil des Geldes abgab. Bestätigt Sie das, oder beharrt Sie auf Ihrer früheren Aussage, nichts von den Kleidern und deren Erlös gesehen zu haben?«
    Bunk nickte ermattet. »Ich bestätige Cäcilies Aussage.«
    »Damit sehe ich die Unstimmigkeiten der beiden verhörten Inquisiten behoben und beende die heutige Befragung.«
    Wilkens Hämmerchen klopfte auf den Tisch. Bunk wurde an den Schultern zurück auf den Schemel gezogen, und Jürgen schob ihr mit dem Stiefel ihre Kleider vor die Füße.
    »Zieh dich an!«
    Eilig griff Bunk nach ihren Kleidern und warf sie sich notdürftig über. Die Mitglieder des Gerichtes erhoben sich von ihren Plätzen und verließen die Kammer.
    Wrangel wartete, bis die anderen den Raum verlassen hatten. Dann ging er auf Bunk zu und sah sie mit prüfendem Blick an. »Weißt du, was du getan hast? Wenigstens hast du noch rechtzeitig geredet, um dir die Tortur zu ersparen. Aber ahnst du überhaupt, was nun geschehen kann? Warum nur?«
    Bunk stand mit verbissen zusammengekniffenen Lippen vorihm und starrte auf ihre nackten Füße. Der Henkersknecht, der sie am Arm hielt, schien unschlüssig, ob er sie schon fortzerren sollte oder auf ein Zeichen des Prokurators zu warten hatte. Wrangel kämpfte um seine

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