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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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Fall, Brookvogt, der mir nicht in Vergessenheit geraten ist und auf dessen Sühne der Scharfrichter noch wartet.«
    Mit schaudernder Ehrfurcht wandten sich alle Blicke zu Asthusen, der mit ernstem Gesicht dem Prätor zunickte. Dann fixierte er mit unverwandt strengem Blick die Gefangene, die bei den Ausführungen des Brookvogtes erschrocken den Kopf gehoben hatte. Plötzlich schrie sie mit schriller Stimme los.
    »Ich habe niemanden umgebracht! Einen Mord könnt Ihr mir nicht anhängen! Warum hätte ich auch Maria, das arme Weib, töten sollen? Fliehen wollte sie mit meiner Hilfe vor ihrem miesen Ehemann! Geschlagen hat er sie bis aufs Blut! Grün und blau waren ihre Glieder!«
    Ein empörtes Grollen drang aus der Zeugenecke. Vater und Schwiegersohn hoben die Fäuste und schleuderten der Gefesselten wüste Verwünschungen entgegen.
    Mit mehreren kräftigen Schlägen seines Holzhammers sorgte der Prätor für Ruhe. Dann wandte er sich mit eisigem Blick Bunk zu. »Im Anschluss an diese Zeugenbefragung wird Sie Gelegenheit bekommen, uns Auskunft zu geben über Ihren Namen und Ihre Version der Ereignisse. Jetzt schweige Sie still.«
    Bunk zuckte zusammen und musterte dann mit scharfem Blick den Prätor, als wollte sie prüfen, ob sie ihn irgendwoher kannte. Wilken forderte derweil Maria Riekens Vater auf, das Äußere seiner Tochter zu beschreiben, und gab Dr. Meyer Anweisung, alles so genau wie möglich mitzuschreiben.
    »Maria ist ein zartes Geschöpf. Gerade mal bis zur Brust reicht sie mir«, begann der Bauer mit seiner Beschreibung und fasste, so als würde er jemandem über den Kopf streicheln, mit derrechten Hand auf seine Brust. »Langes dunkelbraunes Haar hat sie und braune Augen wie ein Reh. Kleine Hände hat sie, mit denen sie flink das Unkraut im Gemüsegarten jätete.«
    Riekens Mutter schluchzte erneut auf und drückte sich ein kleines weißes Tuch vor die Nase. Der grobschlächtige Bauer, Maria Riekens Mann, trat unbeholfen von einem Bein auf das andere, wobei seine Holzpantinen wie Hammer auf die Dielen des Vernehmungszimmers schlugen.
    Wrangel sah in Gedanken die kopflose Tote auf dem Schweinemarkt mit ihren ausladenden Brüsten und dem dunkelroten Schamhaar vor sich. Zart war ihm der Körper nicht vorgekommen. Aber wie sollte man beurteilen, was dieser Bauer als zart verstand, wo er doch selber ein Kreuz wie ein Bulle und Pranken wie ein Bär hatte.
    Prätor Wilken vergewisserte sich, dass der Aktuar alle Details erfasst hatte, und entließ dann die Zeugen mit dem Hinweis, dass das Niedergericht den Vorwürfen nachgehen und die Gefangene separat hierzu befragen werde.
    Während der Brookvogt die Zeugen aus dem kleinen Raum hinausschob, warf Bunk ihnen verächtliche Blicke zu und spuckte kräftig aus. Sogleich packte Jürgen, der Meisterknecht, sie fest am Arm und stieß sie runter. »Deine Stunde kommt noch, Hexe!«
    »Meister Ismael«, wandte sich der Prätor an den Scharfrichter, »bereitet alles für die peinliche Befragung vor, während ich mich kurz mit Prokurator Wrangel abstimme. Sagt auch dem Brookvogt, er soll eilen und zwei Schöffen herbeischaffen, die dem Procedere beiwohnen. Ich will nicht unnötig Zeit verlieren und die übrigen Geschäfte über Gebühr warten lassen.«
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    E s gibt da kein großes Wenn und Aber, Wrangel«, belehrte der Prätor seinen jungen Prokurator, während sie sich vor der Frohnerei die Füße vertraten und auf die Ankunft der Schöffen warteten. »Das Mannweib hat reichlich Dreck am Stecken, von den moralischen Abgründen ihres Lebens mal ganz zu schweigen. Wir werden gründlich zu prüfen haben, ob sie nicht tatsächlich mit diesem verfemten Mord zu tun hat. Zuzutrauen wäre es so einer Person ja durchaus. Aber darauf kann das Niedergericht nicht bauen. Je zügiger wir eine vernünftige Aussage, idealerweise ein Geständnis, von der Angeklagten haben, desto besser.«
    »Aber Ihr habt doch bereits vermerkt, dass sie für die Messerstecherei gar nicht vors Hamburger Niedergericht gehört. Wäre es da nicht gut, sie einfach zügig an die Gerichtsbarkeit im Lüneburgischen auszuliefern und sich so der Last zu entledigen?«
    »Mein lieber Wrangel, natürlich werden wir sie ausliefern, sollte die peinliche Befragung nichts Konkreteres zu der Toten erbringen. Aber denkt doch auch ein wenig politisch. Ein aufgeklärter Mord, gerade von solcher Grausamkeit wie jener damals, lässt das Ansehen aller am Niedergericht steigen. Auch Eures. Das wird Euch Türen öffnen für

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