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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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Nacht zu ihm kam?
    Nun, das, was alle tun und was man wohl auch kennenlernen musste, wollte man in diesem Fall Bunk und die Frauen auch nur annähernd verstehen. Beherzt schnitt er ein Stück Sauerfleisch ab und steckte es sich in den Mund.

Samstag, 20. November 1701
38
    D er Morgen graute bereits, als Wrangel aufwachte. Noch schlaftrunken und wohlig reckte er seine Glieder und streckte die Arme zu den Seiten. Das Mädchen war weg. Sofort waren die Bilder der vergangenen Nacht wieder in seinem Kopf. Leise wie ein Kätzchen war Greta in seine Kammer geschlichen und hatte den Riegel vorgelegt. Das Quietschen des Eisens hatte ihn geweckt. Reglos war er liegen geblieben und hatte in die Dunkelheit gestarrt. Sie war leise, ohne ein einziges Wort, zu ihm unter die Decke gekrochen und hatte ihren warmen duftenden Körper an ihn gepresst. Noch jetzt meinte er Gretas Hände auf seinem Körper, ihre Lippen an seinem Hals zu spüren. Wrangel wurde bei der Erinnerung erneut schwindelig, und das Blut schoss ihm wieder in die Lenden. Stunden war sie bei ihm geblieben, bis sie beide vor Erschöpfung eingeschlafen waren.
    Schnell stand er auf, goss etwas kaltes Wasser in die Waschschale und schüttete es sich ins Gesicht. Dann kleidete er sich an und kletterte über eine steile Stiege hinunter in die Gaststube. Greta war nirgendwo zu sehen. Der Wirt persönlich brachte ihm einen Schale Hafergrütze und einen Krug Wasser. Wrangel ließ sich von ihm den Weg zur Untergasse erklären und machte sich, kaum dass er seine Schale geleert hatte, auf den Weg.
    Der Himmel war genauso verhangen wie am Tag zuvor. Es roch nach moderndem Laub und kalter, verbrannter Holzkohle. Wrangel zog den Hut etwas tiefer ins Gesicht und ging mit langen Schritten die Straßen entlang. Obwohl die Nacht sehr kurz gewesen war, fühlte er sich wunderbar erfrischt und voller Kraft. Er würde sich jetzt die Hebamme vornehmen und dann den Nachmittag im Badehaus verbringen, anschließend gut zu Abend essen und dann noch eine weitere wunderbare Nacht mit der kleinen Greta verbringen. Sonntagmittag erst würde Jurek ihn abholen. Bis dahin war noch viel Zeit.
    Es dauerte keine zwanzig Minuten, bis er vor dem kleinen, mit Reet gedeckten Haus in der Untergasse stand. Es war von einem verwitterten Staketenzaun umgeben, hinter dem gepflegte Rabatten auf einen Kräutergarten schließen ließen. Zu dieser Jahreszeit stand freilich kaum noch ein Kraut im Grün. Die Pforte war mit einem Riegel verschlossen. Wrangel schob ihn umständlich zurück und ging über nasse Schieferplatten auf die Haustür zu. Neben der Tür hing eine kleine Glocke. Er läutete, und schon wenig später hörte er jemanden zur Tür schlurfen.
    Eine großgewachsene Frau mit strahlend blauen Augen öffnete ihm. Ihr Gesicht war ebenmäßig geschnitten und wirkte alterslos. Lediglich die grauen Haare, die sich unter der weißen Haube zeigten, ließen erahnen, dass die Frau bereits jenseits der vierzig sein mochte. Sie schaute Wrangel mit fragendem Blick an.
    »Guten Tag, gute Frau, seid Ihr die Hebamme Erika Bruhn?«
    »Die bin ich. Aber wer seid Ihr und was kann ich für Euch tun?«, fragte sie mit tiefer, ruhiger Stimme zurück.
    »Mein Name ist Hinrich Wrangel, ich bin Prokurator am Hamburger Niedergericht und komme zu Euch in der Hoffnung, dass Ihr mir bei einem Gerichtsfall helfen könnt. Es geht um Hinrich Bunk und Cäcilie Jürgens.«
    Ein leiser Schatten huschte über das Gesicht der Frau, aber sie verzog mit keiner Miene das Gesicht. »Ist einer von den beiden mit dem Gesetz in Konflikt geraten?«
    »Beide sind derzeit als Verdächtige in einem Mordfall eingesperrt. Ich vertrete Bunk vor dem Niedergericht als Advocatus und hoffe sehr, dass Ihr mir helfen könnt, etwas Licht in diese dunkle Geschichte zu bringen.«
    »So kommt herein, trinkt einen Tee mit mir und erzählt in Ruhe, was passiert ist und wie ich Euch helfen kann.«
    Damit ging die große Frau einen Schritt zur Seite und ließ Wrangel hinein in eine geräumige Küche. Der Boden war mit Holzbohlen ausgelegt, ein großer Ofen mit einem Kochgestell nahm gut ein Drittel des Raumes ein. An seinen Seiten hingen mehrere kupferne Töpfe und Siedepfannen. Daneben waren ordentlich Holzscheite gestapelt. Entlang der Wände standen zwei große Vitrinen, gefüllt mit vielen verschiedenen Keramiktöpfen. Unter der Decke des niedrigen Raumes trockneten Kräuterbündel und Pilze. Sie verbreiteten einen süßlich herben Duft im Raum.
    Die Hebamme

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