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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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besuchen uns auf dem Land. Wenn es sich einrichten lässt und die zu erwartenden neuen Umstände im Fall Bunk Euch nicht zu sehr in Anspruch nehmen«, fuhr Wilken in einladendem Ton fort und legte dabei seine Hand väterlich auf Wrangels Schulter, »so wäre es mir eine Freude, Euch morgen Nachmittag ebenfalls in meinem Landhaus begrüßen zu können. Wie ich hörte, hattet Ihr schon lange keine Gelegenheit mehr, Euren Bruder zu sehen. Doch Familienbande sollte man pflegen. Vielleicht wäre das eine passende Gelegenheit.«
    Wrangels Ermattung wich mit einem Mal einem dumpfen Unbehagen. Meisterlich war es ihm gelungen zu verdrängen, dass sein Bruder Albrecht mit Elisabeth gerade in Hamburg weilte. Zum Glück hatte er ihnen bisher auch nirgendwo begegnen müssen. Jetzt aber konnte er dieser Situation kaum noch ausweichen, ohne unhöflich zu sein. »Ich danke Euch für diese freundliche Einladung, Prätor Wilken. Allerdings habe ich sehr viel zu tun und sehe kaum eine Möglichkeit …«
    »Mein lieber Wrangel, manchmal muss man die Arbeit auch ruhen lassen. So erwarte ich Euch morgen in meinem Landhaus.« Der Prätor klopfte Wrangel noch einmal freundschaftlich auf die Schulter, dann wandte er sich in geschäftiger Strenge anden Brookvogt. »Und nun, Brookvogt, bringt die beschuldigten Personen herein.«
    Dr. Meyer packte gleichmütig seine Schreibutensilien wieder aus. Wieso verzog der Mann bloß nie eine Miene? Wrangel war es heiß und kalt zugleich. Seine einzige Chance, diesem schauerlichen Zusammentreffen am nächsten Tag zu entgehen, war das Verhör von diesem Jähner und der Jürgens. Wenn es genügend hergab, würde Wilken vielleicht auf seine Anwesenheit auf seinem Landsitz verzichten.
    Der großgewachsene, leicht dickliche Mann mit blondem Haar, der Wrangel bereits am Samstag in der Frohnerei in Begleitung der hübschen Brünetten aufgefallen war, betrat den Saal. Er war stattlich gekleidet und trug eine Samtmütze auf dem Kopf, die ihn als einen mit den Heilkünsten bewanderten Mann auswies. Ein Gerichtsdiener wies ihm seinen Platz zu und meldete dem Gerichtsschreiber seinen Namen.
    Wilken musterte den Mann distanziert von oben bis unten, bevor er das Wort ergriff. »Johann Friedrich Jähner ist also Sein Name. Arzneienkrämer im Beckergang ist Er?«
    »Ja, Herr Prätor, das bin ich. Womit kann ich denn dem ehrwürdigen Gericht dienen? Man sagte mir, es liege etwas gegen mich vor, aber das kann doch nur eine Verwechslung sein, vielleicht …«
    »Halte Er ein und höre zuerst, was das Gericht von Ihm zu erfahren wünscht.«
    Jähner zuckte zusammen und erschien augenblicklich einen halben Kopf kleiner, als Wilkens scharfer Ton ihn unterbrach.
    »Kennt Er einen Hinrich Bunk, und hat Er diesen im letzten Jahr bei sich in der Krämerei als Kräutermann beschäftigt?«
    »Ach, hat der etwas angestellt, wofür ich jetzt hier stehen muss?«
    »Also kennt Er Bunk und hat ihn auch als Kräutermann beschäftigt?«
    »Ja, aber für seine Geschäfte nebenbei, da kann ich nichts für. Für mich hat er nur Kräuter und Wurzeln gesammelt. Was er sonst noch auf dem Kerbholz hat, damit hab ich nichts zu tun.«
    Wilken musterte Jähner erneut mit stechendem Blick. »Kennt Er auch eine Cäcilie Jürgens, und hat Er sie ebenfalls im letzten Jahr als Kräuterfrau beschäftigt?«
    Jähner blickte unsicher von Wilken zum Aktuar und zum Brookvogt, der sich neben der Ausgangstür postiert hatte. »Ja«, antwortete er schließlich zögerlich.
    »Dann hat Er auch gewusst, dass Bunk und die Jürgens wie Mann und Frau zusammengelebt haben?«
    »Sie waren ja verlobt und haben dann auch bald auf mein Drängen hin geheiratet. Da war nichts Unehrenhaftes dabei.«
    »Hat er die beiden außer pflanzlichen auch tierische Arzneien besorgen lassen oder gar menschliche?«
    »Einen Stierhoden brachten sie mir schon mal mit, aber Menschliches nicht, nein.« Jähners Stimme zitterte.
    »So hat Er sie nicht nach Diebsdaumen geschickt?«
    »Nein, Herr!« Jähners Stimme überschlug sich fast. Schweißtropfen standen auf seiner Stirn. »Ich bin ein ordentlicher Arzneienkrämer, angesehen in meinem Geschäft und ehrbar verheiratet.«
    »Er setze sich auf die Bank da drüben und schweige einstweilen still, solange Cäcilie Jürgens vernommen wird.«
    Jähner blickte aufgeregt und verunsichert von Wilken zu Wrangel und weiter zum Gerichtsdiener, der ihm einen Platz auf einer an der hinteren Wand stehenden Bank zuwies. Wrangel musterte fragend Wilken,

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