Schandweib
zugezischt.«
Wrangel hatte keinen Grund, an ihr zu zweifeln. Sie wollte nichts von ihm, und er selbst wusste, dass ein Wilken in die Sache verstrickt war. Aber dass es der Prätor sein konnte, hätte er nicht gedacht. »Ich danke dir für diese Information, Bunk. Sie passt genau in mein Bild.«
»Wenn sie Euch weiterhilft, so soll es mir recht sein, habe ich doch sonst nicht viel, um Euch Eure Hilfe zu vergelten.«
»Da gibt es nicht viel zu vergelten. Das Niedergericht stellt jedem Gefangenen einen Pflichtverteidiger.«
»Aber nicht jeder bemüht sich so wie Ihr. Und das selbst dann, wenn man es gar nicht will.« Bunk erhob sich, zum Zeichen, dass sie zurück in ihre Zelle wollte.
»Kann ich noch etwas für dich tun?«
»Für eine weitere Decke wäre ich dankbar. Es ist kalt dort unten.«
Wrangel nickte ihr zu, erhob sich ebenfalls und rief den Knecht herein.
Auf dem Flur kam ihm Asthusen entgegen. »Na, will sie erneut widerrufen?«
»Keine Sorge, Meister Ismael. Sie wird bei ihrer Urgicht bleiben, solange Ihr sie gut versorgt. Eine zweite Decke braucht sie und zumindest einmal am Tag eine Schale mit Holzkohlen, damit sie sich etwas aufwärmen kann. Mit Speis und Trank versorgt Ihr sie wohl gut. Das behaltet ruhig weiter bei. Sicher hat sie dafür auch so manchen Silbertaler in Eure Taschen gespült.«
Asthusen stutzte bei diesen konkreten Anweisungen, war aber sichtlich erleichtert, dass es keinen Widerruf geben sollte. »Ihr müsst Euch eine härtere Schale zulegen, Prokurator, um mit den Widrigkeiten Eurer Arbeit besser umzugehen. Glaubt mir, Ihr seid ein guter Advocatus.«
Über den verbindlichen Ton Asthusens erstaunt, verabschiedete sich Wrangel mit einem kurzen Lächeln, und der Henker entließ ihn in den frostigen Abend.
64
V om Berg bis zur Kleinen Johannisstraße war es nicht sehr weit. Schon zehn Minuten später klopfte Wrangel an Abelsons Haustür. Wie immer öffnete Jurek die Tür und geleitete den Prokurator hinein. Wrangel konnte es kaum erwarten, Abelson die Neuigkeit, die er von Bunk erfahren hatte, zu erzählen. Aber der alte Bankier ließ den Prokurator warten.
Statt seiner betrat Ruth den Salon und begrüßte Wrangel freundlich. Sie trug ein dunkelblaues Kleid, das im Licht der Kerzen schimmerte und die zarte Blässe ihrer Haut betonte. Sie bot ihm einen Portwein an und lächelte ihn dabei unbefangen an.
»Ich habe gehört, dass Eure Mandantin hart abgeurteilt wurde und Ihr damit unzufrieden seid. Das tut mir sehr leid für Euch. Dabei bin ich sicher, dass Ihr alles getan habt, was in Eurer Macht stand, um der Frau zu helfen.«
»Ich habe sie nicht dazu gebracht, sich helfen zu lassen. Darum ist es so gekommen.«
»Aber Ihr habt es versucht.«
Wrangel zuckte mit den Schultern. »Wie geht es Euch? Ihr seht bezaubernd aus.«
Röte schoss in Ruths Wangen, sie schlug die Augen nieder. Bevor sie antworten konnte, öffnete sich die Tür, und Abelson trat ein.
»Prokurator Wrangel, schön, Euch hier erneut zu begrüßen. Verzeiht meine Verspätung. Wie ich sehe, hat sich meine Tochter bereits um Euch gekümmert. Ruth, mein Kind, sorge doch bitte dafür, dass unser Gast noch eine Kleinigkeit zu essen bekommt. Ich bin mir sicher, dass er seit heute Mittag nichts mehr zu sich genommen hat.«
Kaum hatte Ruth den Raum verlassen, als Wrangel auch schon mit seinen Neuigkeiten herausrückte. »Herr Abelson, ich habe interessante Dinge von Bunk erfahren. Nicht Michel Wilken, sondern
«
»
sein Bruder Hieronymus verschickte die Briefe.«
»Genau! Woher wisst Ihr das?«
»Auch ich habe in dieser Woche so manche Neuigkeiten erhalten, Prokurator. Und sie machen den Fall nicht leichter.«
»Was habt Ihr erfahren?«
Abelson schenkte sich ebenfalls ein Glas Portwein ein und setzte sich in einen schweren Holzstuhl vor den Kamin. »Nehmt Platz, junger Mann. Solche Dinge sollte man nicht im Stehen besprechen. Wie Ihr schon sagt, ist Hieronymus Wilken der Aussteller des Wechsels. Aber nicht ohne Bedacht hat er seinen Taufnamen auf dem Papier verschwiegen. Ich wage sogar zu bezweifeln, ob Euer Bruder wusste, mit welchem der beiden Brüder er da Geschäfte machte. Zumindest haben beide Wilken-Brüder Konten bei der Wisselbank in Amsterdam. Michel Wilken nutzt seines regelmäßig für Geschäfte mit der Ostindien-Kompanie. Allerdings sind die Beträge, über die er Wechsel ausstellt, nie besonders hoch. Einen vierstelligen Betrag überschreitet er nicht. Hieronymus hingegen stellt kaum Wechsel
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