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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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aus, und wenn, dann nur über geringe Summen. Höchstens dreistellige Beträge. Allerdings wurden in den vergangenen zwei Jahren mehrfach hohe Wechsel aus Spanien bei ihm gutgeschrieben. Auch verfügt er über ein beachtliches Silberdepot, das aus dem Vizekönigreich Neuspanien bestückt wurde.«
    »Woher habt Ihr diese Informationen?«
    Abelson lächelte. »Ich wäre nicht der, der ich bin, verriete ich meine Quellen. Im Geldgeschäft, Prokurator, geht nichts ohne verlässliche geheime Quellen.«
    Wrangel nickte zustimmend. »Habt Ihr auch etwas über das Konto herausfinden können, das begünstigt wurde, dieses ›FIV‹-Konto?«
    »Ja. Zuerst über seinen korrekten Namen. Es heißt F IV.«
    »F vier?«
    »Genau. Sagt Euch das etwas?«
    »Nein, oder … es ist ein Kürzel, nicht wahr?«
    »Ja. Es steht für Friedrich IV.«
    »Den dänischen König!«
    »Genau. Es handelt sich um ein geheimes Privatkonto von Friedrich IV. von Dänemark. Er scheint es dafür zu benutzen, um verborgene Finanzströme aufzubauen.«
    »Und Wilken hat ihm vierzigtausend Mark lübisch zukommen lassen? Dem gefährlichsten Feind Hamburgs? Ein Hamburger Senator versorgt den dänischen König mit Geld, derweil dessen Truppen Hamburg bedrohen und seine Kriegsschiffe den Zugang zum Hamburger Hafen kontrollieren. Die Stadt liegt im dänischen Würgegriff und Wilken füttert die dänischen Doggen, anstatt zu helfen, sie auszuhungern. Das ist Hochverrat!«
    Abelson schwieg.
    »Was sollen wir jetzt tun, Abelson?«
    »Wir trinken noch einen Schluck Portwein.«
    Wrangel konnte es kaum fassen. Für seine persönliche Bereicherung riskierte der Prätor das Wohl und die Sicherheit Hamburgs. Denn sicherlich zahlte auch der dänische König gute Zinsen für das Geld. Oder er bot dem Hamburger Senator andere Annehmlichkeiten. Vielleicht ein schönes Landgut in Dänemark und eine Erhebung in den dänischen Adelsstand gleich dazu. Hamburgs politische Linie war eindeutig auf strikte Neutralität ausgerichtet. Nur so konnte die Stadt auch unter schwierigstenaußenpolitischen Verhältnissen weiterhin erfolgreich wirtschaften. Erführe allerdings eine der Kriegsparteien von der direkten finanziellen Unterstützung Dänemarks durch einen hohen Senator der Stadt, gäbe es keinen Grund mehr, Hamburgs Neutralität zu respektieren, und schnell könnte es vorbei sein mit der Freien Stadt.
    »Wir können nicht tatenlos zusehen, Abelson, wie dieser Wilken Hamburg in tödliche Gefahr bringt. Unser aller Existenz hängt davon ab. Wir müssen den Rat informieren und Wilken ausschalten.«
    »Und was glaubt Ihr, junger Freund, was dann passieren wird? Glaubt Ihr wirklich, der Hamburger Rat wird auf einen zugereisten Lübecker Licentiaten der Rechtswissenschaft und auf einen alten jüdischen Bankier hören und sich gegen einen honorigen, alteingesessenen Hamburger aus dem Patriziat wenden, weil wir zwei Briefe vorzuweisen haben, die ein zum Tode verurteiltes gottlästerliches Mannweib unterschlagen hat? Nein, Wrangel. Vielmehr wird Eure Zeit als Prokurator schneller abgelaufen sein, als Ihr Euch vorstellen könnt. Und mein Leben sowie das meiner Familie – meiner Tochter –, wäre keinen Pfifferling mehr wert. Nein, Prokurator, wir müssen uns schon etwas Besseres einfallen lassen als den direkten Weg.«
    Wrangel blickte verschreckt auf Abelson. Natürlich, der alte Mann hatte recht. Wer würde ihnen schon glauben? Kaum einer. Und handeln würden noch weniger. Nicht einmal Matthias Claussen traute er zu, dass er diesen Weg mit beschreiten würde. Sein Freund hatte nicht umsonst Gottvertrauen und den gesunden Menschenverstand angemahnt. Aber es ging Wrangel zutiefst gegen sein Rechts- und Ehrgefühl, diesen Mann davonkommen zu lassen.
    »Abelson, Wilken begeht nicht nur Hochverrat, womöglichhat er sogar den Tod der kopflosen Frau zu verantworten. Wenn sie wirklich als Markierung zur Dechiffrierung seiner Briefe starb, wie wir wohl vermuten können, geschah dieser Mord vielleicht in seinem Auftrag. Und jetzt wird er Unschuldige richten lassen, um den Fall ad acta zu legen und das Volk zu befriedigen! Und war die Frau eine Markierung, so war es auch der Brand der Vincent-Bastion, der um ein Haar den Wall hätte gefährlich beschädigen können. Was sollen wir tun? Wir können doch nicht tatenlos zusehen, wie hier größte Verbrechen aus Habgier geschehen. Denn was für einen anderen Grund könnte ein so wohlhabender Senator haben, wenn er mit heimlichen Geldgeschäften seine

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