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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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bedecken.«
    »Da nun kein Zweifel mehr darüber herrscht, dass Sie eineFrau ist, möge Sie sich wieder bekleiden. Aber erkläre Sie uns, in welcher Beziehung Sie zu Elisabeth Pausten gestanden hat.«
    Unfähig, sich zu rühren, stand Bunk da und starrte Wilken mit leerem Blick an. Jürgen warf ihr das zerfetzte Hemd über die Schultern. Endlich bückte sie sich langsam, schlüpfte in die Ärmel, zog die Hose hoch und band sie notdürftig mit der Leibbinde um ihre Hüften.
    »Nun rede Sie schon. Den Tag wollen wir hier nicht verbringen.«
    »Es war, wie sie berichtet hat. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.«
    »Nichts hinzuzufügen, Frau? Als Mann hat Sie sich trauen lassen! Als Mann hat Sie gelebt und Ihre Frau beschlafen! Aber das wollen wir heute nicht weiter hier unten besprechen. Sage Sie uns lieber«, Wilken blätterte mit halbgeschlossenen Augen in den vor ihm gestapelten Aufzeichnungen, »was Sie zu dem Verschwinden von Maria Rieken zu berichten hat.«
    »Damit hab ich nichts zu tun!« Bunks Augen flackerten nervös. »Ja, ich kenne Maria Rieken, und ich hab ihr auch geholfen, aus diesem elenden Kaff herauszukommen. Sie war ein armes geschundenes Weib. Geprügelt hat ihr Mann sie. Grün und blau war ihr Körper.«
    »Wie hat Sie denn bei einem braven Eheweib den Körper sehen können? Hat Sie sich ihr auch lüstern genähert wie der Elisabeth Pausten?«
    »Nein. Getröstet hab ich sie, als ich sie weinend im Stall des Dorfkrugs von Neuengamme fand. Als sie sich gar nicht wieder beruhigte, habe ich ihr meine Hilfe angeboten. Sie könnte mit mir nach Hamburg kommen und sich dort als Hausmädchen verdingen. Schlimmer als in Neuengamme hätte es für sie ja kaum werden können. Sie besann sich nicht lange und kam am nächsten Tag mit mir. Im Januar war es, als der große Frost das Land im Griff hatte. Wir hatten Glück, dass noch ein Fährmann übersetzte, denn die Eisschollen fingen schon an, sich am Ufer zu türmen.«
    »Was hat Sie dann mit der jungen Frau gemacht? Hat Sie sie mit zu sich nach Hamburg genommen? Hat die Rieken gewusst, dass sie mit einem Weib in Männerkleidern geht? Hat Sie sich der Rieken unsittlich genähert?«
    »Nein, ich hab Maria nicht angefasst. Ich habe ihr geholfen, von dort fortzukommen, wo sie viel zu viel und viel zu grob angefasst wurde. Geblutet hat sie zwischen den Beinen, weil ihr Mann, der geile Bock, sie nicht nur windelweich geprügelt, sondern auch gestoßen hat, als wollte er sie durchbohren.«
    Wilken verzog angewidert das Gesicht und gab Dr. Meyer einen kleinen Wink. Wrangel fixierte seine Mandantin, deren aufbrodelnde Wut sie beinahe ihre Scham über die eigene Situation vergessen ließ.
    »Ich habe Maria Rieken mit nach Hamburg genommen und sie bei einer Frau als Hilfe empfohlen. Mehr hatte ich mit ihr nicht zu schaffen.«
    Wilken sah gereizt auf seine Fingerspitzen. Trotz der Fackeln kroch die feuchte Kälte langsam in die Kleider. Es wurde Zeit, aus diesem Raum herauszukommen. Auch Wrangels Finger wurden langsam klamm.
    »Wie sind Name und Wohnort der Frau, zu der Sie Maria Rieken gebracht hat?«
    »Jähner heißt sie, Maria Jähner. Die Frau eines Arzneienkrämers ist sie und wohnt im Beckergang . Ich habe die Leute aber lange nicht mehr gesehen, weil mich die Arbeit immer wieder aus der Stadt zog.«
    »Welcher Arbeit geht Sie denn nach, die Sie so weit fort führt?«, fragte Wilken gelangweilt.
    »Dies und das, was sich so ergibt. Mal arbeite ich auf Lastkähnen, mal helfe ich bei der Ernte. Mal arbeite ich als Höker, und wenn es sich ergibt, übernehme ich Botengänge in die eine oder andere nahe gelegene Stadt.«
    Wilken blickte von seinen Papieren hoch. Seine Augen hatten einen regelrecht silbergrauen Ton angenommen und sprühten vor Konzentration. Er musterte die Gefangene eindringlich. Dann verzog sich sein Mund zu einer messerscharfen Linie, und mit zynischem Ton fuhr er die Frau an. »Mal ehelicht Sie in solcher Stadt dann auch ein unschuldiges Bauernweib, mal schlitzt Sie der armen Frau den Bauch auf, mal schneidet Sie einem anderen armen Mädchen den Kopf ab …«
    »Das will erst noch bewiesen werden, Prätor Wilken«, unterbrach Wrangel. »Noch wissen wir nicht, ob die Tote vom Schweinemarkt tatsächlich diese Maria Rieken ist. Auch gibt es noch keinen Anhaltspunkt, warum Ilsabe Bunk die Rieken hätte töten sollen.«
    Wilken warf Wrangel einen scharfen Blick zu, der plötzlich jegliche Nähe, wie der Prätor sie vorhin noch andeutete, Lügen strafte.

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