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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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ist der Leib nicht wert.
    Der wird verbrannt durchs Feuer heut,
    Die Asche in die Luft gestreut.
    Gott aber, dem ja keine Lust
    An des Gottlosen Tod bewusst,
    Ich kehre mich nun ganz zu dir,
    Lass Gnade widerfahren mir.«
    Die Falltür auf dem Schafott öffnete sich, und hinaus trat der Scharfrichter, dicht gefolgt von seinen Knechten, die drei Todgeweihten fest im Griff. Asthusen in seinem roten Umhang hatte schwere lederne Handschuhe über die Hände gestreift und hielt damit das schwere Rad, dessen Felgen mit blankem Eisen beschlagen waren. Sein Gesicht war bis auf Augen, Mund und Nase von einer Ledermaske bedeckt. Mit festem Schritt maß er das Schafott ab und lehnte das Rad gegen die seitliche Balustrade.
    Nach den Knechten kletterte Pastor Krüger aus der Falltür. Claussen aber hatte sich bereits hinter Wrangel auf die Tribüne gestellt und fasste ihn kurz freundschaftlich am Arm. Krüger schritt indessen vor an die Kante zu den Zuschauern, erhob die Arme zum Zeichen der Ruhe und neigte dann sein Haupt zum stillen Gebet. Nach wenigen Minuten richtete er sich auf, ließ seinen Blick erneut über die gewaltige Menschenmenge schweifen und begann mit seiner Predigt.
    »Ja, ihr, die ihr nicht an eurem Ende ein Scheusal der Natur, eine Verachtung des Volkes und ein Schandfleck eurer Freundschaft werden wollt, schaffet und machet, dass ihr unter den Händen eurer Freunde den Geist aufgeben könnt und nicht unter den Händen des Henkers solches tun müsst.«
    Hinter ihm zwangen die Knechte die Verurteilten in die Knie, legten sie anschließend flach auf den Rücken und schoben schwere Holzblöcke unter ihre Ober- und Unterarme, die Ober- und Unterschenkel sowie unter das Becken und den Nacken. Dann fesselten sie die Hände mit Lederriemen an extra ins Schafott eingelassenen Eisenringen.
    »Schaffet und machet, dass ihr fröhlich, sanft und stille auf eurem Bette oder Stroh aus dieser Welt fahren könnt und nicht auf einem solch schaurigen Richtplatz mit Furcht und Herzensleid euer Leben endigen müsset.«
    Während Cäcilie Jürgens strampelte und schrie, ließ sich Bunk von den Henkersknechten zurechtrücken, wie es ihnen beliebte. Das Laudanum schien zu wirken. Wrangel schmeckte bitteren Magensaft in seiner Mundhöhle. Beherzt schluckte er ihn hinunter.
    »Schaffet und machet, dass eure entseelten Leiber auf den Schultern ehrlicher Christen zu Grab getragen werden können und nicht von Henkers Hand verbrannt werden.«
    Jähner stöhnte laut auf, als ihm der Holzkeil unter das Becken geschoben wurde und sein Bauch sich leicht nach oben wölbte. Die Menschen schrien und pfiffen, sodass Pastor Krüger sie mitten in seiner Predigt noch einmal zur Ruhe bringen musste.
    »Schaffet und machet, dass eure erkalteten Gebeine ein Räumlein bei den geheiligten Gräbern frommer Christen dort auf dem Gottesacker bekommen können und nicht zur Schmach und Schande auf dem Rad geflochten verwesen müssen.«
    Mit weit ausladender Geste zeigte er auf die drei Räder, die hinter den auf dem Boden Gefesselten am Geländer standen. Auf sie würden später die in Stücke gebrochenen Leiber geflochten werden. Dann neigte Krüger erneut kurz sein Haupt zum stillen Gebet und schritt anschließend zügig zurück zur Falltür. Wenige Minuten später betrat er ebenfalls die Tribüne.
    Inzwischen prüfte Asthusen jeden der Stricke, den seine Knechte an die Verurteilten angelegt hatten, auf ihren sicheren Halt. Auf keinen Fall durften sie sich während der Exekution lösen. Dann schritt er zu seinem eisenbeschlagenen Rad und packte es mit festem Griff. Als Erstes kam die Reihe an Cäcilie Jürgens. Schlagartig wurde es totenstill auf dem Platz, nur Jähners Gewimmer war noch leise zu hören. Mit wohldosierter Wucht fuhr das schwere Rad hinab auf Cäcilies rechten Unterarm. Ein gellender Schrei erfüllte die Luft.
    Die Menge johlte auf. Viele klatschten. »Gut so, gib es der Hexe!«
    Unbeirrt setzte der Scharfrichter zum nächsten Stoß auf den Oberarm an. Cäcilies Schreie vermischten sich mit stoßhaftem Japsen nach Luft.
    »Los, sie soll stöhnen, als wenn der Teufel es ihr besorgt!«
    Wrangel war angewidert. Unruhig streifte sein Blick über die Menschenmassen. Wie die Tiere geilten sie sich an dem Leid und Schmerz der zu Richtenden auf. Am seitlichen Rand des Platzes fiel ihm eine große schlanke Gestalt auf, die graubraune Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Einige graue Haarsträhnen fielen darunter hervor. Als sie den Kopf leicht wandte,

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