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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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Stadt in größte Gefahr bringt?«
    »Was die Habgier angeht, da mögt Ihr richtigliegen.« Abelson hielt einen Moment inne. »Ich bin Jude, Prokurator, darum folgt mein Rechtsempfinden der alten Weisheit: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Mein Metier ist das Geld. Mit dem weiß ich besser umzugehen als so mancher Musketier mit seinen Waffen. Ihr aber seid ein junger Mann, ein Christ mit guten und ehrenwerten Grundsätzen. Ihr habt das Leben vor Euch und der Welt noch viel zu geben. Vergleiche ich uns beide, so schlage ich vor, dass Ihr es mir überlasst, einen Weg zu finden, Wilken sein Handwerk zu legen.«
    »Und wie wollt Ihr das anstellen, ohne Euch und Ruth in Gefahr zu bringen?«
    Abelson nippte schweigend an seinem Glas Portwein und betrachtete die gelblich züngelnden Flammen im Kamin. »Ich werde ihn mit meinen Waffen schlagen, die ja auch die seinen sind: mit Geld.«
    »Mit Geld? Dieser Mann ist reich und gesellschaftlich bestens gebettet, wie Ihr selbst gerade festgestellt habt.«
    »Aber er ist gierig, wie Ihr richtig bemerkt habt. Ich werde dafür sorgen, dass man ihm ein unwiderstehliches Angebot macht und er sich an seiner Gier verschluckt.«
    »Was für ein Angebot wollt Ihr ihm unterbreiten?«
    Abelson schüttelte den Kopf. »Ihr seid sehr neugierig, junger Mann, und lasst nicht locker, nicht wahr? Nun, man kann mit vielem handeln. Mit Waren, mit Geld, mit Versprechen auf Geld, mit Hoffnung auf Geld, mit Schulden und manchmal auch mit Dingen, die nicht existieren. Eine richtige Mischung hieraus kann die Gier so sehr entfachen, dass der Verstand vergessen wird. Wie Ihr bereits wisst, habe ich viele gute Kontakte in der Welt des Geldes und des Handels. So wird schon ein rechtes Angebot zustande kommen. Ich möchte Euch lieber nicht zu früh zu viel davon erzählen. Es könnte Euch in Gefahr bringen. Damit mein Plan gelingt, muss alles ruhig bleiben und Wilken sich in Sicherheit wiegen. Wenn er dann einen gewaltigen Brocken vor die Nase gehängt bekommt, braucht er nur noch zuzuschnappen. Und daran zu ersticken.«
    Wrangel betrachtete Abelson angespannt. Was hatte der Mann vor? Konnte er sich diese Sache wirklich von dem alten Bankier aus der Hand nehmen lassen?
    Abelson bemerkte Wrangels Zweifel. »Ein Mann wie Hieronymus Wilken wird nicht auf dem Richtplatz enden, Wrangel, so sehr Ihr Euch das auch wünschen mögt. Das heißt aber nicht, dass er seiner gerechten Strafe entgehen wird. Hört auf Euren Freund Claussen und habt mehr Gottvertrauen. Mit Gottes Hilfe wird Wilken seine gerechte Strafe erhalten. Ich bin bereit, meinen Teil dazu beizutragen. Aber auch Ihr sollt Euren beitragen. Ihr müsst mir ein paar Wochen Zeit geben, damit ich die Falle auslegen kann. So lange haltet Euch zurück, erwähnt mit keiner Silbe mehr irgendeine Unstimmigkeit in dieser Angelegenheitund hütet Euch vor Äußerungen über Wilken. Und …«, Abelson blickte Wrangel streng in die Augen, »kein Wort über diese Dinge zu Ruth. So scharfsinnig meine Tochter auch ist, dies ist keine Angelegenheit für Frauen.«
    Wrangel nickte schweigend.
    Nahezu im selben Moment öffnete sich die Tür und Ruth trat ein. »Ich hoffe, ich störe nicht. Aber das Abendessen für unseren Gast ist aufgetragen.«
    »Du störst uns nicht, meine Liebe. Wir sind soeben mit allem fertig geworden. Leiste unserem Gast doch Gesellschaft und entschuldigt mich für einen Augenblick. Ich habe noch etwas Wichtiges zu erledigen.«
65
    E s war schon später Abend, als Wrangel durch die dunklen Straßen heimwärts Richtung Rosenstraße ging. Zwei Nachtwächter mit Tranlampen kamen ihm entgegen und grüßten ihn kurz. Einige Katzen streunten durch die gefrorenen Furchen auf der Straße und suchten nach Abfällen. Ansonsten war alles still und ins kalte Licht des Wintermondes getaucht. Wrangel sog die eisige Nachtluft ein und versuchte Ordnung in seine Gefühle zu bringen.
    Nach dem Gespräch mit Abelson hatte er eine gute Stunde allein mit Ruth verbracht. Sie hatte ihn während des Essens mit ihren Gedanken zu Aristoteles’ Ethik unterhalten. Anschließend spielte sie ihm einige Stücke auf dem Cembalo vor. Bei der Erinnerung an ihre zarte Gestalt und ihre volle wohlklingende Stimme wurde ihm ganz warm. Noch nie hatte er mit einer Frau so tiefgründige Gespräche führen können. Noch nie hatte erüberhaupt eine Frau kennengelernt, die sich ernsthaft für andere Dinge als Klatsch und Mode interessierte.
    Ja, er war in Ruth verliebt. Anders ließen sich seine

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