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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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anreichert mit Gänseblümchen, Calendula und Hypericum, dann wirkt er noch stärker.«
    Asthusen hielt inne und warf Bunk einen verwunderten Blick zu. »Was weißt du denn davon? Lass mich mein Handwerk tun und quatsch nicht dazwischen.«
    »Es wird die Blutergüsse schneller abschwellen lassen«, entgegnete Bunk trocken.
    Asthusen schnaubte wütend, trug den Brei weiter auf und verband dann mit wenigen geschickten Handgriffen die Seite erneut mit frischen Binden.
    Wrangel stöhnte. »Wirst du widerrufen?«, presste er leise zwischen den Lippen hervor.
    Bunk sah ihn einen Augenblick gedankenverloren an, dann nickte sie wortlos.
    »Gut. Ich bereite alles vor, dass du am Mittwoch vor den Prätor kannst.« Ein schwaches Lächeln flog über Wrangels zerschundenes Gesicht, und er schloss ermattet die Augen.

Mittwoch, 24. November 1701
43
    W ahrlich, der letzte Funken Vernunft scheint aus Eurem Leib geprügelt worden zu sein!« Mit donnernder Faust schlug Wilken auf den Eichentisch. »Wir haben hier einen klaren Fall übereinstimmender Beschuldigungen und Geständnisse. Aber Ihr, in Eurem Unwillen, den Nutzen des Gerichtes sowie der Stadt Hamburg zu sehen, auf einen Schlag nicht nur einen Mord zu klären, sondern auch noch ein moralisch höchst verwerfliches Gaunertrio von den Hamburger Märkten zu vertreiben, schießt quer, ganz nach Art und Vorbild Eures Lehrers Thomasius!«
    »Mit Verlaub, Prätor Wilken: Wie ich Euch bereits ausgiebig darlegte, sind sowohl die Beschuldigungen wie auch die Geständnisse nicht in Einklang zu bringen mit den Fakten und Beweisen, die ich aufgedeckt habe. Somit verlieren Beschuldigungen und Geständnisse ihre Grundlage und können dem Niedergericht nicht mehr ohne weiteres dienen. Nicht um meinen Unwillen geht es hier, sondern um den Anspruch der Justiz, eine Strafprozessordnung im Einklang mit der menschlichen Vernunft anzuwenden.«
    »Ich sage es doch, Ihr redet schon wie Euer zum modischen Gockel verkommener Professor. Erst verweigert er sich in seinen Vorlesungen dem Latein und liest stattdessen in gewöhnlichemDeutsch, damit ihm auch der letzte Kutscher folgen kann, dann tauscht er den Talar gegen modische Anzüge und Degen mit goldenem Gehänge, um selbst den jungen Frauen den Kopf zu verdrehen. Nicht umsonst schimpft man ihn einen Verführer und Verderber der Jugend. Und Ihr, Wrangel, seid eines seiner ersten Opfer! Wie konnte ich nur so gutgläubig sein und darauf vertrauen, dass Thomasius’ Gedankengut bei Euch nicht hätte Wurzeln schlagen können, wie konnte ich Euch mit einem Fall betrauen, der den Sumpf von Bigamie und Hexerei streift. Eure Familie, Euer so bedachter, sich auf das Wichtige im Leben verstehende Bruder muss es gewesen sein, der in mir die Hoffnung schürte, Ihr wäret ihm ähnlich.«
    Wilken hielt inne, legte seine Hände ruhig nebeneinander auf die Tischplatte und schloss eine Weile die Augen, bevor er erneut ansetzte.
    »Prokurator Wrangel, ich will versuchen, es Euch anders zu erklären, was mich quält. Zwölf Tage ist es erst her, dass Euer Lehrer Thomasius an der Universität Halle vor versammeltem gelehrtem Publikum einen jungen Magister namens Johann Reich zur Erlangung der juristischen Licentiatenwürde hat Thesen über das Verbrechen der Zauberei verteidigen lassen. Wie jeder juristisch profund geschulte Mensch kann ich zwar philosophisch betrachtet seinen Argumenten folgen, vermisse aber dabei den gesunden Menschenverstand bei der praktischen Umsetzung. Einfache Menschen haben einen einfachen Glauben und einen einfachen Verstand. Wir dürfen sie nicht überfordern mit öffentlichen Verlautbarungen bei Gericht. Ihr habt selbst erlebt, dass dieses Mannweib für das Volk auf der Straße eher eine Hexe als eine kleine Gaunerin mit liederlichsten Gelüsten ist. Am liebsten sähe man sie brennen. Glaubt mir, Wrangel, ich wünschte, sie wäre hier niemals aufgetaucht. Denn straften wirsie nur für das, was juristisch möglich ist, verprellen wir das abergläubische Volk und ziehen uns seinen Hass zu. Was der Hass des Volkes in Hamburg heißt, weiß man hier seit Jastram und Schnittger nur zu gut. Kein wohledler Bürger dieser Stadt möchte das nochmals erleben. Nun schenkt Gott diesem Mannweib die Eingebung eines Geständnisses, das den Weg zu einem für alle gütlichen Verfahren ebnet, indem er uns einen Prozess ermöglicht, der das Wort Zauberei außen vor lässt, wohl aber das einfache Volk zufriedenstellen wird. Die Geschichte des zu allerlei Medizin

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